GG 205
Aristophanous eutrapelōtatou Kōmōdiai hendeka.
Aristophanis facetissimi Comoediae undecim. Ploutos. Plutus. Nephelai. Nebulae... Thesmophoriazousai. Cereris sacra celebrantes. Lysistratē. Lysistrate. Basel: Andreas Cratander und Johannes Bebel 3. Gamelion/Januar 1532. 4°.
"Des allerwitzigsten Aristophanes Komödien" wird unser Druck angepriesen, und sogleich auf der Rückseite des Titels folgt ein kurzer Hinweis des Druckers Cratander, wohl als des älteren unter den beiden, die sich für diese Ausgabe zusammen getan haben, an den Leser, dass dieser hier über die bisher gedruckten neun Komödien hinaus am Schluss zwei neue finde, die Opfer bringenden Frauen und die Attikerin Lysistrata. Die Lücken in diesen beiden Stücken müsse er der Vorlage anlasten; man habe, zur Förderung seiner Studien, sie lieber so, wie man sie gefunden habe, publizieren wollen als gar nicht. Ihre Leistung in den übrigen zeige ihm ein Vergleich (d.h. mit vorangehenden Ausgaben). Die neun bisher in den Gesamtausgaben enthaltenen Stücke waren bis dahin immerhin schon viermal erschienen: 1498 in Venedig bei Aldus Manutius, 1515 und 1525 in Florenz bei Filippo Giunta (und Erben), 1528 bei Pierre Vidoue in Paris, die beiden auch hier noch fehlenden immerhin schon 1515 ebenfalls bei Giunta in einem Bändchen für sich: dieses hat wohl Cratander und Simon Grynaeus als Vorlage gedient.
Grynaeus hat der Ausgabe eine Vorrede an den lernbegierigen Jüngling vorangestellt, in der er, anschliessend an eine Empfehlung des Griechischunterrichts und eine kritische Würdigung der griechischen Komödie den Lehrern Anweisungen gibt, wie sie die Komödien des Aristophanes mit den Jugendlichen zu behandeln hätten. Einerseits dürften mit den von ihm angesprochenen Jugendlichen seine Schüler an der Universität (und die Studenten anderer Universitäten natürlich) als zukünftige Lehrer (und auch schon gegenwärtige, neben ihrem Studium) angesprochen sein, anderseits aber auch die Schüler dieser Lehrer, als iuvenes studiosi, selber: wenn diese sähen, dass das Vorgehen ihrer Lehrer im Unterricht so heikler Werke mit diesen Gedanken des Herausgebers und Professors an einer/ihrer Universität übereinstimmt, dürften die Absichten ihres Lehrers umso stärker - im Sinne des Grynaeus - auf die Jugendlichen wirken. - Grund genug, beginnt Grynaeus, die fremden Sprachen zu lernen, sei, dass nicht nur das Neue Testament, sondern sämtliche gute Literatur, die je bestanden habe oder jetzt noch nachzulesen sei, aus griechischen Quellen fliesse, so dass ohne deren Kenntnis der ganze Kreis der Wissenschaften, ohne den die Natur unverstanden bleibe, nicht wieder belebt werden könne. Die Wörter und die Sachen liessen sich nicht voneinander trennen. Deshalb sei es aber auch schwierig, in den korrupten Sitten dieser Komödien die Anmut der Sprache zu finden. Zwischen den schönsten Blumen könne man auf Gift stossen, weshalb wohl dieser Dichter bald in allen Schulen (ludi) in Verruf komme. Wenn der Lehrer (professor) das Hässliche übergehe, werde es umso eifriger hervorgesucht; wenn er es darlege, gefährde er die zarten Gemüter. So werde der Lehrer gleich zu Beginn sich einen sicheren Weg für seine Schüler bereitlegen. Die Komödie sei im Altertum eine öffentliche Angelegenheit gewesen, in der vor dem Publikum, geschützt durch die Herrschaft des Volkes, öffentliche und private Laster angeprangert worden seien. Und auch als die Herrschaft an die Vornehmen übergegangen und der Freiheit Grenzen gesetzt worden seien, hätten Komödie und Theater in den freien Städten weiterbestanden. Die Dichter hätten darin eine unerhörte Redefertigkeit entwickelt, so dass auch die Römer es darin nicht weiter gebracht hätten als zum Nachmachen. Es finde sich darin mehr Leben als in Mengen dicker Wälzer. Ausdruck und Phantasie finde man nirgends so wie hier. Hätten diese Dichter das doch in weniger gefährlichen Stoffen dargeboten! Die skurrile Anprangerung der Laster habe durch ihre Kunst gerade die Laster gelehrt. Deshalb habe Aristoteles im Wissen um die Verdorbenheit des ganzen Theaters die Jugend von diesem ausgeschlossen. Durch Eisen und Schwert zu bekämpfende Laster würden durch Gelächter bekämpft, was tabu zu benennen, werde zum Vergnügen der Menschen öffentlich vorgeführt. Daher sehe man ein, wie fern diese ganze Gattung der christlichen Schule gehalten werde. Nach der Schilderung der Vor- und Nachteile wolle er aber dem Lehrer den Weg zeigen, der am wenigsten Schaden und am meisten Nutzen bringe: im Sprachlichen, während man den Inhalt von erhöhter Warte betrachten müsse. Das Wichtigste: die schmutzigen und schlüpfrigen Dinge dürfe der Lehrer nicht übergehen, sondern er müsse gerade sie mit seinem Urteil vor den Schülern zur Abschreckung behandeln, als Sitten der Heiden. Und dem müsse er einen entsprechenden Satz aus dem Evangelium gegenüberstellen, z. B. der Obszönität die Keuschheit Josephs, mit der Betonung, die die Schrift darauf lege. Schliesslich müsse er allgemein heilige und profane Literatur nebeneinanderstellen, dem Dichter seinen Platz anweisen, mit Lastern Tugenden lehren, auch Laster fruchtbar machen. Ein Theologe, der Aristophanes in den Schulunterricht einzuführen empfiehlt!
Exemplar aus Besitz des Joannes Guilielmus à Loubennberg zuo Wagegg, dem Sebastian Münster 1536 sein Organum Uranicum gewidmet hat: B c IV 45
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc IV 45