GG 122
Aristotelis Organum, Graece & Latine, Commentario analytico & paraphrastico, Tabulis quinetiam synopticis perpetuis, illustratum, ac Discentium usibus accomodatum, a M. Ludovico Lucio, Basileensis Academiae Professore ordinario. Basel: Sebastian Henricpetri 1619. 4°.
Als zweiteiliges Werk mit je einem zweiten Titelblatt für die einzelnen Teile, das deren Inhalt auch sehr viel detaillierter angibt, lässt Ludwig Lutz, Professor für Organon Logicum (d.h. für die Behandlung der im Mittelalter unter dem Titel 'Organum' zusammengefassten kleineren Lehrschriften des Aristoteles zur Rhetorik und Dialektik), zur Einführung in die Redekunst und die Philosophie dieses 'Organum' drukken, seinen Unterrichtsstoff an der Artistenfakultät, griechisch mit lateinischer Übersetzung und analysierendem wie umschreibendem Kommentar sowie synoptischen Tabellen zur leichteren Einprägung für seine Basler und anderweitige Studenten: ein winzig zweispaltig gedruckter Textband - Kommentar zeilenbreit - von über 900 Seiten und ein Tabellenband von nochmals über 230 Seiten.
Er widmet den gesamten Druck dem jungen Herzog Johann Ernst von Sachsen und dem Askanier Prinz Ludwig von Anhalt, offenbar in der Folge einer Einladung. Die kürzlichen Gespräche über die legitime und vernünftige Art der Lehre und des Lernens, beginnt Lucius, hätten diese Widmung an sie bewirkt. Wenn der Autor (Aristoteles) auch allgemein anerkannt sei, so wolle er ihn doch gegen die wenigen unverständigen Angriffe verteidigen, und ihr berühmter Name werde ebenfalls zur Beliebtheit des Werkes bei der Jugend beitragen. Hierauf lässt Lucius eine Beschreibung der Logik und ihrer Fachausdrücke folgen, wobei er nicht in die Einzelheiten gehen könne: ihre Ziele, die verschiedenen quaestiones, argumenta, die inventio und die loci communes, die dispositio, das noëticum, dianoëticum und methodicum iudicium. Wozu das, werde man fragen. Worauf Lucius den Zweck der Logica, des richtigen Lehrens und Lernens sowie das vorliegende Werk, das sog. 'Organum' des Aristoteles, das weder vollkommen und abgeschlossen noch dunkel und konfus sei, erklärt. Ein abgeschlossenes Werk habe auch Aristoteles hiermit gar nicht schaffen wollen, wie auch Theodor Zwinger gesehen habe; allfälliger Dunkelheit wolle er hingegen mit seinen Tabellen abhelfen. Für Druckfehler durch Verschulden der Druckereiarbeiter, wie es sie im Text des Autors, der von Julius Pacius übernommenen vorzüglichen Übersetzung oder im Kommentar bittet er um Entschuldigung. (Pacius war 1575 aus Padua nach Genf eingereist; seine kommentierte zweisprachige Ausgabe des 'Organon' erschien zuerst in Morges 1584, dann u.a. in Frankfurt 1592, 1597, 1598, Genf 1605, Hannover 1611 und 1623). Das Werk widme er den beiden Fürsten zum Dank für ihre Gunst, besonders für seine gütige Aufnahme bei ihnen, und den noch gütigeren Abschied, als sie ihn zu sich berufen hätten.
Dieser Widmungsvorrede folgt eine kleine Elegie "der Gastfreundschaft zuliebe" von Valentin Ritter aus Görlitz, der nach Studien in Frankfurt an der Oder 1604 und Wittenberg 1610 sich 1615 in Basel schon als stud. med. immatrikuliert und am 26. September 1616 hier in Medizin promoviert hatte, möglicherweise bei Lucius wohnte oder gewohnt hatte. Er spielt in ihr auf seinen Namen an und die Erleuchtung, die ein Kommentar bringe: auf Lucius, das Licht, durch das das Licht Aristoteles leuchte, den Pollux des Phoebus. Dem hierauf folgenden zweiten, detaillierten Titelblatt zum ersten Band, dem Textband, folgen nochmals zwei fachliche Einleitungen, eine 'De Paedia Liberali Commonefactio' und eine 'De Sapientiae Divinae & Humanae, tum convenientia, tum differentia Commonefactio' auf einem zweiten Vorspann von acht Blatt. Die "Tabulae", auf die schon der Gesamttitel wie dann Lucius in seiner Widmung hingewiesen hatte, umfassen nochmals 232 Seiten (zu den 906 kleingedruckten Seiten Text und Kommentar, zuzüglich Vorreden und Index, hinzu), und auch sie haben nochmals ein eigenes Titelblatt und eine eigene Widmung an den damaligen Rektor der Universität, den Professor für Codex Iustiniani Johann Jacob Faesch, und die Dekane und übrigen Dozenten sowie ein zweites eigenes Register erhalten. Ein Hochschullehrbuch, an dem die Studenten einiges zu beissen hatten... Das vorliegende Exemplar gehörte denn auch speziell der Bibliothek der Artistenfakultät.
Ex Libris Bibliothecae Philosophicae Academiae Basileensis: B c IV 50. Weitere Exemplare: Frey-Gryn. O III 13 (am 1. November 1629 von einem HRW erworben) und O III 19.
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc IV 50 | Frey-Gryn O III 13