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Divi Gregorii Nazianzeni Episcopi, Theologi, Graeca quaedam & sancta Carmina: Cum Latina Ioannis Langi Silesij interpretatione. Et eiusdem Ioan. Langi Poemata aliquot Christiana: magna cum acceszione, nunc primum edita... Vas electionis & puteus profundus, os dico Christi, Gregorium. Basilius Magnus. Basel: Johannes Oporin März 1567. 8°.
Eine Kirchenvaterausgabe mit Übersetzung aus dem reformierten, 1567 gerade eher lutherischen Basel, die mitten in innerkatholische Streitigkeiten hineinführt: Im Jahre 1561 war bei Johannes Oporin eine Auswahl von religiösen Gedichten Gregors von Nazianz mit Übersetzung des schlesischen Gelehrten, Dichters und Staatsmanns Johannes Lange (1503-1567) erschienen, ein Bändchen von 240 Seiten. Neben den Gedichten Gregors enthielt es lateinische Gedichte Langes selber, auch schon den hier erst auf S. 497ff. abgedruckten Johannes Baptista Decollatus und eine erste Defensio (Verteidigungsschrift) gegen den inzwischen 1564 gestorbenen Theologen Friedrich Staphylus - zuerst 1546-1551 protestantisch in Königsberg (wo er den reformierten niederländischen Humanisten Guilielmus Gnapheus exkommunizieren liess), dann, nach Konversion 1552 und verschiedenen bischöflichen und kaiserlichen Diensten, 1560-1564 für Geschichte, Humaniora und Theologie, vor allem aber für eine jesuitische Reformation der Universität in Ingolstadt -, der hier zusätzlich eine zweite folgt.
Lange, nach Studien in Krakau und Wien, Schul- und Stadtschreiberdienst sowie von 1536 bis 1557 in diplomatischem Dienst als Sekretär, dann Kanzler der Bischöfe von Breslau Jacob von Salza und Balthasar von Promnitz, hat diese zweite, stark auf 526 Seiten erweiterte Ausgabe (S. 209-490 nimmt, mit allein einer Praefatio in Versen und Prosa an Kaiser Ferdinand von über 35 Seiten, die Defensio II ein: Gloriae carnis Filii Dei Domini nostri Jesu Christi adversus Fridericum Staphylum, qui illam perpetuam esse dicit creaturam...Altera catholica, Sacrarum literarum atque sanctorum Patrum sententijs plenius confirmata Defensio) im Jahre 1565 aus Schweidnitz, wohin er sich 1557 zu Gelehrsamkeit und Übersetzungen zurückgezogen hatte, dem Drucker des Büchleins, Oporin, gewidmet: Nach dem Erscheinen einiger Gedichte Gregors von Nazianz mit seinen Übersetzungen vor fünf Jahren in seiner Offizin, beginnt er die Widmung mit einem Hinweis auf die frühere Ausgabe, habe es, wie erwartet, unterschiedlichste Ansichten gegeben. Er habe jenen einige eigene lateinische Gedichte beigefügt gehabt, verfasst allein um nach bestem Können den Leib des Herrn, der von gewissen Missgestaltern (deformatores) ihrer Religion in Zweifel gezogen werde, zu beschützen, über seine Meinung zu den heiligen Schriften und die allgemeine Einigkeit (catholicus consensus) der alten Theologen. In einigen habe er auch die Summe des Christentums kurz auszudrücken versucht und dafür grossen Dank von denen erhofft, die für besonders katholisch und orthodox gehalten werden wollten, zumal er die Verse gegen Friedrich Staphylus, der den Menschensohn zum gewöhnlichen Menschen mache, dem verehrten Bischof von Breslau Balthasar von Promnitz (d.h. seinem ehemaligen Herrn), dem gesetzlichen Richter über die geistlichen Dinge bei ihnen, zur Beurteilung vorgelegt gehabt habe. Einige hätten den Lobpreis Gregors durch Basilius, der ihn einen tiefen Brunnen und einen Mund Christi nenne, auf der Titelseite (wie auch hier wieder) als ungerecht und lächerlich getadelt, da sie wohl Gregor entweder gar nicht oder nur oberflächlich gelesen und nicht verstanden hätten. Vor allem sei das Urteil der genannten Katholischen und Orthodoxen, darunter einiger Freunde, ganz anders als erwartet ausgefallen. Sie hätten seine ganze Arbeit vernichtet sehen wollen. Und Gregor und die übrigen Kirchenväter, die er als Beleg für seine Verse beigefügt habe, hätten für die sogenannte Unpassendheit oder gar Sünde seiner Gedichte einstehen müssen (auch jetzt finden sich ausführliche Kommentare mit Belegstellen in die Gedichte eingestreut, dazu marginale Belegangaben). Hier habe Oporin wissen wollen, in wessen Befolgung die ernsthaften und ehrbaren Männer das gewollt hätten; vielleicht halte er sie für Anhänger der selben Ketzerei wie Staphylus. Das treffe kaum zu. Auch nach zwei Entgegnungen (wohl die hier nun auf S. 147-198 als Defensio I bezeichnete Gloriae Domini Dei et Salvatoris nostri Iesu Christi, ad dexteram Dei patris sedentis, adversus Friderichum Staphylum, qui carnem eius gloriosam creaturam esse vult... Catholica & Orthodoxa Defensio und die Adversus calumniosam Friderici Staphyli aspersionem Ioannis Langi Spongia auf S. 198-207) habe er ihn wieder herausgefordert. So habe er eine dritte kleine Schrift verfasst, die gewiss in seine Hände gelangt sei, eine zweite Defensio Gloriae Carnis Christi; diese sende er ihm hier in erweiterter Form. Er habe sie lange nicht mehr publizieren wollen, da Staphylus gestorben sei. Wenn er zuvor bereut hätte, würden ihm seine Aussagen gegen den Sohn Gottes von diesem vergeben. Und was seine Person betreffe, könnte diese dritte Verteidigungsschrift mit den zwei vorangehenden ungedruckt bleiben. Doch ein Christenmensch müsse sich mehr nach dem Ruhm des Sohnes Gottes als nach irgendeinem Menschen richten. Man müsse die grosse Zahl derer, die dem ketzerischen Irrtum, dass der Mensch Christus eine Kreatur sei, anhingen, auf den rechten Weg zurückführen. Darum sei es nützlich, ja nötig, dass es in den Kirchen Gottes in dieser Endzeit Zeugnisse dieser katholischen und orthodoxen Lehre gebe. Er habe Lehrsätze alter und neuerer Kirchenlehrer in jambische Verse gefasst und die Sätze dazugestellt. Er hoffe, dass Theologen höheren Ranges auf diesen Anstoss hin das ganze Problem vollkommener behandelten, zum Ruhme Gottes und zum Heil der Kirche. Er vertraue das Werk Oporin an und bitte ihn brüderlich, diese zweite umfangreichere Verteidigung des Ruhms des Leibes Christi zusammen mit den vorangehenden und den kleinen Schriften Gregors und seiner selber griechisch und lateinisch, wieder ihm gewidmet in seiner Offizin gewissenhaft und fehlerfrei zu drucken - was Oporin im Todesjahr Langes getan hat, mit allen Widmungen der Einzelwerke des Konglomerats in Versen und Prosa an Kaiser Ferdinand (an ihn auch die Übersetzungen aus Jesaias, Hesiod und Solon unter dem Titel De corruptis iudiciis, et cladibus in Rempublicam inde provenientibus über die Verkommenheit der Gerichte und deren Folgen für die Staaten), seinen Rat Martin a Gusman, den Krakauer Arzt Jan Antonin.
F K IX 17 Nr. 1 (in diesem Exemplar findet sich zwischen S. 124 und 125 ein "124" paginierter Holzschnitt der drei "Charites. Gratiae. Gnaddanckbarehuld" eingebunden; Anlass könnte höchstens die Erwähnung des "propheticum charisma", das die Propheten für ihre Prophezeiungen bekommen hätten, in Langes Gedicht über den Erlöser Christus gegeben haben; da er sich aber weder im Exemplar des Frey-Grynaeums noch in demjenigen in Wolfenbüttel findet, dürfte er Zutat eines frühen Besitzers sein). Ein zweites Exemplar im Frey-Grynaeum: Frey-Gryn. B VI 1.
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Signatur: FK IX 17:1