GG 253
Heliodori Aethiopicae Historiae libri decem, nunc primum e Graeco sermone in Latinum translati: Stanislao VVarschavviczki Polono interprete. Adiectum est etiam Philippi Melanthonis de ipso autore, & hac eiusdem conversione iudicium... Basel: Johannes Oporin Januar 1552. Fol.
Im Februar 1534 (GG 252) ist bei Johannes Herwagen in Basel der erste griechische Druck der Äthiopischen Geschichten, des Liebesromans von Theagenes und Charikleia von Heliodor erschienen, schon 1547 folgte die erste französiche Übersetzung, von Jacques Amyot, in Paris. Hier liegt, als nächster Druck des völkerkundlich reichen Romans, die lateinische Übersetzung aus der Feder des jungen polnischen Adligen Stanislas Warschewiczki vor, die sofort 1556 in Antwerpen (auch hier als nunc primum e graeco sermone in latinum translati bezeichnet) und 1601 in Ursel allein nachgedruckt, aber auch den beiden folgenden griechischen Drucken von Heidelberg 1596 und Lyon 1611 noch beigegeben worden ist. Warschewiczki hat sie, vordatiert auf den 21. Juli 1551 und an seinen Aufenthaltsort während der Sommerferien, das väterliche Gut Warschewicze verlegt, an seinem Studienort Wittenberg im April 1551 (s. unten) seinem König Sigismund August gewidmet. Man könne sich, beginnt er seine typisch adlige, nicht philologische humanistisch-idealistische Widmung, keine grössere Zierde und nichts Gottgefälligeres an den Herrschern denken als den Sinn, mit dem sie all ihr Handeln auf den Frieden und das Wohl ihrer Reiche ausrichteten. Denn da die Menschen von Gott zum Leben in Gemeinschaft geschaffen seien, damit sie gesittet ihn verehren könnten, müssten doch ihre Lenker Gott zu gefallen und so herrliche Dinge zu gewinnen suchen. Bei ununterbrochenem Krieg, unter dem Antrieb der Herrschsucht ist keine Gemeinschaft vorstellbar. Viele Völker böten Beispiele von Raubsucht, Kriegslust: sie kennten nicht nur keine Sitte und Geisteskultur, sondern seien sogar so tief gesunken, dass sie Studien, Menschlichkeit, Zucht, Frieden verabscheuten. Andere, friedliche Reiche zeichneten sich durch Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Gelehrsamkeit gar mehr aus als durch ihre Macht, ihre Rüstung und ihre Tapferkeit. Zu diesen hätten die Römer und die Griechen gehört; daher hätten viele andere ihre Freundschaft gesucht, sich ihnen übergeben. Daher müsse das Königreich Polen Gott danken, dass es seinen Vater gehabt habe und jetzt ihn habe. Freilich hätten seine Vorfahren, auch wenn sie durch ihre Kriege berühmt gewesen seien und das Reich gegen die wilden Skythen, Mosker, Walachen verteidigt und erweitert hätten, die Schätze durch die Kriege verringert und nicht viel Zeit für die Rechtspflege und Verwaltung aufwenden können. Doch sein Vater habe, obwohl er das Reich durch Niederlagen gegen die Türken geschwächt übernommen und nie die Waffen habe niederlegen können, nie aus Ruhmsucht Kriege gesucht und mit Klugheit und Mässigung den Frieden wiederhergestellt. So hätten sich einige Völker aus Bewunderung für seine Rechtlichkeit ihm freiwillig unterworfen oder seine Freundschaft gesucht. Er habe den Frieden geschätzt nicht nur zur Äufnung der Staatskasse, zur Förderung der Mittel aller Stände und der Erziehung der Jugend (obwohl auch hieran zu denken sei), sondern vielmehr um Zucht, Gerichte, Künste, Gottesgelehrtheit und alle Bedürfnisse des Alltags wieder zu gewährleisten. Mit seinen Tugenden sei er ein Ebenbild Gottes gewesen (die Regierungszeit Sigismunds I. gilt als das Goldene Zeitalter Polens) und nach seinem Beispiel möge auch er eines werden. Er habe schon als Jüngling ein Muster seiner Tugend bei der Regierung über Litauen geboten, mit dem Ruf solcher Mässigung und Gerechtigkeit, dass alle in ihm den besten Fürsten aller Zeiten erwarteten. Man erwarte ihn nicht nur in den Spuren des Vaters, sondern auf dem Wege zu höherem Ruhm, und bewundere seine Grosszügigkeit. So habe er ein besonderes Zeichen seiner Neigung für die Gottesgelehrsamkeit und die Wissenschaft gegeben und mit königlicher Freigebigkeit statte er die Universität aus, die während so vieler Jahre alleinige oder zumindest hauptsächliche Heimstätte der alten Philosophie und der Astronomie gewesen sei (in der Hauptstadt Krakau, gegründet 1364). Und um diesen Ruf zu bewahren, fördere er das Studium der Sprachen, welche die Quellen der Philosophie und die grösste Zierde der übrigen Fächer seien. Deshalb sendeten viele, sowohl Untertanen seiner Majestät wie Fremde ihm gern ihre Schriften, nach altem Brauch, wie sie einst dem Augustus, Alfonso von Neapel und kürzlich noch seinem Vater gesandt worden seien. Nach deren Beispiel widme er ihm diese unterhaltsame Geschichte, aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt, die man in der Bibliothek des Königs Matthias gefunden habe, damit sie, nachdem sie von dort griechisch gewissermassen ins Exil gegangen sei, nun in lateinischem Gewand als königlicher Schatz in eine königliche Bibliothek zurückkehre. Warum sie Gelehrte der Lektüre durch die Nachwelt für würdig erachtet hätten, zeige sie selber. Elegant und anmutig geschrieben, bringe sie dem Leser Genuss und Nutzen durch verschiedenste Ratschläge, Geschehnisse, Leidenschaften, Schicksalsschläge und Tugendbilder (diese einzige philologische Charakterisierung der von ihm übersetzten Geschichte hat, wie sich zeigen wird, Warschewiczki dem mit der Übersetzung vorausgesandten Begleitbrief Melanchthons entnommen). Bei der Beschreibung des mustergültigen Äthiopierkönigs Hydaspes sei ihm oft sein Vater in den Sinn gekommen. Wenn er seine Arbeit für gut halte, werde er sich an Grösseres, zu seinem Ruhme, machen.
Der Widmung lässt Oporin den schon im Titel erwähnten Brief Philipp Melanchthons folgen, mit dem dieser am 20. April 1551 die Übersetzung zum Druck empfohlen hat. Melanchthon dankt seinem Freund Oporin für eine Büchersendung und möchte das nicht nur hier mit Worten (die, so abgedruckt, natürlich auch zu einer guten Reklame für den Drucker werden), sondern auch mit andern Gefälligkeiten versuchen. Jetzt aber sende er ihm eine lateinische Übersetzung der Geschichte Heliodors. Er wisse, dass er Literaturwerke richtig beurteilen könne, und nehme an, dass der Autor (Heliodor) ihm bekannt sei. Sein Stil sei schmuck und nicht schwülstig; es fänden sich im Werk eine Menge unterschiedlichster Ratschläge, Zufälle, Geschehnisse und Leidenschaften sowie Abbilder des Lebens. Daher sei es nützlich, wenn viele sie lesen könnten und die Abwechslung könne zur Lektüre einladen. Daher meine er, dass Oporin diese Übersetzung zu einem gewissen eigenen und zum Nutzen der literarischen Welt herausgeben könne. Wenn er daher ebenso urteile, bitte er ihn, sie herauszugeben. Übersetzer sei der polnische Ritter Stanislas, der den Adel seines Geschlechts durch seine Bildung, Tugend und Redekunst ziere. Ihm wäre diese seine Gefälligkeit höchst willkommen.
In einem Geleitbrief zur Sendung seiner Übersetzung an Oporin durch einen adligen Landsmann von Wittenberg, 21. April 1551, der erhalten und von Martin Steinmann 1969 mit deutscher Übersetzung publiziert worden ist, führt Warschewiczki aus, wie sein Lehrer Melanchthon ihm Oporin und den Druck seiner Übersetzung empfohlen habe. Er weist darauf hin, dass er sich alle Mühe gegeben habe, die Eigentümlichkeit der griechischen Sprache lateinisch wiederzugeben, dass möglicherweise, wenn er die polnischen Buchhändler avisiere, diese die gesamte Auflage aufkaufen würden, bittet Oporin um raschen Druck und überlässt ihm die Formulierung des Haupt- und der Buchtitel. Den Widmungsbrief habe er um fast (sogar genau) drei Monate vorausdatiert, damit dessen Datum mit seiner Heimkehr in Polen übereinstimme. Schliesslich bittet er ihn, Melanchthon sofort nach Vollendung des Druckes ein paar Exemplare zu senden, der sie an ihn weiterleiten werde, damit er sie rechtzeitig seinem König, dem er die Ausgabe gewidmet habe, überreichen könne. Nun, der Druck hat doch etwas länger gebraucht, als Warschewiczki es sich bei seiner Vordatierung der Widmung vorgestellt hatte; von der Überlastung seiner Offizin im Jahre 1551 berichtet uns Oporin in seinem Brief an Joachim Camerarius zu dessen Theognisausgabe (GG 186).
B c I 53 Nr. 3 und E A II 43 Nr. 2
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Signatur: Bc I 53:3 | EA II 43:2