GG 310

Keras Amalthaias. Iōannou tou Stobaiou Eklogai apophthegmatōn kai hypothēkōn.

Ioannis Stobaei Sententiae ex thesauris Graecorum delectae, quarum autores circiter ducentos & quinquaginta citat: et in Sermones sive Locos communes digestae, a Conrado Gesnero Doctore Medico Tigurino in Latinum sermonem traductae, sic ut Latina Graecis e regione respondeant.
Ad Lectorem. En tibi candide lector, Io. Stobaei anthologiam exhibemus, plane aureum & incomparabile Opus, nempe totius Graeciae ac omnis humanae sapientiae velut speculum nitidiszimum, sive theatrum potius... recens integritati suae restitutum, quoad eius fieri potuit, aliquot mendorum milibus sublatis: idque in prima editione, quam publicavimus anno Domini 1543. Iam rursus autem in hac Secunda Editione, praeter innumeros locos ex vetustiszimis codicibus manu scriptis emendatos, maximum quoque paszim Sententiarum auctarium, & integros Sermones aliquot adscripsimus... Basel: Johannes Oporin für Verlag Christoph Froschauer August 1549. Fol.

Im Jahre 1543 war in Zürich bei Christoph Froschauer der zweite griechische Druck der Anthologie - Sentenzensammlung, soweit damals bekannt, d.h. das zweite Buch mit der ethischen Textauswahl - des Johannes Stobaeus aus dem fünften Jahrhundert nach Christus erschienen, die dieser für seinen Sohn zusammengestellt hatte, nach Konsultation neuer Handschriften. Herausgeber war der grosse Zürcher Mediziner, Universalgelehrte und Bibliograph Conrad Gesner gewesen; benützt hat er u.a. eine fragmentarische Handschrift, die ihm der Basler Drucker Johannes Oporin zur Verfügung gestellt hatte. Dieser Ausgabe vorausgegangen war der griechische Erstdruck in Venedig 1536, eine lateinische Übersetzung des Varinus Phavorinus schon 1517 in Rom und kleinere Auswahldrucke. Gesners zweite Ausgabe erscheint zwar wieder im Verlag des Zürcher Druckers und Buchhändlers Christoph Froschauer, gedruckt worden ist sie jedoch für diesen bei Johannes Oporin in Basel. Gewiss hatte man in Basel - sogar nicht nur bei den Froben/Episcopius und Oporin - mehr Erfahrung als in Zürich, wo an griechischen Drucken nur wenig, vor allem später bei den Brüdern Andreas und Hans Jacob Gesner (1553-1566), erschienen ist. So verwundert es denn nicht, dass diese zweite, wieder nach Handschriften verbesserte, Ausgabe bei dem Drucker in Basel erscheint, der schon für die Ausgabe von 1543 eine Handschrift als Vorlage zur Verfügung gestellt hatte und zudem einer der führenden Griechischdrucker weithin war. In Gesners Ausgabe von 1543 waren der griechische Text und die Übersetzung jeweils seitenbreit "eregione" einander gegenüber zum Vergleichen gedruckt worden; diese Gegenüberstellung erfolgt nun hier sehr viel übersichtlicher, leserfreundlicher im Folioformat durch Spaltensatz. Beide Drucke habe zwei längere Vorreden Gesners erhalten. Die Widmung von 1543 an die Berner Schultheissen Johann Jacob von Wattenwil und Johann Franz Naegelin erscheint auch 1549 unverändert wieder. Die Vorrede an den Leser von 1543 hat Gesner teilweise umgeschrieben, nicht mehr Passendes (z. B. zu Froschauer) weggelassen, anderes hinzugefügt, angepasst und ergänzt. Den Hinweis auf das Wagnis, anhand einer einzigen, zudem höchst verderbten Vorlage eine Ausgabe vorbereitet zu haben, hat er nun noch etwas vorsichtiger formuliert. Dieser als Vorlage verwendete Erstdruck sei durch die Schuld des Druckers oder des Archetyps so korrupt gewesen. Er habe jedoch alles ihm Mögliche zu seiner Verbesserung getan. So habe er die Zitate des Stobaeus mit allen seinen bisher gedruckten Quellen verglichen und danach verbessert, besonders aus Plato und Xenophon. Dann habe er die Quellen angegeben, die in der griechischen Vorlage nicht vermerkt gewesen seien, bei der Übersetzung am Rand beigefügt. Schliesslich habe er alle kürzlich in Basel zusammen mit den Hymnen des Kallimachos griechisch gedruckten Sentenzen mit seiner Vorlage verglichen (die Ausgabe von Froben und Episcopius von 1532 [GG 166]): es handle sich um eine Auswahl allein aus Stobaeus. Dazu habe er von dem hochgelehrten und verdienten Basler Drucker Oporin ein Fragment des Stobaeus erhalten, das einige Sermones vom Anfang enthalte (also eine Handschrift), nun auch dieses beigezogen (schon 1543). Übersetzt habe er teils wörtlich, teils freier, je nach Text, Verse jedoch bewusst nicht unnötigerweise metrisch. Barbarophone Menschen schreckten ihn zwar ab, doch sei die Sache immer noch wichtiger als der Stil. Schliesslich habe der lateinische Text nicht umfangreicher werden dürfen als der griechische, denn er habe bewusst die lateinische Übersetzung dem griechischen Text gegenübergestellt, auch wenn sich Missverständnisse von seiner Seite so nicht verschleiern liessen. Jede Sprache habe ihre angeborene Anmut und Kraft, die sich nicht leicht in eine andere umsetzen liessen. Besonders die griechische habe etwas Kluges und Tiefsinniges in sich, das sich nur schwerlich lebendig auf lateinisch wiedergeben lasse. Deshalb habe er einen einfachen Stil, dem Griechischen angepasst, gewählt. Die weniger Kundigen würden mit geringer Mühe die parallelen Texte konsultieren, die Kundigeren allein das Griechische lesen oder die Übersetzung wenigstens an dunkleren Stellen beiziehen. Bei Lücken und Korruptelen habe er lateinisch zu ergänzen gesucht und das mit Zeichen, Klammern, wie es der Platz am Rand zugelassen habe, vermerkt. Solche mittleren (mediocres) Übersetzungen, die einen weder durch zu schlechtes Latein abstiessen noch sich zu weit vom Wortlaut des Autors entfernten, müsse man bei schwierigen Stellen beachten. So merke der Leser auch, welcher Lesart der Übersetzer gefolgt sei, was sehr nützlich sei, da sich heute bei den meisten Autoren sehr unterschiedliche Lesarten fänden. Diesen Vorteil habe er kürzlich bei Aristotelesübersetzungen Theodor Gazas bemerkt: bei einem Vergleich mit dem griechischen Text finde man zahlreiche Abweichungen, so dass man aus dem Lateinischen das Griechische verbessern könne. Aber sogar Theodorus, ein Grieche, Kenner seiner Sprache wie des Stoffes, habe zuweilen Fehler begangen. Er werde es in der Tiergeschichte zeigen. Es sei eben viel leichter, fremde Arbeiten zu berichtigen als die eigenen. Längere Zitate des Stobaeus aus schon von früheren Gelehrten übersetzten Werken habe er hieraus wörtlich kopiert, besonders aus Plato und Xenophon, nicht um Arbeit zu sparen, sondern weil jene im Zusammenhang gewiss besser als er übersetzt und Kommentare zur Verfügung gehabt hätten, die er nicht leicht hätte beschaffen können, wie z. B. Marsilius Ficinus. Doch auch da habe er immer mit dem Griechischen verglichen und notfalls verbessert. Weitere Schwierigkeiten der Übersetzung kämen von der Verschiedenheit der persönlichen Stile, von den Dialekten, der Allgemeinsprache (communis - koinē), dem Attischen, Jonischen, Dorischen, schliesslich von Prosa und Gedichten, deren Sprache sich im Latein weniger von den übrigen Autoren (d.h. der Prosa) unterscheide. Darum habe er griechische Gedichte im Lateinischen nicht in Versform wiedergegeben, wofür er im folgenden verschiedene Gründe aufführt. Schliesslich kommt Gesner auf den Inhalt des Werks zu sprechen, auf Zeitgenossen, die aus ihm geschöpft hätten wie Phavorinus Camers und Volaterranus, vor allem aber auf den ungeheuren Schatz, den man in dem Werk habe, an allgemeinen Sentenzen viel reicher als die Epigrammsammlung des Maximus Planudes oder die Senarii monostichi vor allem aus Komödien Menanders. Auch die philosophischen Sentenzen berühmter Männer, die Johannes Froben einst gedruckt habe (es dürfte sich wieder um die Kallimachosausgabe mit Gnomenanhang von 1532 handeln [GG 166]), seien nicht so zahlreich und vor allem nicht nach dem Inhalt, sondern alphabetisch nach den Autoren geordnet. Apostolius Byzantius habe kürzlich etwas Derartiges versprochen, das er Ionia nenne; ob es existiere, wisse er nicht (eine kleine lückenhafte Sammlung war 1538 bei Herwagen erschienen; die späteren Drucke - ab 1619 - sind sehr viel umfangreicher, tragen jedoch auch nicht den Namen Ionia). Alles Übrige brauche er nicht aufzuführen, da es nicht an Stobaeus heranreiche. Soweit habe er sich ungefähr in der ersten Ausgabe vor sechs Jahren geäussert (wobei auch die Vorrede bis hierhin z. T. umformuliert ist). Inzwischen habe er von Funden weiterer griechischer Autoren, vor allem in italienischen Bibliotheken, gehört, deren Werke Sentenzen enthielten oder ähnlichen Inhalts seien: der grosse Logothet Theodorus Metochita (im Druck erschienen war von ihm jedoch noch nichts) - wozu der Bibliograph Gesner den Inhalt angibt, Amphilochius von Iconium (ebenfalls ungedruckt), Hierocles (zuletzt bei Heinrich Petri 1543), Maximus Planudes. Er habe begonnen gehabt, aus den griechischen Autoren eine Ergänzung zu den Themen des Stobaeus zusammenzustellen und weitere zu ergänzen; doch würde das Buch zu dick und ausserdem riefen ihn andere Beschäftigungen. Dieser z. T. abgeänderten und am Schluss ergänzten Widmung von 1543 bzw. neu 1549 hat Gesner 1549 noch eine kurze zusätzliche Vorrede De altera hac editione folgen lassen: Vor einigen Jahren habe er auf einer Venedigreise den hochgelehrten und um die Wissenschaften verdienten Arnoldus Arlenius Peraxylus kennengelernt, der jetzt in Florenz unter Cosimo de Medici mit Lorenzo Torrentino zusammen Erstdrucke herausgebe. Er habe ihm unter anderem aus der Bibliothek seines (damaligen) Herrn Diego Hurtado de Mendoza, des damaligen kaiserlichen Gesandten in Venedig, eine sehr alte Stobaeushandschrift vermittelt. Diese habe er nach seiner Rückkehr mit seiner Ausgabe von 1543 verglichen und in beiden Stellen gefunden, die im andern Exemplar gefehlt hätten. All diese habe er abgeschrieben, und so enthalte diese neue Ausgabe nicht nur einzelne zusätzliche Sentenzen, sondern auch ganze Sermones. Schliesslich habe er nach der Handschrift auch korrupte Stellen verbessern, Lücken ergänzen und zusätzliche Quellenangaben bieten können.

Geschenk von Regierungsrat Prof. Dr. Paul Speiser 1894 (1551 im Besitz eines I. [?] E. B.): D J II 10

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: DJ II 10

Illustrationen

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2alphar: Anfang der Widmung Conrad Gesners an die Berner Schultheissen Johann Jacob von Wattenwyl und Johann Franz Naegelin vom 13. Juni 1543.

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5alphar: Vorrede Conrad Gesners, erstmals gedruckt in Zürich 1543, hier in einer 1549 für die Basler Ausgabe überarbeiteten Version, 1. Seite.

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5alphav: Vorrede Conrad Gesners, 2. Seite.

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6alphar: Vorrede Conrad Gesners, 3. Seite.

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6alphav: Vorrede Conrad Gesners, 4. Seite. Zusätzliche Vorrede zur Basler Ausgabe von 1549.

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1Ar: Anfang der griechisch-lateinischen Ausgabe der Anthologie des Johannes Stobaeus.

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