GG 142
Hapanta Platōnos meth' Hypomnēmatōn Proklou eis ton Timaion, kai ta Politika, thēsaurou tēs palaias Philosophias megistou.
Platonis omnia opera cum commentariis Procli in Timaeum & Politica, thesauro veteris Philosophiae maximo... Basel: Johannes Walder März 1534. Fol.
1513 waren, nach zwei Drucken der lateinischen Übersetzung des Marsilius Ficinus in Florenz und Venedig schon im 15. Jahrhundert, die Werke Platons zum erstenmal in der Originalsprache erschienen, in Venedig bei Aldus Manutius. Hier liegt deren zweite Ausgabe vor - auch die dritte erschien wieder in Basel. Ihre Herausgeber, der Basler Professor für Griechisch Simon Grynaeus und sein jüngerer Kollege für Latein und dann 1536 sein Nachfolger - später Drucker - Johannes Oporin (1507-1568), haben zwar keine neuen Platonhandschriften zur Verfügung gehabt; dennoch wurde die Ausgabe bis ins letzte Jahrhundert sehr geschätzt: zahlreiche Fehler der Aldina sind darin verbessert, sie hat als erste einen griechischen Wort- und Sachindex erhalten - dazu die Vita Platons aus Diogenes Laertios und ein griechisches Gedicht des Musuros - und bringt schliesslich den Erstdruck zweier Kommentare des Proklos, zum Timaios und zur Politeia, nochmals 433 engbedruckte Grossfolioseiten zu den 690 Seiten des Platontexts hinzu.
Simon Grynaeus beginnt seine Widmung vom l. März 1534 an Johannes Morus (John More, 1508-1547), den einzigen Sohn des grossen englischen Humanisten und Staatsmanns Thomas Morus neben mehreren Töchtern, dem schon Erasmus 1531 die Aristotelesausgabe des Grynaeus gewidmet hatte, mit einem Protreptikos für die Philosophie, die das Höchste und Schönste für den Menschen sei, deren schwieriger Zugang ohne schnelle leichte "Gewinne" aber viele von ihr abhalte. Doch allein sie habe den Menschen die Welt erschlossen, Himmel, Erde und Meere, habe Hitze und Kälte, den schrecklichen Kampf der Elemente erkennen gelehrt, die Tiere und Pflanzen und deren Nutzen, den menschlichen Körper und die Medizin, die Künste, die nicht zum Nutzen, sondern zur Würde des Menschen führten. Durch die Betrachtung all dessen führe sie den Menschen zur Weisheit, zur Selbsterkenntnis, zur Kommunikation der Erkenntnisse. Dem lässt Grynaeus eine Psychologie der Erkenntnis und eine Lobpreisung der göttlichen Gabe der Philosophie folgen. Doch da nun ihre Denkmäler haufenweise ans Licht kämen, nähere man sich ihnen unbedacht oder gehe ihnen bequem aus dem Weg. Sie auszugraben und allgemein zu verbreiten gebe er sich alle Mühe. So mit dieser neuen Ausgabe der Werke Platons, mit den Kommentaren des Proclus zu den wichtigsten Teilen, die er verdienterweise ihm widme. Drei Jahre sei es nun her, dass er - nach langjährigem Wunsch - England mit seinen alten Bücherschätzen besucht und auf Empfehlung des Erasmus von ihm und seinem Vater freundlichst aufgenommen worden sei, der, auch im Glauben tolerant, ihm den jungen Harris als Reisebegleiter gegeben und in Oxford alle Pforten geöffnet habe. Besonders der gelehrte John Claymond (der Vorsteher des Corpus Christi College) habe ihn zu Proclus-Handschriften geführt und aus den etwa zwanzig Bibliotheken so viele mitgegeben, wie er in ein, zwei Jahren herausgeben könne, und sein Vater habe ihn mit diesem glücklichen Fund und reich beschenkt verabschiedet. So sehe er sich verpflichtet, diesen Druck mit den Kommentaren zum Dank ihm zu widmen, der durch seinen Vater und seine in allen Wissenschaften gebildeten Schwestern (sie sind alle älter) bestens eingeführt sei. Platons Schriften seien hier aber nicht nur, die wichtigsten, kommentiert, sondern durch seinen jungen, des Lateins wie des Griechischen kundigen Johannes Oporin in seinem Auftrag sorgfältig und gewissenhaft verbessert worden.
Exemplar aus Besitz des Martin Borrhaus: B c II 87. Dass die Kommentare des Proklos auch für sich besessen werden konnten, zeigt deren zweites Basler Exemplar, das mit Walders Athenaios von 1535 zusammengebunden ist: B c I 37 Nr. 2.