GG 359

Paraphrases in libros omneis Alexandri Tralliani medici periodeuti, super singularum humani corporis partium a summo vertice ad imam usque plantam, morborum ac febrium Causis, Signis, remedijsque tum communibus, tum proprijs, recens in lucem, quam castigatissime, aeditae, Albano Torino Scholae Basiliensi professore publico, autore. Dioclis Carystii principis secundum Hipp. rationalis medici, de tuenda sanitate ad Antigonum regem, Libellus vere aureus, Albano Torino interprete. Basel: Heinrich Petri März 1541. Fol.

Neudruck der freien lateinischen Bearbeitung des Werkes des Alexander von Tralleis durch Torinus nach deren Ausgabe bei Petri von 1533 (GG 358), immer noch sieben Jahre vor Erscheinen des ersten griechischen Drukkes und damit auch des vollständigen Textes. Leicht bearbeitet, aber durch kleineren Satzspiegel von 342 auf 411 Seiten angewachsen. Hinzugekommen ist, im Vorspann zwischen Widmung und Elenchus (Index) auf a4 r° - a6 v° nachträglich untergebracht, eine Übersetzung einer kleinen volksmedizinischen Schrift über Krankheitsprophylaxe, hier als Brief des Diokles von Karysthos (auf Euböa) an König Gonatas nach einem Zweig der Überlieferung aufgenommen. Ausser als Brief dieses nach Hippokrates bedeutendsten griechischen Arztes, der im 4. Jahrhundert v. Chr. in Athen gewirkt hat, ist er auch als Brief des Hippokrates selber an König Antiochos und Ptolemaeus überliefert, schon im 5. Jahrhundert lateinisch bekannt und schon im 13./l4. Jahrhundert auch ins Deutsche übersetzt worden. Die Unechtheit des populären Handbüchleins hat 1955 Felix Heinimann nachgewiesen. Unser Druck wäre der erste Druck einer Schrift dieses bedeutenden frühen Arztes gewesen, und bis ins 19. Jahrhundert ist von "ihm" praktisch nur dieser Brief lateinisch, 1551 deutsch und von 159l an auch griechisch gedruckt worden: eine Sammlung seiner nur fragmentarisch erhaltenen echten Werke ist erst 1820 erschienen.

Albanus Torinus hat den Druck am 28. Februar 1541 dem Provinzial des Deutschritterordens für Burgund und Elsass Wernher von Rischach gewidmet; der Widmung hat er noch einen kleinen Hinweis auf den Abdruck des Diokles-Briefes folgen lassen: der Drucker habe geklagt, dass - auf der Lage der Widmung, die man offenbar länger erwartet hatte (mit dem Druck des Index hatte man auf b ff. offenbar schon begonnen) - Seiten "sonst leer blieben", und statt diese mit leerem Tand zu füllen, habe er es sinnvoll gefunden, dem Buch über Krankheitsbehandlung als Gegenstück die kleine Schrift über Krankheitsvorbeugung vorauszuschicken.

In seiner Widmung geht Torinus von seiner Tätigkeit als Arzt aus. Als er vor einigen Jahren, zur Behandlung des edlen Johann Rudolf von Reinach gerufen, etwa einen Monat in Freiburg geweilt habe, habe er die kirchlichen und weltlichen Herren, die ihn besucht hätten, gefragt, wo sie getafelt hätten: im Deutschritterhaus, beim ehrwürdigen gütigen und grosszügigen sowie gebildeten Herrn Werner von Rischach. Darauf habe ihn danach verlangt, diesen kennenzulernen. Wenige Monate später an ein anderes Krankenbett gerufen, habe er wieder sein Lob verkünden hören und den gebildeten Arzt Joachim Schiller nach ihm gefragt - den er seit spätestens 1531 gekannt hat. Da habe er sein höchstes Lob gehört, auch von seiner Bescheidenheit und seinem grosszügigen Mäzenatentum in dieser den Wissenschaften gegenüber gleichgültigen Zeit. Und schliesslich, dass er, was er auch von andern erfahren habe, während seiner Behandlung Friedrich von Honbergs die Leitung der Provinz übernehmen und alles in gute Ordnung bringen werde. Freiherr Werner von Reischach, Sohn Bilgerinns II. von Reischach zu Hohenstoffeln, hatte sich 1518 in Freiburg, 1519 in Ingolstadt, 1529 in Dôle immatrikuliert, war 1537 Komtur von Freiburg und 1540 Landeskomtur von Elsass und Burgund in Altshausen geworden, wo er auch 1549 gestorben ist. Friedrich von Honberg/Homberg/Homburg war von 1534 an in Mainau, dann in Beuggen, 1540 Komtur in Strassburg, 1542-1544 und 1548 bis zu seinem Tod 1551 wieder in Beuggen. Dem überschwenglichen rhetorischen Lob folgt eine kurze Einführung in Leben und Werk Alexanders von Tralleis: seine Herkunft aus Lydien, seine Hippokrates-Studien in der "curativa" (Therapeutik, praktische Medizin), seine Studienreisen nach Griechenland, Italien, Gallien, Spanien usw., auf denen er sich nicht gescheut habe, auch von Bauern und alten Frauen zu lernen. Da er dessen Werk wegen seines ehrwürdigen Alters und seines wertvollen medizinischen Inhalts für eine Publikation höchst wert gehalten, es aber völlig verwahrlost überliefert gefunden habe, habe er es mit allen chirurgischen Mitteln zu heilen gesucht. Dies werde feststellen, wer die alte, völlig barbarische Übersetzung konsultiere. Die allein habe er für seine Paraphrase benützt, aber in handschriftlicher wie in gedruckter Form, beide von gleich schrecklicher Qualität, die handschriftliche immerhin etwas ergiebiger. Von einer griechischen Handschrift habe er ein Fragment von dem griechisch und lateinisch gebildeten Arzt Epiphanius aus Venedig, dem Sohn des Alexander Benedictus - dessen Pestschrift er 1531 dem Druck Joachim Schillers bei Petri beigegeben hatte - erhalten, doch sei dieses, neben Schäden überall, ohne Anfang und Ende und in der Mitte lückenhaft, zudem oft unleserlich gewesen. So ediere er das Werk nach unsäglichen Mühen nicht so gut, wie er gewollt habe, doch so gut er könne. Dennoch werde er Verleumder finden, wie ja sogar Homer in Zoilus, wie Theophrast, was ihn dabei tröste. Er hoffe, dass sein Patron einmal Zeit finde, es zu lesen; und wenn dieser es nützlich finde, würden ihn alle Sykophanten nicht kümmern.

Geschenk des Torinus an Werner von Rischach in Prachteinband mit Rankeneinfassung und achtzeiliger Widmung in Goldprägung, dann in Besitz des Sigismund von Hornstain, Domherr in Konstanz 1566-1609, laut einem Epigramm "Liber ad Lectorem" von dessen "Lehrer" Valentin Butzlius vom 29. Januar 1554 im vordern Deckel, dann 1652 Remigius Faesch (Emptus a Remigio bibliopego A. 1652. 6. assibus): L g I 2

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Lg I 2

Illustrationen

Buchseite

Vorderseite des Bucheinbandes mit Rankeneinfassung und achtzeiliger Widmung in Goldprägung.

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Titelseite

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2ar: Vorrede des Übersetzers Albanus Torinus, mit Widmung vom 28. Februar 1541 an Wernher von Rischach, Provinzial des Deutschritterordens für Burgund und Elsass, 1. Seite.

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2av: Vorrede, 2. Seite.

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3ar: Vorrede, 3. Seite.

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3av: Vorrede, 4. Seite, und kurzer Hinweis auf den Abdruck des Diokles-Briefes.

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4ar: Beginn der Schrift über Krankheitsprophylaxe, hier als Brief des Diokles von Karysthos aufgenommen.

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1Ar: Beginn der Paraphrase des Werkes des Alexanders Trallianus durch Albanus Torinus.

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4Mmr: Kolophon

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4Mmv: Druckermarke von Petri.