GG 14
Io. Frobenius studiosis omnibus S. D. Accipito candide lector, Erasmi Roterodami proverbiorum Chiliadas, rursum ab ipso non aestimandis sudoribus recognitas, & ex probatissimis autoribus sic locupletatas, ut superioris aeditionis summae, fere quarta pars accesserit... Basel: Johannes Froben 1515. Fol.
Io. Frobenius Lectori S. Accipe studiose lector obvijs (quod aiunt) manibus Proverbiorum Erasmi Roterodami Chiliadas, sic ab autore nuper auctas, ut operi supra priores evulgationes plus quam quarta pars accesserit. Equidem hanc novissimam aeditionem cunctis impendio profuturam credimus, tum quod sit oppido quam castigata, tum quod ob novam accessionem ex optimis autoribus affatim sit locupletata... Basel: Johannes Froben 1515. Fol.
Das Exemplar der Adagia von 1508, das Erasmus für Badius Ascensius bestimmt hatte, war nach Basel gelangt; als er dies bemerkt hatte, tröstete er sich damit, dass er noch ein solches, sogar mit mehr Ergänzungen für eine neue Ausgabe, besässe - wie man auch in solchen Fällen damals nicht neue Manuskripte anfertigte, sondern jeweils die letzte Ausgabe handschriftlich korrigierte und ergänzte, notfalls durch eingefügte zusätzliche Blätter (je ein solches Exemplar der Adagia von 1523 und von 1526 ist erhalten). Dieses hat er vermutlich auch nach Basel mitgebracht, und 1515 erschien dann bei Froben - mit zwei verschiedenen Formulierungen des Titeltextes - eine stark erweiterte neue Ausgabe der Sprichwörter, die ihr Autor schon in England vorbereitet hatte, mit einer Vorrede, die er ebenfalls schon in London am 5. Januar 1513 verfasst hatte, allerdings noch durch einen kleinen Hinweis auf Frobens Druck von 1513 (GG12) ergänzt hat. In dieser geht er auf die Entstehung des Werkes, zunächst in Paris, dann viel umfangreicher in Venedig ein, erwähnt neben dem Drucker Aldus Manutius dessen Mitarbeiter, seine Vorgänger im Sammeln von Sprichwörtern wie Zenobius und Apostolius Byzantius und seine Neuerungen für diese Ausgabe: auf mehrfachen Wunsch habe er weitere griechische Zitate ins Lateinische übersetzt, manche knappen Kommentare erweitert, Sprichwörter umgestellt, natürlich Druckfehler beseitigt, und, vor allem, durch diese Erweiterungen und neue Sprichwörter das Werk um fast ein Viertel wachsen lassen, wie es denn der Drucker auch im Titel zum Verkauf anpreist. Auch in einem kurzen Schlusswort weist Froben nochmals auf die Leistung des Autors hin, aber auch auf die seine: mit ganzer Kraft und allen Mitteln den Fleiss der Studiosi mit seinem Fleiss zu unterstützen, mit derartigen herrlichen Denkmälern sein Deutschland zu schmücken. Ihr Teil sei es nun, es ihm zu ermöglichen, weitere solche Werke zu publizieren. Der Druck von 1513 - entsprechend der Aldina von 1508 - hatte 3260 Sprichwörter auf 249 Blatt (498 Seiten) umfasst, die Ausgabe von 1515 enthält 3400 Sprichwörter auf 632 Seiten. Als extremes Beispiel für Umstellungen und Erweiterungen der Kommentare zu einzelnen Sprichwörtern: die "Sileni Alcibiadis" waren 1508/1513 Sprichwort Nr. 1706 auf Blatt 171 r° und umfassten knapp 4 1/2 Zeilen - 1515 finden wir sie als Nr. 2001 wieder auf S. 466-474: d.h. sie füllen über 8 Seiten mit insgesamt fast 450 Zeilen. Erasmus hat in ihnen einige Zeitkritik untergebracht. Beatus Rhenanus hat denn auch in der Druckerei durchgesetzt, dass dieses und die beiden andern umfangreichen zeitkritischen Adagia: Scarabaeus aquilam quaerit (Mistkäfer gegen Adler) und Dulce bellum inexpertis 1517 auch einzeln erscheinen konnten. Nach der Ausgabe der Adagia von 1515 sind in der Offizin Johannes Frobens, dann seiner Nachfolger noch sieben weitere, jedesmal von Erasmus vermehrte Ausgaben erschienen, die letzte im Todesjahr des Sammlers und Autors 1536: sie umfasst 4151 Adagien auf 1180 Seiten.
Auch für diese Ausgabe hat man - Froben und wohl vor allem Beatus Rhenanus - von Urs Graf eine besondere neue Titeleinfassung schaffen lassen: die zeigt - in Arkaden einer Wand eines Renaissancepalastes auf fünf Stockwerken - die griechischen und römischen Autoren, dazu zuoberst zwischen den beiden Heroen der ältesten Zeit, Homer und Hesiod, König Salomon: die Autoren, die Erasmus in der Sammlung der Sprichwörter am häufigsten zitiert hat, d.h. die bekanntesten Dichter, Redner, Historiker und Philosophen - Plato und Aristoteles gebührend direkt unter Salomon - in passenden Paaren und mit passenden Attributen (Hirten- oder feierlichen Musikinstrumenten, Büchern) und Gesten sich miteinander unterhaltend. Unten ein "beschlossener" sechseckiger Garten, wohl von der Vorstellung des Paradiesgartens mit Baum und Quellen, der nach Hrabanus Maurus die Kirche bedeutet, formal hergeleitet, hier jedoch als Garten der Dichtkunst oder Platons Garten der Philosophie zu verstehen, in dem unsere Autoren auch wandeln könnten.
Das Exemplar D B IV 13 aus Besitz des Engadiner Theologen und Politikers Caspar Alesch (Alexius, 1581-1626), Vorbesitzername getilgt, später Meyeri. Erstbesitzer bis 1525 vermutlich ein Mönch eines Zürcher Klosters, der in Basel (Einband!) studiert hat.
Das Exemplar D B IV 11 aus Besitz der Brüder Amerbach.
Illustrationen
Titelseite mit Einfassung von Urs Graf: Diese zeigt in Arkaden eines Renaissancepalastes diejenigen antiken Autoren, die Erasmus am häufigsten zitiert hat, in passenden Paaren sich unterhaltend und mit passenden Attributen versehen, dazu zuoberst in der Mitte König Salomon. Unten ein "beschlossener" sechseckiger Garten mit Baum und Quellen. Besitzervermerk der Brüder Amerbach.