GG 146
Xenophōntos hapanta.
Xenophontis oratoris et historici, propter synceram & melle dulciorem Attici sermonis gratiam, veterum omnium iudicio longe clarissimi, opera, quae quidem graece extant, omnia, duobus tomis distincta, ac nunc primum a Seb. Castalione a mendis quamplurimis repurgata, & quam fieri potuit accuratissime recognita... Basel: Michael Isingrin [um 1548]. 2 Bde. 8°.
1545 war der französische reformierte Glaubensflüchtling Sebastian Castellio nach Zerwürfnis mit Johannes Calvin wegen dessen wachsender kirchlicher Intoleranz nach Basel übergesiedelt, im September 1545 erschien dann auch in der zweisprachigen Xenophonausgabe des Albanus Torinus bei Nicolaus Brylinger (GG 145) eine erste Übersetzung einer Schrift Xenophons aus seiner Feder. Für diesen für die Jugend so geeignet scheinenden Autor ist den ersten Basler Drucken, nach den ersten griechischen Gesamtausgaben von Florenz 1516 und 1527 und Venedig 1525, schon ein anderer Drucker im deutschen Sprachgebiet zuvorgekommen: 1540 Peter Braubach in Schwäbisch Hall, wo dieser später bedeutende Frankfurter Drucker nach seiner Hagenauer Tätigkeit von 1536 bis 1540 tätig war. Der unsorgfältige Nachdruck der zweiten Giuntina von 1526 erschien mit einer Widmung Philipp Melanchthons an den Königlichen Rat Antoine Du Bellay, Herr von Langey: Humanist und Mäzen, Vorkämpfer, im Einverständnis mit seinem Herrn Franz I. gegen die Sorbonne, für konfessionelle Toleranz in Frankreich, Gesandter beim Schmalkaldenschen Bund, der nicht nur die Lutheraner in Frankreich beschützte, sondern sich auch bei Melanchthon und Bucer um lutherische Theologen für Frankreich bemühte.
Die im selben Oktavformat erscheinende, doch textlich verbesserte zweibändige Basler Ausgabe Castellios wird kurz durch den Drucker selber eingeführt: Als Sebastian Castellio, der wie kaum ein Zeitgenosse Latein und Griechisch sicher beherrsche, ihm die Werke Xenophons mehrmals zum Druck angeboten habe, die er seinen Schülern schon lange immer wieder vorgetragen habe und von dem er bei seiner wiederholten Lektüre eine an vielen Stellen teils durch Alter, teils durch die Sorglosigkeit der librarii - der früheren Kopisten wie nun der Drucker - verderbte Vorlage (exemplar, hier wohl ein Exemplar des Drucks Braubachs) wiederhergestellt gehabt habe, da habe er schliesslich den Bitten des Freundes willfahren, obwohl durch andere Arbeiten voll ausgelastet (und obwohl erst 1545 bei Brylinger eine Ausgabe erschienen war, muss man wohl hinzufügen, was wohl auch der Grund seines anfänglichen Zögerns gewesen sein dürfte: multoties hatte ihm Castellio seinen Text anbieten müssen). Denn darin sehe er vor allem seine Pflicht: nichts zu unterlassen, was zum Fortschritt der Studien beitrage. Als er erkannt habe, dass das mit Xenophon der Fall wäre, da er wegen der schlichten Liebenswürdigkeit seiner Sprache, an der sich sogar Cicero erfreut habe, den Namen einer attischen Muse verdient habe, habe er entschieden, ihn zu drucken, als einen für alle studiosi der griechischen Sprache unumgänglichen Autor, ohne den kaum einer zum erwünschten Ziel seiner Studien gelangen könne. Da aber betreffend Empfehlung und Nutzen des Autors Philipp Melanchthon, eine einzigartige Zierde Deutschlands, schon früher wie immer beredt geschrieben habe (1540: s. oben), brauche er nicht breiter zu werden. Nur soviel, er biete ihm Xenophon verbessert und, soweit ihm möglich gewesen, vollständig.
In seiner um einiges umfangreicheren Widmungsvorrede von 1540 - Lob und Empfehlung des Autors, deren Gewicht durch die Person des Autors zuliebe vielleicht gar Isingrin Castellio den Verzicht auf eine eigene Widmung nahegelegt hat - weist Melanchthon auf die tragische Geschichte dreier Reiche bei Xenophon hin, wie man allgemein in der Geschichte, die nach dem Plan Gottes überliefert werde, die Schwäche des Menschen erkennen könne und die Lehren daraus ziehen: Klugheit und Bescheidenheit vor dem Willen Gottes. Um aber die Abfolgen von Ursprung, Aufstieg und Untergang kennenzulernen, brauche es neben den heiligen Geschichten auch die Geschichtsbücher anderer Völker. Wohl durch Gottes Ratschluss seien darum die griechischen Autoren erhalten geblieben: Herodots und Xenophons persische Geschichte setze die der Chaldäer, Assyrier und Meder in den heiligen Schriften fort. Xenophon gehöre mit der Geschichte Daniels zusammen. In der Institutio Cyri schildere er die vollständige Erziehung eines Fürsten, deren Lektüre sich Scipio sogar im Felde hingegeben habe, was auch die jetzigen Fürsten tun sollten. Und schliesslich könne die Beredsamkeit an ihm gelernt werden, weshalb er sich über seinen neuen Druck (Hall 1540) in Deutschland freue. - Diese Empfehlungen hat wohl auch der Drucker und Verleger Isingrin unterschreiben können, aus mehrfachem Grund.
Neuerwerbung 1967. Zeitgenössisch in Besitz eines M(agister) Johannes Silberhorn, im 19. Jahrhundert in Bibliothek Oberherrlingen (wohl Herrlingen bei Ulm) laut deren Exlibris mit Datum und Initialen 1839 E. M.: Bc VII 697
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc VII 697:1 | Bc VII 697:2