GG 143
Hapanta Platōnos pros ta palaiotata archetypa meta pasēs akribeias epanorthōmena.
Platonis Omnia Opera, ex vetustissimorum exemplarium collatione multo nunc quam antea emendatiora... Basel: Heinrich Petri März 1556. Fol.
1513 war bei Aldus Manutius in Venedig, nach zwei Drucken der lateinischen Übersetzung Marsilio Ficinos in Florenz 1481/85 und Venedig 1491, die vermutlich erste griechische Gesamtausgabe der Schriften des Philosophen, wie er genannt wurde, Platos, erschienen. Der nächste Druck war in Basel erfolgt, unter Benützung neuer Handschriften durch Simon Grynaeus und Johannes Oporin, bei Johannes Walder (GG 142). Beide Drucke sind recht dicke, schwere und gewiss damals kostspielige Foliobände.
Über die Grundlagen und die Entstehung der hier vorliegenden dritten Ausgabe, sowie die verlegerischen Gedanken, orientiert in seiner Widmung vom 1. März 1566 der Herausgeber Marcus Hopper, Schwiegersohn Petris und in diesen Jahren Professor der Physik, zuvor des Griechischen und der Logik. Diese richtet sich an den damals einunddreissigjährigen und noch seinen juristischen Studien in Bologna und Bourges obliegenden Basilius Amerbach: In einer Ausgabe eines fremden Werkes lobe man üblicherweise dessen Würde und Erhabenheit, die Gattung und die Grösse des Stils, Inhalt und Teile des Werkes; doch über Plato gebe es bereits genug Lobreden berufenster Männer, Zusammenfassungen, Abhandlungen über die Titel, über Anzahl, Reihenfolge, Echtheit, Einordnung in philosophische Gattungen, bei Diogenes Laertius wie nun bei Marsilio Ficino. Was man sonst Nützliches über Plato wissen müsse, finde man neuerdings bei Christophorus Mylaeus im fünften Buch seines Werkes De Rerum universitate, dessen Lob Platos er hier im Anschluss an die Vorrede abdrucken lasse. Zum Lob der Philosophie verweist er darauf auf Platos Timaeus selber, auf Sokrates, Cicero und Lukrez, deren Worte er anführt. So bleibe nur, die neue Ausgabe zu empfehlen. Wie gelehrt und sorgfältig Simon Grynaeus und Oporin auch die ihre von 1534 bei Walder ediert hätten, wie gut sie nach den Handschriften, die ihnen zur Verfügung gestanden, den Text auch hergestellt hätten, die neue sei, dank — wiederum — neuen Handschriften, dennoch um vieles korrekter und vollkommener, was er keineswegs als Tadel an seine Vorgänger verstanden haben möchte. Denn der zur Entdeckung, Sicherstellung und Wiederherstellung guter Autoren geradezu geborene Arnoldus Arlenius habe in den vergangenen Jahren in Italien verschiedene Plato-Handschriften gefunden und mit der Walderschen Ausgabe (der auch die Aldina entspreche) zu vergleichen begonnen. Als er diese an zahlreichen Stellen mit den Handschriften nicht übereinstimmen gesehen habe, auch dass einiges im Druck fehle, habe er "von Kopf bis Fuss alle Fehler, die ihm begegnet seien, korrigiert und gekennzeichnet, so viel er vermocht" habe: Lücken, Zusätze, Vertauschungen, Umstellungen, über tausend an der Zahl. Dies könne er bezeugen, denn er habe eigenhändig alle diese Stellen aus der Handschrift des Arlenius in den Druck übertragen, der die Vorlage für den Setzer bilden sollte. Worauf Hopper eine Anzahl Beispiele angeführt hat, nur Beispiele, die den Sinn verkehren würden. Nochmals wiederholt er, dass er hiermit nicht die Leistung seiner Vorgänger herabmindern wolle — was Hopper auch zu glauben ist — sondern nur die Art des Unterschiedes der neuen gegenüber der, bzw. den älteren Ausgaben deutlicher machen; und die angestrengte und sorgfältige Arbeit des Arlenius nach Verdienst herausheben, der sich seit vielen Jahren ohne Rücksicht auf Kosten und Mühen unermüdlich der Förderung der Wissenschaften, der Veröffentlichung noch unbekannter Autoren und Schriften widme: die ganze literatorum cohors sei ihm dafür zu grossem Dank verpflichtet. Arlenius hatte von Italien aus vom Dezember 1555 bis März 1556 in Basel geweilt, Petri diese Vorlagen und weitere gebracht; seine hier von Hopper betreute Ausgabe bei Petri wurde denn auch diejenige, welche die Grundlage für alle folgenden bis ins neunzehnte Jahrhundert gebildet hat. Sodann weist Hopper auf einen verlegerischen Entscheid hin, der zusätzlich durch weitere Handschriften des Arlenius nahegelegt wurde: Um die Ausgabe auch für weniger Bemittelte erschwinglicher zu machen, habe man die Kommentare des Proclus zu Timaeus und Respublica "weggeschnitten" (gegenüber der Druckvorlage Walders) und nur Platos Text gedruckt; so seien Preis und Gewicht des Drucks gegenüber seinem Vorgänger um einiges reduziert worden. Das dürfe aber nicht als Werturteil über Proclus missverstanden werden; denn auch das solle Amerbach wissen: Arlenius habe noch ausser seinem schon riesigen Gepäck an anderen neuen Büchern auch einige Bände griechischer Kommentare zum vorliegenden Philosophen, die er in vornehmeren italienischen Bibliotheken habe erlangen können, seinem Schwiegervater Heinrich Petri übergeben. Die werde dieser (so Gott wolle sehr bald) drucken und ihnen die andern von Proclus, Hermias, Damascius, Olympiodor, Theon von Smyrna beigesellen, von denen er eine ganze Anzahl besitze. Die Widmung aber erfolge zum Dank ihm, seinem Vater und seinem Schwager Ulrich Iselin, dem berühmten Professor an der Universität, zum Dank für ihre öffentlichen — Staat und Universität — und privaten Leistungen und Gunstbezeigungen. Dann aber auch für seinen eigenen literarum amor, der verspreche, dass er einst eine ebensolche Zierde der Universität und der Stadt werde wie sein Vater. Die Mitwirkung des Arlenius und die für den Kommentardruck von Arlenius Petri übergebenen Handschriften, die sich z. T. noch heute in Basel befinden, hat B.R. Jenny 1964 in seinem Aufsatz "Arlenius in Basel" ausführlich untersucht.
Aus Museum Rem. Faesch, von Remigius Faesch erworben im März 1656: Bc II 88
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc II 88