GG 309
Aeliani De varia historia Libri XIIII, nunc primum & latinitate donati, & in lucem editi, Iusto Vvulteio Vvetterano interprete. Item De politiis, sive Rerumpublicarum descriptiones, ex Heraclide, eodem interprete. BaseI: Johannes Oporin Dezember 1548. 8°.
Erste Übersetzung der Bunten Geschichte des aus Praeneste (Palestrina) stammenden Oberpriesters unter Kaiser Septimius Severus, Claudius Aelianus (um 170 - um 240) und der Aristotelesepitome des Herakleides Lembos. Aelian bezeichnete sich als Römer, schrieb aber griechisch. 1545 war die nur in Auszügen erhaltene Bunte Geschichte, eine Sammlung von Anekdoten über berühmte Männer und einzelne Völker, zum erstenmal im Druck erschienen, griechisch in Rom, mit im Anhang u.a. Fragmenten aus den Politiae eines Herakleides, der Physiognomik Polemons und der Epitome hieraus von Adamantios; Aelians übrige Werke erschienen griechisch und lateinisch erst 1556 in Zürich, von Conrad Gesner herausgegeben und z. T. neu übersetzt bei den Brüdern Andreas und Jacob Gesner (einzig die Briefe waren schon 1499 im epistolographischen Sammeldruck des Aldus Manutius erschienen). Beigegeben sind, nach Vorbild des Römer Erstdrucks, die "Fragmente aus den Staatsverfassungen des Herakleides". Beides hat der aus Wetter bei Marburg stammende Justus Vulteius (Pincier, 1528-1575) übersetzt und 1548 von Frankfurt aus seinem Vetter, dem Theologen Johannes Pincier (1521-1591) bzw. seinem Vater Christian Pincier gewidmet. Vulteius ist, nach Studien in Marburg, Strassburg, Leipzig und Wittenberg (1546) um 1547 nach Basel gelangt - sein älterer Bruder gleichzeitig nach Zürich - und hier in Verbindung mit Oswald Myconius und Oporin getreten. 1547/48 hat er sich auch unter Sebastian Münster in Basel immatrikuliert. Nach Reisen 1548 wird er Rektor der Lateinschule in Wetter, dann jener in Marburg, schliesslich dort Professor des Hebräischen. Seine Widmung führt uns in die Zeit - und Folgezeit - des Schmalkaldischen Krieges, der wohl auch die beiden Brüder veranlasst hat, nach Zürich und Basel zu ziehen. Die hier vorliegenden wie die Übersetzung der Stratagemata Polyaens dürfte Oporin veranlasst, Vulteius den Auftrag gern angenommen haben. Als in den letzten Jahren Krieg ganz Deutschland überzogen habe, beginnt Vulteius die Widmung, habe er die Schulen fast untergehen, viele sich von den Freien Studien abwenden und manche Fortgeschrittene (zu denen auch er gehörte) ihren Dienst ihrem Staat anbieten sehen. Einige hätten sich entschlossen, privat die Stoffe ihrer Studien nochmals durchzunehmen, um, mangels Möglichkeiten, weiterzustudieren und Neues zu lernen, inzwischen das Bekannte einzuüben, es zu erweitern oder wenigstens im Gedächtnis zu behalten. Da habe er sich entschlossen, bei den vorangehenden Studien zu bleiben, bis er eine Entscheidung sehe. Glücklicherweise hätten auch Gelehrte ihn dazu ermuntert. Als sie in Leichterem seine Fähigkeiten geprüft gehabt hätten, hätten sie ihm vorgeschlagen, Aelian ins Lateinische zu übersetzen. So habe er dies weder aus Ehrgeiz noch aus üblichem jugendlichem Übermut auf sich genommen. Gelehrten zu willen habe er allgemein Nutzen bringen wollen. Über den Erfolg dieses Zweiten müssten er und seinesgleichen urteilen: er habe ihm immer zu diesem Studium geraten; ihm verdanke er seine Fortschritte. Der attische Stil liege ihm nahe, der reiche Inhalt unterhalte und belehre. Zudem brauche man in der kritiksüchtigen Gegenwart einen Schutzherrn. Ein hervorragendes Werk sei es, denn was man nur durch wiederholte Lektüre vieler guter Autoren hätte sammeln können, habe Aelian in einem Bündel vereinigt, ihnen zusammenhängend geboten, elegant und attisch. Sogar als Römer übertreffe er viele Athener mit seiner Beredsamkeit. Das habe schon Philostrat erkannt. Doch er brauche nicht seine Anpreisung. Daher empfehle er ihn der Jugend zu gewissenhafter Lektüre, kein Autor umfasse so kurz so vieles.
Seine Übersetzung der heute dem ptolemäischen Beamten Herakleides Lembos aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus, im letzten Jahrhundert noch dem bekannteren Akademiker Herakleides Pontikos zugeschriebenen Epitome aus der nur für Athen mehr als fragmentarisch erhaltenen Sammlung von Staatsverfassungen des Aristoteles Politika oder Peri politeiōn hat Vulteius seinem Vater Christian Pincier gewidmet: Als er auf diese Beschreibungen von Staatsverfassungen "aus Herakleides" gestossen sei, habe er es für Griechischanfänger und -kenntnislose für willkommen gehalten, sie ins Lateinische zu übersetzen. Als Rat seiner Vaterstadt werde ihn die Kenntnis fremder Staaten erfreuen; zudem möchte er seine Grosszügigkeit seinen und seines Bruders Studien gegenüber öffentlich bezeugen. Er möge seine Mutter und die ganze Familie grüssen. Beide hier zum erstenmal lateinisch erschienenen Werke hat Johannes Herold 1555 in seine grosse Sammlung Exempla virtutum et vitiorum bei Heinrich Petri zweisprachig (in Spaltensatz) aufgenommen; die Aelianübersetzung hat dann Conrad Gesner für seine zweisprachige Gesamtausgabe von dessen Schriften, 1556 bei Andreas und Jacob Gesner in Zürich erschienen, nochmals bearbeitet.
B c VII 1 Nr.1
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc VII 1:1