GG 81

Iouliou Polydeukous Onomastikon en bibliois deka.

Iulii Pollucis Onomasticon, hoc est, instructissimum rerum ac synonymorum dictionarium, decem libris constans, summo studio & cura emendatum, inque studiosorum gratiam tribus nunc demum locupletissimis Indicibus auctum. Cum Praefatione Simonis Grynaei ad Ludimagistros. Basel: Balthasar Lasius und Thomas Platter (für Robert Winter) März 1536. 4°.

1502 war in Venedig, natürlich bei Aldus Manutius, der erste griechische Druck - und Druck überhaupt - des nach Stamm- und Bedeutungsverwandtschaften und Synonymen angelegten Lexikons des Philologen und Rhetors Julius Polydeukes - Pollux - aus Naukratis in Ägypten aus dem 2. Jahrhundert nach Christus erschienen, in Folioformat wie auch der zweite griechische Druck, der 1520 in Florenz bei Bernardo Giunta herausgekommen ist. Der hier vorliegende dritte Druck ist, wie auch fünf Jahre später die lateinische Übersetzung (GG 82) und wie 1538 das ähnliche Lexikon des Phavorinus (GG 86) mit voller Absicht in der kleinstmöglichen Type gesetzt, die beiden Polluxdrucke denn auch im nicht nur wohlfeileren, sondern auch handlicheren Quartformat gedruckt.

Simon Grynaeus, der sich als Professor an der Basler Universität nicht zu Unrecht auch für die unteren Stufen des Sprachunterrichts mitverantwortlich verstand, hat die Ausgabe in einer pädagogisch-methodisch ungewöhnlich reichhaltigen und konzentrierten Vorrede der Lehrerschaft - ludimagistris - gewidmet: Da es zwei Ziele der Ausbildung des jugendlichen Geistes in den Sprachen gebe, nämlich dass die Sachen möglichst leicht erfasst und möglichst schnell gefunden werden könnten, scheine ihm der kürzeste Weg hierzu, wenn man vor allem jede Sache unter ihrem eindeutigen Namen eindeutig bezeichnet den Knaben darbiete. Die Griechen hätten eine solche nach Verwandtschaften eingeteilte Aufreihung von Sachbegriffen Onomasticon genannt. Es führe unglaublich schnell zu grössten Fortschritten in den Studien, wenn es von Anfang an richtig gebraucht werde. Denn da die Wörter für die Menschen jeden Benennungsentscheid des Geistes über die Sachen bzw. die unter ihnen geltenden Symbole darstellten, sei immer fremd, wer diese nicht beherrsche, wer sie beherrsche dagegen in jeder Rede gleichsam zu Hause. Denn wie wer die bestimmte Gestalt und Bedeutung der einzelnen Buchstaben nicht als Kind kennengelernt habe, es nicht zum Lesen bringen könne, sondern stottere und das meide, woraus er kein Lob, sondern nur Schmach ernte, so könne, wer nicht die Benennung jeder Sache beherrsche, sich nicht nur im Gespräch nicht erklären, sondern beginne, da Unklares nur widerwillig gelernt und auch nicht behalten werde, durch die Unklarheit dessen, was er nicht genau gelernt habe, wie durch ein schlechtes Gewissen geplagt, mit den Sprachen auch die Sachen selber zu hassen. Während diejenigen, die sich auskennten und der Benennung der Sachen gewiss seien, sich überall sicher bewegten und immer freudig an Gesprächen über ihnen Wohlbekanntes teilnähmen. Daher werde ein Lehrer nicht scheuen, am Anfang die Sachen wenn möglich selber, sonst in einer Zeichnung oder plastisch nachgebildet oder sonstwie durch Worte oder Gesten wiedergegeben mit genauer Benennung den Kindern möglichst gewissenhaft vor Augen zu führen und verständlich zu machen und sogar Stauden, Kräuter, Früchte, Samen, Wurzeln, Werkzeuge mitzubringen. Eins von beiden genüge nicht: die Sachen zu zeigen und die Benennungen zu vermischen, oder die Benennungen zu lehren und die Sachen beiseite zu lassen; zu einem korrekten und raschen Unterricht sei beides nötig. Denn wie, wer jemandem von der Wirkkraft des Klees erzähle, ihm aber nicht zeige, was für ein Kraut der Klee sei, oder ihm ein falsches Kraut zeige, nichts beibringe, soviel er auch unterrichte, bzw. sogar in die Irre führe, so bringe der Lehrer, der für unbestimmte Sachen bestimmte Benennungen oder für bestimmte Sachen unbestimmte Benennungen vorlege, auf beide Weise den Knaben zum Faseln und gewöhne ihn daran, über die Sachen mit falschen Benennungen zu stammeln bzw. schlimmer, mit Benennungen die Sachen falsch zu bezeichnen. Jenes sei lächerlich, dies sogar gefährlich. In der Tat, wie könne der Geist den Fortgang des Redens aus dem Stegreif bewerkstelligen, wenn nicht die Erinnerung, die Benennungen bereithaltend, auf das Aussehen und den Ort jeder Sache achte und sie der Sprache im Nu zum Ausruf zu Verfügung stelle? Daher könnten Benennungen nicht besser erinnert oder schneller eingeprägt werden als wenn sie, den vorgezeigten Gestalten der betreffenden Sachen eingeschrieben, in das noch ganz zarte Gedächtnis niedergelegt würden. Während aber die Benennungen der natürlichen Sachen bei den betreffenden gelehrten Autoren (doctores) überliefert seien und dort auch am besten gesucht würden, finde man keinen, wie auch nicht ein einzelner sie geschaffen habe, der die Benennungen aus dem Alltag der Menschen (eorum quae in ipsis hominum negocijs sunt) sammle. Diese Aufgabe habe Pollux so geschickt erfüllt, dass man kaum etwas vermissen könne. Wenn aber grossartige Häuser nach der Reichhaltigkeit ihrer Einrichtung beurteilt werden könnten, so sei es ihnen herrlicherweise nebenbei gestattet, sich eine Vorstellung vom Leben, den Sitten und der Grossartigkeit Griechenlands zu machen. Und sogar die Geschichte dürfte kaum eine bessere Vorstellung der Pracht der Griechen ermöglichen, als sie hier durch die Aufreihung aller zum Theater gehörigen Dinge geboten werde. Wenn sie, die Schulmeister, dieses eiserne Gerät in beide Hände nähmen und den Schatz aller Arten von Wörtern mit Erfolg in die Schar der Kinder trügen, werde bald aus der selben Offizin und im gleichen Druck das griechische Lexikon des Phavorinus, das an Umfang und Genauigkeit bei weitem grösste und beste, so zweckmässig der studierenden Jugend vorgelegt werden, dass den Jüngsten der grösste Reichtum der ganzen griechischen Sprache so günstig wie möglich vorgelegt werde. Dafür werde er sich mit aller Kraft einsetzen (das Lexikon des Phavorinus ist denn auch zwei Jahre später bei Robert Winter - für den auch, nach der Druckermarke zu urteilen, seine beiden Kompagnons Lasius und Platter diesen Pollux gedruckt haben, in der selben winzigen Type, aber auch so noch als dicker Foliant, erschienen, herausgegeben allerdings nicht von Grynaeus, sondern von seinem Freund Joachim Camerarius (GG 86) ).

Das Basler Exemplar B c III 153 Nr. 1 (zusammengebunden mit der Pollux-Übersetzung von 1541 (GG 82) ) stammt aus Besitz des Martin Borrhaus (mit ungewöhnlich wenig Notizen). Das Exemplar der Basler Botanischen Gesellschaft enthält keine älteren Besitzereinträge: Bot. 4847 Nr. 1.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc III 153:1 | Bot 4847:1

Illustrationen

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2alphar: Vorrede des Simon Grynaeus an die Lehrerschaft, 1. Seite.

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2alphav/3alphar: Vorrede des Simon Grynaeus, 2. und 3. Seite.

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3alphav: Vorrede des Simon Grynaeus, 4. Seite.

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1ar: Beginn des Lexikons des Iulius Pollux mit dem Inhaltsverzeichnis des 1. Buches.

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1av/2ar: Inhaltsverzeichnis des 1. Buches und gegenüber das 1. Kapitel mit den Begriffen zum Thema Götter.

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3aAv: Kolophon

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4aAv: Druckermarke