GG 164

Theokritou Eidyllia, toutesti mikra poiēmata hex kai triakonta. Tou autou Epigrammata enneakaideka. Tou autou Pelekys kai Pterygion.

Theocriti Idyllia, hoc est Parva Poemata XXXVI. Eiusdem Epigrammata XIX. Eiusdem Bipennis, & Ala. Basel der Rauraker: Andreas Cratander Skirrophorion/Juni 1530. 8°.

Nach sechs griechischen Drucken der erst später Idyllen benannten Hirtengedichte Theokrits aus dem 3. Jahrhundert vor Christus in Mailand, Venedig, Florenz, Paris und Rom von um 1480 bis 1516 und zwei Drucken in Löwen 1520 und 1528 liegt hier ihr erster Druck im deutschen Sprachgebiet vor. Ihr zweiter wird, im November 1530 begonnen und im Februar 1531 vollendet, mit der ersten lateinischen Übersetzung, die dann Cratander ein halbes Jahr später nachdruckt (GG 165), in Hagenau erscheinen. Herausgeber ist der Basler Arzt Albanus Torinus (1489-1549/50), der sich, aus Winterthur stammend, im Sommersemester 1516 in Basel immatrikuliert hatte, 1524 Dozent an der Artistenfakultät geworden war, als Anhänger der Reformation 1529 in Medizin promoviert hat und 1536 Dozent der Medizin geworden ist, daneben eine Praxis geführt hat und zahlreiche Werke antiker Medizin übersetzt und herausgegeben hat, 1529 aber auch den ersten griechischen Druck einer Schrift des zyprischen Bischofs Epiphanius (GG 440), ebenfalls bei Cratander. 

Torinus hat seine Ausgabe dem dann von 1536 an mit seinem Vater als Drucker und Buchführer tätigen Sohn Cratanders Polykarp gewidmet. Er beginnt mit einer Kritik der Buchdrucker und einem Lob Cratanders; dass die Druckkunst (Typographica ars) zwar als Geschenk des Himmels auf die Erde gekommen sei, nur würden die meisten Drucker sich aus Dummheit oder Mangel an Urteilsvermögen die miesesten Autoren statt der besten zu drucken vornehmen, oder weil sie aus Gewinnsucht den für den besten hielten, mit dem sie am meisten Geld zu machen hofften. Die meisten würden nur, was kein leichtes Verbrechen sei, ohne Förderung der Wissenschaften auf ihre Börse schauen. Das zeigten auch jene wertlosen, ja schädlichen Texte (codices), die in diesem gleichsam tödlichen Autorenkrieg manchmal anonym, öfter noch unter erfundenen Titeln veröffentlicht würden. Und wie es auch mit besten Dingen zu geschehen pflege, so auch in dieser Kunst: was von Gott allein zum Nutzen der Studien gegeben sei, gehe durch die Schuld derer, die es missbrauchten, zu Grunde. Darum müsse er ihm seinen Vater doppelt rühmen: erstens dafür, dass er mit einmaligem Einsatz und scharfem Urteil die besten Autoren aussuche, die der wahren Bildung und echten Frömmigkeit dienten, zweitens dafür, dass er aus seiner Liebe zu den Wissenschaften heraus alle seine Anstrengungen nicht auf seine private Börse, sondern auf den Nutzen des Vaterlandes, der allgemeinen Studien hin ausrichte, indem er klassische Autoren, alte und sittenschildernde, so korrekt wie möglich drucke. Als er in Verfolgung dieses Planes die Idyllen Theokrits habe veröffentlichen wollen, mehr zum allgemeinen Nutzen der studiosi als zum eigenen Vorteil (es dürfte in Basel und Umgebung, vielleicht sogar in Frankfurt, keine der vorangegangenen Ausgaben mehr käuflich gewesen sein) habe er Ausschau gehalten, wer ihn tüchtig für die Presse vorbereiten, ja verbessern könne. Mangels Fleisch habe er, nach dem Sprichwort, auch einen Stockfisch geschätzt; denn er habe ihm den Auftrag gegeben. Er habe ihn schliesslich angenommen, teils um seinem Vater zu Gefallen zu sein, teils um sich eine Weile vom ernsten und belastenden Medizinstudium mit Musischem zu erholen. Vor allem seinetwegen habe er in seinen wenigen freien Stunden Theokrit von eindeutigen Fehlern befreit, bei recht vielen andern habe er nicht einzugreifen gewagt: zu deren Lösung brauche es einen Oedipus. Dass er korrekter (castigatior) erscheine als bisher, erkenne wer die Drucke (exemplaria) vergleiche. Er freue sich, ihn Polykarp, mit einem Saturnaliengeschenk zum Jahresbeginn zu begrüssen, nach feierlicher und edler Sitte, die die Schriften der Historiker und Dichter bezeugten. Mit Fremdem freigebig sende er ihm ein papierenes Gastgeschenk, über das er sich gewiss freuen werde. Seine Anlagen verdienten freilich Besseres, sein umgänglicher Charakter, seine Bescheidenheit, seine Talente, mit denen er sich wie kein zweiter um beide Sprachen (d.h. Latein und Griechisch) bemühe. Völlig treffend hätten ihm seine Eltern daher den Namen des heiligen Polykarp - Polykarpos, vielfruchtig - gegeben. Diesem Vorzeichen entsprechend möge er fortfahren, es seinem Namensheiligen gleichtun, die Erwartungen seiner Eltern gar übertreffen. Mit der Widmung dieser Eklogen wolle er ihn in seinem Lauf zusätzlich anspornen besonders für das Alter, das zur Öffnung der Musenpforten am fruchtbarsten sei (da Polykarp Cratander sich in der Matrikel der Basler Universität nicht findet, dürfte er sich hier 1530 noch im Vorstudienalter, d.h. höchstens etwa zwölf Jahre alt gewesen sein; hierzu passen auch Inhalt und Ton der Widmung; sein Vater hatte 1512 in Strassburg geheiratet, druckte in Basel selbständig seit 1518, wurde 1519 Basler Bürger und hier zünftig).

D E VIII 18 Nr. 2

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: DE VIII 18:2

Illustrationen

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Titelseite

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2alphar: Vorrede des Basler Arztes Albanus Turinus an Polykarp Cratander, 1. Seite.

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2alphav/3alphar: Vorrede des Basler Arztes Albanus Turinus, 2. und 3. Seite.

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1betar: Beginn von Theokrits Eidyllia.

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4nyr: Kolophon

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4nyv: Druckermarke von Andreas Cratander.