GG 281
Claudij Ptolemaei, De praedicationibus Astronomicis, cui titulum fecerunt Quadripartitum, Graece & Latine, Libri IIII. Philippo Melanchthone interprete. Eiusdem Fructus librorum suorum, sive Centum dicta, ex conversione Ioviani Pontani... Basel: Johannes Oporin August 1553. 8°.
Klaudiou Ptolemaiou Pēlousieōs Tetrabiblos syntaxis, pros Syron adelphon. Tou autou Karpos, pros ton auton Syron.
Claudii Ptolemaei Pelusiensis libri quatuor, compositi Syro fratri. Eiusdem Fructus librorum suorum, sive Centum dicta, ad eundem Syrum. Innumeris quibus hucusque scatebant mendis, purgati. Basel: Johannes Oporin August 1553. 8°.
1535 war bei Johannes Petreius in Nürnberg, nach Drucken einer alten lateinischen Übersetzung in Venedig von 1484 an, der erste griechische Druck des nach seinen vier Büchern benannten astrologischen Hauptwerks des Ptolemaeus, seiner in der alten Fassung durch Jahrhunderte massgebenden Tetrabiblos syntaxis, lateinisch Quadripartitum, über astronomische (bzw. astrologische) Vorhersagen erschienen, herausgegeben und, die ersten beiden der vier Bücher, übersetzt und kommentiert von Joachim Camerarius. Hier erscheint, 18 Jahre später und drei Jahre nach dem Tod des Petreius, der zweite griechische Druck, mit einer neuen, eingänglicheren und eleganteren Übersetzung aller vier Bücher von Philipp Melanchthon. Wie schon im Nürnberger Druck, ist auch im unsern der Auszug aus seinem astronomisch-astrologischen Werk in hundert Sätzen, "Frucht" oder "Hundertsatzwerk" genannt, beigegeben, hier wie dort mit der lateinischen Übersetzung des Jovianus Pontanus, die 1519 bei Aldus Manutius in Venedig erschienen war. Unser Druck ist von Oporin so gestaltet, dass beide Teile, der griechische wie der lateinische, auch einzeln verkauft bzw. gekauft werden konnten; so sind auch die beiden Basler Exemplare unterschiedlich zusammengestellt und gebunden: im einen (K l XII 21) geht richtig der lateinische Teil mit der neuen Widmung Philipp Melanchthons vom März 1553 an den Nürnberger Ratsherrn Erasmus Ebner voraus, dessen Titel sowohl auf den lateinischen wie auf den griechischen hinweist, während der griechische mit der alten Widmung des Camerarius von 1535 am Schluss das Kolophon erhalten hat; im andern (B c VII 191) sind die beiden Texte in umgekehrter, typographisch falscher Reihenfolge gebunden.
In seiner Widmung hebt Melanchthon die Bedeutung der Gestirnekenntnis in einer vernünftig angelegten Welt hervor und das Verdienst des von Gott zur Erhaltung der alten Lehren berufenen Ptolemaeus: Weisheit, Kenntnis der Zahlen und der Ordnung, das Vermögen, Ehrenhaftes von Schändlichem, Heilbringendes von Schädlichem zu unterscheiden, seien eindeutige Zeugnisse für Gott und die Vorsehung. Daher seien die Künste nicht nur wegen ihres Nutzens für das menschliche Leben, sondern eben auch als Zeugnisse für Gott und sein Wesen hochzuschätzen. Gott habe sie den Menschen geschenkt und bewahre sie in allen politischen Wirren. Das Altertum habe kenntnisreich aufgestellte Lehren vom Lauf der Gestirne besessen. Als die sarazenische Barbarei die Akademie von Alexandria und die Wissenschaften vernichtet habe, seien die alten Denkmäler untergegangen. Und die Lehre, damals in vielen verschiedenen Büchern verstreut, wäre gesamthaft untergegangen, wenn sie nicht kurz vorher Ptolemaeus in einem Buch zusammengefasst gehabt hätte. Ihn habe Gott dazu berufen gehabt. Denn ein Band habe den Bränden der Bibliotheken entrissen und durch Studien und auf Kosten Einzelner abgeschrieben und weiterüberliefert werden können, ganze Bibliotheken hätten so nicht gerettet werden können. Darum sei Gottes Tat zu würdigen, Ptolemaeus zu danken. Er habe die alten Überlieferungen der Weissagungslehre, die aus der Stellung der Gestirne einige Mischungen und Bewegungen (temperamenta & motus) unterscheide und erkenne, in einem kleinen Band vereinigt. Diesem könne man entnehmen, wie einfach aus natürlichen Ursachen Bedeutungen abgeleitet werden könnten. So habe das Licht einige Bedeutung für Klimaveränderungen, für Mischungen in unseren Körpern und in deren Folge für viele charakterliche Neigungen, auch wenn nicht alle Entwicklungen (eventus) von den Mischungen geleitet, nicht alle Bedeutungen bekannt seien. Manche Krankheit könne durch die Kenntnis der natürlichen Ursache vermieden oder gelindert werden. Keine Pflanze wachse ohne Bedeutung, sei nicht durch Gottes Plan zu bestimmtem Nutzen geschaffen. Und diese Übereinstimmung der oberen mit den unteren Körpern bezeuge Gott und die Vorsehung, wie in der grossen Nässe des Jahres 1524 wegen der Konjunktion vieler Planeten im Zeichen der Fische oder in der grossen Hitze des Jahres 1540 wegen der Sonnenfinsternis im Zeichen des Widders. All das zeige, dass diese Verwandtschaft der Körper kunstvoll geschaffen sei und Gott damit auf unsern Nutzen gesehen habe. Es nütze somit, die Kräfte des Lichts klug zu untersuchen. Und deshalb dürfe ihre Lehre nicht untergehen, auch wenn einige neuere Gaukler und Betrüger verführerisches Blendwerk zusammengemischt hätten. Aber gerade deswegen müsse die alte Lehre bewahrt werden, müsse man in der Betrachtung der Natur stets den Schöpfer Gott ansehen. Darum müssten die Liebhaber der Philosophie dieses Buch lesen und bewahren. Die ersten beiden Bücher seien vom trefflichen Gelehrten Joachim Camerarius ins Lateinische übersetzt (ihn hatte Melanchthon zuerst zur Reformation der Universität nach Tübingen, dann nach Leipzig berufen); er wünsche sich, dass er auch die beiden andern hinzufüge. Jetzt ergänze man durch irgendeine Übersetzung. Dieser Aussage widerspricht die Angabe der Haupttitelseite und des Textbeginns, dass die Übersetzung - ohne Einschränkung auf irgendwelche Bücher - von Melanchthon stamme; ihr widerspricht aber auch, dass die elegante Übersetzung der Bücher 1 und 2 des Basler Drucks keineswegs mit der recht steifen Übersetzung dieser Bücher durch Camerarius im Nürnberger Druck identisch ist.
Das Exemplar K l XII 21, heute in Pappeinband von etwa 1800, hat der Basler Professor und Lehrer am Pädagogium Conrad Lycosthenes, Autor u.a. einer lateinischen und deutschen Wunderchronik, seinem jüngeren Vetter Samuel Pellican (1527-1564, an der Basler Universität immatrikuliert Februar 1543), 1557 Inspektor des Collegium alumnorum und Provisor am Fraumünster in Zürich, geschenkt; dann im Besitz eines Rudolphus Vuonlichius (wohl des Zürcher Pfarrers, Autors eines Prognosticon astron. annorum: 1530-1596), dann 1653 eines J. C. B.; dann Daniel Hubers; das Exemplar B c VII 191 dürfte 1586 von einem Privaten der Universität geschenkt worden sein: "Est Academiae Basiliensis 1586" lautet der sonst so nicht übliche Eintrag.
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc VII 191 | Kl XII 21