GG 110

Philonis Iudaei , scriptoris eloquissimi, ac Philosophi summi. lucubrationes quotquot haberi potuerunt, Latine factae per Sigismundum Gelenium. His accessit propter argumennti similitudinem, Athenagoras De mortuorum resurrectione, Petro Nannio interprete: & Aeneas Gazaeus De immortalitate animarum, & corporum resurrectione, Ioanne Vuolphio interprete: uterque integritati restitutus... Basel: Nicolaus Episcopius junior 1558. 8°.

Vier Jahre nach seinem ersten Druck, in Folioformat, der Philoübersetzung des Gelenius (GG 109) gibt, wohl nicht zuletzt um einem andern Drucker mit einem billigen kleinen Druck nach Ablauf des fünfjährige Privilegs zuvorzukommen, Nicolaus Episcopius junior sie selber nochmals, nun im kostengünstigeren, studentenfreundlicheren Oktavformat heraus, gibt der Ausgabe aber als weiteren Anreiz, aber durchaus als sinnvolle Ergänzung, zwei inhaltsverwandte Schriften zweier christlicher Autoren ebenfalls in Übersetzung bei. Die Übersetzung der Schrift des Athenagoras (2. Jh.) über die Auferstehung aus der Feder des Löwener Professors Petrus Nannius, von dem 1551/52 die Sapientia Salomonis bei Froben und Episcopius herausgegeben worden war, war 1541 mit dem griechischen Text in Löwen und Paris erschienen. Die Schrift des neuplatonisch-christlichen Rhetors und Philosophen Aeneas von Gaza (um 500) über die Unsterblichkeit der Seelen und die Auferstehung der Leiber war schon seit Venedig 1513 mehrmals in der Übersetzung des Kamaldulensergenerals Ambrogio Traversari (der, dem Florentiner Humanistenkreis entstammend, einflussreich an den Konzilen von Basel und Ferrara-Florenz teilgenommen hatte) erschienen, u.a. 1516 und 1520 in Basel; hier erscheint eine neue Übersetzung des Zürchers Johannes Wolf. Ihr griechischer Erstdruck wird 1560, nach der hier verwendeten Handschrift und mit Wolfs Übersetzung, in Zürich bei Andreas Gesner erscheinen.

Nannius, der seine Übersetzung am 19. April 1541 dem kaiserlichen Staatsmann und Bischof von Arras Antoine de Granvelle gewidmet hat, geht in ihr in interessanter Weise auf Probleme des Übersetzens ein. Gleich zu Beginn weist er darauf hin, dass im Vergleich mit philosophischen Übersetzungen seine übrige Arbeit - als Dozent am Collegium Trilingue in Löwen - Spiel und Spass sei. Auch die griechischen Philosophen hätten eine eigene Ausdrucksweise (suam phrasin... in Graeca lingua), die von den andern Schriftstellern und der Umgangssprache (a vulgo) abweiche, schon gar nicht zum Latein passe. Weshalb auch so wenige die Philosophen übersetzten, und von denen die wenigsten anerkannt würden. Darüber hinaus philosophiere sein Athenagoras nicht in philosophischen Fragen, sondern in den höchsten Mysterien des Christentums, so dass man es bei ihm sowohl mit einem klugen Philosophen wie auch mit einem erfahrenen Theologen zu tun habe, und das mit der Auferstehung der Toten, der Angel des gesamten christlichen Glaubens. Er habe eine einzige Abschrift, immerhin von einem höchst gelehrten Mann, aber dennoch mit Fehlern, zur Verfügung gehabt. Er habe schliesslich nicht Besseres bieten können, als er im Archetyp gefunden habe, und dieser solle die einzige Handschrift in Europa sein. Wer seine Übersetzung lese, solle zuerst das Griechische anschauen (das dem Erstdruck ja beigegeben war), um aus eigener Erfahrung die Schwierigkeiten der Sprache dieses Philosophen zu erkennen, und die zusätzlichen einer Übersetzung ins Lateinische. Es sei ein Versuch; Hermolaus (Ermolao Barbaro) hätte es perfekt vollbracht, der einige Philosophen, die nur noch mit wenigen Scholastikern in Vorlesungen gemurmelt hätten, an die Öffentlichkeit und ans Licht gezogen habe. Immerhin hätten die Gedanken an ihn, der sich nicht weniger den Geschäften der Kirche als den kaiserlichen widme, ihm die Mühen erleichtert, und das Werk propagiere die Unsterblichkeit nicht nur mit Wahrscheinlichkeiten denen, die ohnehin dem Glauben zugeneigt seien, sondern es sichere alles mit Beweisen und unwiderlegbaren Begründungen, denen kein hartnäckiges Heidentum etwas entgegensetzen könne.

Der Zürcher Pfarrer am Fraumünster und später, ab 1563, auch Professor der Theologie Johannes Wolf (1521-1571) hat seine Übersetzung am 31. Januar 1558 Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius, Oheim und Vater des Druckers unseres Bandes, gewidmet. Da er ohnehin am Schreiben und mit der Vollendung der vor einigen Jahren begonnenen Bücher beschäftigt sei, beginnt er die Widmung, habe ihn Conrad Gesners und ihr Wunsch von seinem Kurs zurückgerufen (unsere Übersetzung scheint denn auch die erste seiner kleinen theologischen Publikationen zu sein, die auch nach seinem Tod noch bei seinem gleichnamigen Sohn in Zürich erschienen sind). Als nämlich jener ihm im Vorjahr gütig die aus der edlen Augsburger Stadtbibliothek erhaltene Handschrift zur Abschrift gegeben habe und sie ihn gefragt hätten, was er für ihrem Philodruck am ehesten beifügbar erachte, habe jener ihn gebeten, ihnen dieses Werk nach einem Vergleich mit der alten Übersetzung und einer Verbesserung zu geben. Obwohl er andere Pläne und eine Menge Arbeit gehabt habe, habe er dem um ihn verdienten Gelehrten und ihrem für die Öffentlichkeit nützlichen Wunsch willfahren müssen. Zuerst habe er die alte Übersetzung mit seinem griechischen Original (exemplar) verglichen und das Fehlende ergänzt. Als er dann aber nach Basel gekommen sei und er, Episcopius, ihm, wie nochmals brieflich nach seiner Rückkehr nach Zürich, erklärt habe, dass er eine eigene neue Übersetzung der verbesserten alten vorziehe, habe er sich hierum bemüht (Episcopius scheint allgemein derjenige im Betrieb gewesen zu sein, der in den 1540er und 1550er Jahren mit den Autoren bzw. Herausgebern verhandelt - so auch mit Marten Lips, Nannius, Osiander, Costerus). Dies umso lieber, als die alte Übersetzung weder im Inhalt noch im Wortlaut die Reihenfolge seiner griechischen Vorlage eingehalten habe, an einigen Stellen Wörter, Sätze, ja ganze Seiten gefehlt hätten. Als er jenes Durcheinander geordnet, die fehlenden Wörter und Seiten zur Ergänzung beigeschrieben gehabt habe, sei durch ihren Vorschlag erreicht worden - damit nicht einer die alte Übersetzung willkürlich verändert, deren bewusste Weglassungen wieder eingefügt, oder sie gar verderbt finde - dass jene heil bleibe und eine neue nach seiner griechischen Vorlage zur Verfügung stehe. Er müsse allerdings gestehen, dass er in der kurzen Frist und wegen anderer neuer Arbeiten nicht nach seinem Wunsch habe arbeiten können, doch er habe das Werk, falls nicht lesbarer, so doch zumindest vollständiger gemacht. Er habe sich einfach um eine getreue Übersetzung bemüht, Eleganz habe er weniger zu erreichen vermocht. Über den Autor und seine Zeit habe er nichts Gewisses finden können, doch halte er für wahrscheinlich, was Beatus Rhenanus aus der gegen Schluss des Buches angeführten Geschichte der Verfolgung in Afrika geschlossen habe: dass er zur Zeit Zenos und des Anastasius gelebt habe (Kaiser Zenon regierte 474-491, während der Patriarch von Antiochia Anastasios I. erst in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts gelebt hat). Der Inhalt sei von Bedeutung, besonders in dieser sittlich verkommenen Zeit, in der die meisten Sterblichen ihr Leben ohne jeden Gedanken an jenes himmlische und ewige Leben einrichteten. Da kämen die Beweisführungen des Aeneas für ein ewiges Leben nicht nur der Seelen, sondern auch der Leiber gerade zurecht. Und er gehe nach der von den besten Gelehrten angewendeten dialektischen Methode des Beweises und der Widerlegung vor, indem er Axitheus aus Syrien, wo diese göttliche Methode zuerst daheim gewesen sei, nach Ägypten zum athenischen Philosophen Theophrast (nach dem der Dialog auch benannt ist) gehen lasse und dessen Gegenpositionen im Zeichen der Wahrheit bekämpfe. Dabei führe Theophrast zuerst pflichtgemäss die Lehren der alten und neuen Philosophen von Heraklit bis zu Jamblich an. Im folgenden resümiert Wolf die von Axitheos und Theophrast vorgetragenen und bestrittenen verschiedenen Unsterblichkeitslehren bis zur Überzeugung Theophrasts von der Richtigkeit der christlichen Lehre der Unsterblichkeit der Seelen und der Auferstehung der Leiber, wie Christus die Sadduzäer disputierend, Paulus durch seine Briefe die Korinther belehrt und überzeugt hätten. Ähnliches wie dieser Aeneas hätten auch Augustin und Eusebius vertreten, ebenso Athenagoras in seiner speziellen Schrift (die hier ja voransteht) und Laktanz. Das zeige die Bedeutung der Schrift und die Wichtigkeit ihrer Verbesserung und Wiederherstellung nach der griechischen Handschrift wie ihres neuen Drucks. Ihnen widme er die neue Übersetzung, weil sie das Werk in ihrer berühmten und an besten Werken fruchtbaren Offizin, in der es ja schon einmal erschienen sei, ja eigentlich zu eigen besässen, weil sie, wie nur wenige, nicht nur den Glauben durch die Publikation alter theologischer Werke, sondern sämtliche Studienfächer durch ihre Produktion förderten, schliesslich weil sie ihn vor sechzehn Jahren in Frankfurt (d.h. an der Messe) und dann wieder jedesmal in Basel äusserst freundlich empfangen hätten und ihm kürzlich ihre neue Origenesausgabe geschenkt hätten (die dritte lateinische Origenesausgabe der Officina Frobeniana war soeben 1557 erschienen).

Die vorliegende Philo-Ausgabe haben Froben und Episcopius (senior) dann allerdings dem jungen Sohn bzw. Neffen Nicolaus Episcopius (1531-1565 an der Pest) überlassen, der von 1553 an in der Offizin des Vaters (1501-1564), aber auch allein wie zuletzt mit seinem jüngeren Bruder Eusebius zusammen gedruckt hat.

Neuerwerbung 1934, zuvor im Besitz des Colegio de la Compania de Jesus de Sevilla: FJ IV 22

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Signatur: FJ IV 22

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Titelseite mit Besitzervermerk (oben): "Del colegio de la compania de Jesus de Sevilla"

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Erste Textseite: Anfang von 'De opificio mundi' des Philo

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