GG 23

Homērou Odysseias bibloi A kai B

Homeri Ulysseae lib. I & II. Angeli Politiani in Homerum Praefatio. Basel: Andreas Cratander Juli 1520. 4°.

Der erste griechische Homerdruck - mit Ausnahme der nicht homerischen, damals noch als homerisch geltenden als Schullektüre verwendeten Batrachomyomachie (GG 19) und nach einem Strassburger Druck des ersten Buches der Ilias von 1516 - ausserhalb Italiens. Dort war allerdings schon Ende 1488 in Florenz die erste Ausgabe aller Gedichte erschienen, weitere Drucke 1504, 1517, 1519 in Venedig und Florenz, die Ilias 1517 in Rom. Auch diese ersten zwei Bücher hat Cratander als Stoff für die Schullektüre gedruckt, wie wir aus seiner kurzen Vorrede an den Leser erfahren: er habe zuerst die Dragmata (Oecolampads: wohl als seinen allerersten selbständigen Druck im September 1518 [GG 21]) als Grundlage, dann das Lexikon (März 1519 [GG 22]) zur Erlernung der Sprache, auch ohne Lehrer, gedruckt. Nun klagten nicht wenige über den Mangel an griechischen Autoren (bzw. Texten), in denen man, wie in einem Spiegel, sehen könne, was bisher in seiner Offizin erschienen sei (eben die Grammatik und den Wortschatz). Ausserdem hätten zwei in den bonae literae sehr bewanderte Männer, Caspar Hedio und Jacob Nepos, ihn inständig gebeten, ein homerisches Gedicht zu drucken. Hedio, später mit Wolfgang Fabritius Capito zusammen Reformator Strassburgs, war nach Studien in Freiburg zu deren Abschluss in Theologie 1518 nach Basel gekommen und zog mit Capito im Frühling 1520 nach Mainz; Jacob Näf aus Tettnang ist zuerst 1516 in Antwerpen als Famulus des Erasmus bekannt, seit Mai 1518 in Basel zuerst noch als Famulus des Erasmus, dann als Mitarbeiter Frobens an der zweiten Ausgabe des Neuen Testaments von 1519; im Frühjahr 1520 kündigt er an der Universität Homervorlesungen an und lehrt daneben privat Griechisch. So weist denn auch Cratander im folgenden auf Näfs Versprechen, auf Bitten von Studenten, hin, öffentlich darüber zu lesen. Darum habe er hier die ersten beiden Bücher der Odyssee in mittragbarer Form (in formam portatili) so mit Zeilenabständen gedruckt, dass er, der Leser bzw. Besitzer des Bändchens, was er aus dem Munde des Lehrers für notierenswert halte, zwischen die Zeilen schreiben könne, was beim Lernen sehr das Einprägen erleichtere; und er wolle auch die übrigen Bücher drucken, wenn er, der Leser, das für seinem Studium förderlich halte. Ausserdem habe er das Lob Homers, das alle sängen, in dessen elegantester Gestalt, nämlich aus der Feder des Politianus, beigefügt (Angelo Poliziano hatte 1485-1490 in Florenz Homervorlesungen gehalten, seine Praefatio in Homerum fand sich in den Gesamtausgaben seit der Aldina von 1498 abgedruckt. Bei Cratander ist kein Homerdruck mehr erschienen; die erste griechische Odyssee - ausserhalb der Gesamtausgaben - ist erst 1541 in Paris erschienen, W 79.

Die Titeleinfassung ist zusammengesetzt aus zwei Bordüren Hans Francks (oben und unten) mit fünf spielenden Knaben (einer in Affenfell gekleidet) bzw. drei Knaben im Kampf oder Spiel mit einem Seelöwen und einer Nereide und seitlich zwei nicht zugehörigen Horizontalleisten von Franz Gerster mit grotesken Figuren mit Vase bzw. geflügelten Putten mit Hüten. In Sammelbroschur mit anderen Griechischlehrbüchern aus dem Besitz Heinrich Pantaleons von 1542 (Interlinear- und Randnotizen von Pantaleon und Vorbesitzern, wie von Cratander vorgesehen): B c V 226 Nr. 3

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc V 226:3

Illustrationen

Buchseite

Titelseite mit zwei Bordüren (oben und unten) Hans Franks.

Buchseite

A1v: Vorrede Andreas Cratanders an den Leser.

Buchseite

1bv: Anfang der Odyssee.

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3hv: Kolophon.