GG 444
Grēgoriou tou Nazianzēnou tou Theologou Apanta, ta mechri nyn men heuriskomena... Tou autou bios... Basel:Johannes Herwagen Boedromion/September 1550. Fol.
Divi Gregorii Theologi, Episcopi Nazianzeni Opera, quae quidem extant, omnia, tam soluta quam pedestri oratione conscripta, partim quidam iam olim, partim vero nunc primum etiam e Greco in Latinum conversa... Basel: Johannes Herwagen September 1550. Fol.
Erst 1504 ist der erste Druck eines Werkes "des Theologen", Gregors von Nazianz, erschienen: bei Aldus Manutius seine Gedichte mit lateinischer Übersetzung des Manutius selber. Es folgten weitere Drucke von Werkgruppen bei Manutius 1516 und seinen Erben 1536, Drucke der Briefe und einzelner Schriften an verschiedenen Orten. Auch von lateinischen Übersetzungen waren bis 1550 nur wenige Auswahlausgaben erschienen: nach der zweisprachigen Aldina von 1504 1508 bei Johannes Knoblouch in Strassburg, 1519 in Augsburg (Übersetzer: Johannes Oecolampad), 1521 und 1528 in Nürnberg, 1531 in Basel bei Froben (GG 443), 1532 in Paris, daneben verschiedene Drucke von Einzelschriften. 1550 erscheinen nun gleichzeitig auf die Frankfurter Herbstmesse hin bei Herwagen zwei Gesamtausgaben: im griechischen Original wie in lateinischer Übersetzung, die schon bisher lateinisch erschienenen Schriften durch neue Übersetzungen des Herausgebers ergänzt. Die Übersetzung der Tragoedia Christus patiens stammt vom Zürcher Schulmeister Sebastian Guldenbeck, 1535 Provisor der Schule zum Grossmünster, seit 1541 oder 1547 Schulmeister an der Untern Schule des Fraumünsters, der 1564, ein Jahr vor seinem Tod, den Auftrag erhielt, eine neue Grammatik (lateinisch!) zu verfassen. Herausgeber ist Wolfgang Musculus, der schon von Augsburg aus für Herwagen Johannes Chrysostomus übersetzt hat, seit 1549 Professor der Theologie in Bern. Die Drucke widmet er, im Vorspann der lateinischen Ausgabe, Rat und Bürgermeister seiner vorangehenden Wirkungsstätte, Augsburg. In der griechischen Ausgabe findet sich, ausser der Übersetzung der voranstehenden griechischen Gregor-Vita des Sophronios durch Hieronymus, einer solchen des Volaterranus und der "Beurteilung" des Erasmus, einem Abschnitt aus seiner Widmung von 1531, keine lateinische Silbe, Impressa auf Titel und Schlussblatt inbegriffen.
In der Zerstrittenheit der Christen, beginnt Musculus seine Widmung von Bern, 16. Mai 1550, und meint damit seine Gegenwart, bleibe einem nichts, als Gott um Frieden für die Kirche zu bitten. Dass er solches tue, ersehe man aus seiner eigenen Tätigkeit wie aus der Übersetzung der Schriften der rechtgläubigen Väter. Daher habe er, als der Drucker Johannes Herwagen die Werke Gregors von Nazianz herauszubringen beschlossen und ihn freundschaftlich um seine Mitarbeit gebeten habe, gern sein möglichstes dafür getan, da er mit diesem Autor niemand habe verletzen können. Es habe nicht wenig Arbeit gebraucht. Obwohl, abgesehen von dem wenigen des Ruffinus, schon vieles durch Bilibald Pirckheimer und Petrus Mosellanus (die beiden Nürnberger und der Basler Druck von 1531, bzw. Köln 1518) übersetzt gewesen sei (nicht erwähnt er hier die Carmina, die - lateinisch auch hier in der Übersetzung des Manutius - in beiden Ausgaben den Schluss bilden), hätten zwei zwar alte, aber vielerorts korrumpierte griechische Handschriften viele Mühe bereitet. Sorgfältige Kollation und scharfsinniges Urteil seien nötig gewesen. Das habe der Drucker durchgeführt. Dann habe er, Musculus, noch einige neue Übersetzungen beigebracht. Schliesslich habe er für den Leser eine gewisse Ordnung der Schriften eingeführt. Über die Bedeutung des Autors hätten schon andere geschrieben; nur eines wolle er hervorheben: Wer Gregor oder verwandte Autoren lese, lerne zwischen ewiger Wahrheit und für die Kirche einer gewissen Zeit Geschriebenem unterscheiden, zwischen den kanonischen Autoren - Propheten, Apostel, Evangelisten - und andern Zeitgenossen, die Christus nicht gekannt hätten. Diese Unterscheidung hätten sogar Kirchenväter selber empfohlen, wie z. B. Augustinus: Wenn er nämlich dort etwas finde, was der Wahrheit widerspreche, so stamme das aus einem Fehler der Überlieferung, einem Missverständnis des Übersetzers oder seiner selbst. Bei andern Autoren müsse man für wahr halten, was mit den kanonischen Büchern übereinstimme. Er habe öfters gewarnt, seine Aussagen als kanonisch zu betrachten. - Die Lektüre der Kirchenväter sei heute beliebt; man müsse aber eben bei ihnen zwischen Aussagen, die auf kanonische Quellen zurückgingen, und solchen aus allgemeinen oder subjektiven Meinungen heraus unterscheiden. Es sei weder alles Alte nur seines Alters wegen schlecht noch sei es darum gut. Und die selbe Vorsicht brauche es gegenüber den zeitgenössischen Autoren. Jeder irre irgendwann. - Den Behörden Augsburgs aber widme er das Werk, weil er den grössten Teil seiner Arbeiten dieser Stadt verdanke, die ihn 18 Jahre ernährt habe: aus Dankbarkeit, aber auch um sie damit zu ermuntern, die hervorragenden alten griechischen Handschriften ihrer Bibliothek nicht den Motten und Würmern, sondern der Öffentlichkeit nutzbar zu machen. Denn was nütze ein noch so grosser Schatz, wenn er verschlossen und verborgen - begraben - bleibe. Es gebe darunter viele, die auch eine aufwendige Ausgabe, eine Auflage von tausend Exemplaren verdienten. Daran habe man auch gedacht, als man sie seinerzeit teuer gekauft habe. Er hoffe, Gregor werde bei ihnen seine Landsleute zum Leben erwecken. Gelehrte, die beide Sprachen beherrschten, gebe es jetzt genug, auch bei ihnen; sein Freund Xystus Betuleius könnte da sehr viel leisten. Er dürfte es auch gerne tun.
Exemplar Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis: F J III 3a Nr. l bzw. 2
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: FJ III 3a:1 | FJ III 3a:2