GG 204
Sophoclis Tragoediae septem, Latino carmine redditae, & Annotationibus illustratae, Per Thomam Naogeorgum Straubingensem... Collectae sunt etiam gnōmai, dictaque proverbialia ex hisce Tragoedijs, per eundem, adque finem Operis adiectae graece & latine... Basel: Johannes Oporin [1558]. 8°.
Nach griechischen Drucken der sieben erhaltenen Tragödien des Sophokles bei Aldus Manutius in Venedig 1502 mit Scholien, 1522 bei den Erben Filippo Giuntas in Florenz mit weiteren Scholien, zwei Nachdrucken der Aldina ohne Scholien 1528 in Paris, 1534 in Hagenau mit Kommentar des Joachim Camerarius zu den drei thebäischen Tragödien erschien, vor weiteren griechischen Drucken 1544 in Frankfurt bei Peter Brubach (Nachdruck der Giuntina), 1547 in Florenz (nach neuen Handschriften), Frankfurt 1550 und 1555 und - nach einer stark interpolierten Handschrift - bei Adrien Turnèbe in Paris 1552/53, 1543 eine erste lateinische Übersetzung, von Johannes Baptista Gabia, bei Johannes Baptista a Burgofrancho in Venedig, eine zweite, von Veit Windsheim (Vinshemius), 1549 in Frankfurt bei Brubach, der Kommentar des Camerarius mit den älteren Musterübersetzungen der beiden ersten Tragödien 1556 bei Oporin (GG 203), eine vierte Übersetzung, vom Arzt (und Philologen) Jean Lalemant aus Autun 1557 und nochmals 1558 in Paris und schliesslich diese fünfte, gleichzeitig mit einer neuen, erst der zweiten, Euripidesübersetzung, bei Johannes Oporin. Übersetzer ist der aus der Gegend von Straubing stammende unstete protestantische, bald der reformierten Zürcher Lehre nahestehende Pfarrer, Pamphletist und Dramatiker Thomas Naogeorgus (Kirchmeyer, 1511-1563), dessen Stücke - Reformationsdramen, Komödien und biblische Dramen - auch 1541, 1547 (Oporin) und 1551 in Basel erschienen. Neben mehreren weitern Werken ist auch sein Regnum Papisticum 1553 und 1559 bei Oporin in Basel erschienen, wo er 1551/52 - auch an der Universität immatrikuliert - und nochmals im Sommer 1553 geweilt hat. Dem Druck seines Judas Ischariot hat er schon 1552 eine lateinische Übersetzung des Aias und des Philoktet beigegeben. Seine Gesamtübersetzung der Tragödien des Sophokles, die erste metrische Übersetzung, hat er von Stuttgart aus am 21. März 1558 seinem Patron, dem Kaiserlichen Rat Johann Jakob Fugger in Augsburg gewidmet, welche Stadt sich mehrmals um ihn bemüht hatte.
Im vorletzten Sommer (d.h. 1556), beginnt er seine Widmung, hätten ihn Gelehrte, die sich um die Förderung der Studia humanitatis bemühten, gedrängt, so, wie er vor drei Jahren den Aias und Philoktet des Sophokles in lateinische Verse übersetzt habe, auch die übrigen erhaltenen Tragödien zu übersetzen. Dies werde nicht nur den Griechisch Lernenden willkommen sein, sondern auch denen, denen das Griechische nicht sehr geläufig sei, grossen Nutzen bringen. Er habe aus Erfahrung gewusst, wieviel Arbeit das bringe, weshalb auch diejenigen, die es am besten gekonnt hätten, bisher davor zurückgeschreckt seien. Er habe sich dennoch dazu bringen lassen, da er an derlei Arbeit schon eher gewöhnt und darin geübter sei als andere und wohl auch ausdauernder. Zudem habe er in dieser Zeit nicht theologische Stoffe behandeln wollen (obwohl diese seinem Beruf näher stünden - d.h. biblische Dramen - als profane und heidnische), um sich möglichst weit den Steitereien dieses Jahrhunderts entziehen zu können. So habe er einige Monate in Ruhe tätig sein können. Aias und Philoktet habe er nochmals durchgesehen und verbessert und sich mutig an die grosse Aufgabe der fünf andern gemacht, um mit möglichster Zuverlässigkeit und Sorgfalt, so wörtlich wie es Latein und Verse zugelassen hätten, den Sinn lateinisch klar wiederzugeben. Er könne durchaus nicht immer den Sinn des Dichters getroffen haben, wegen der Dunkelheit gewisser Stellen, besonders in den Chören, doch wohl nur an Stellen, wo die von ihm benützten griechischen Scholien nicht hülfen und keinen eindeutigen Sinn angäben, sondern mit verschiedenen Deutungen im Zweifel liessen, was gemeint sei. Im folgenden gibt Naogeorg an, mit welchen lateinischen Metren er die griechischen Verse wiedergegeben habe, zum Teil von andern abweichend. Für den Stil und den gottesfürchtigen Charakter des Sophokles verweist er auf die einzelnen Stücke, ebenso für seine Meidung alles Niedrigen, im Gegensatz zu den Komikern und zuweilen auch des Euripides. Als Belege führt er weiter seine Hochschätzung durch anerkannte antike Autoren an wie Pomponius Atticus, Cicero, Quintilian, mit dem Dank, den er ihm für Wohltaten schuldig sei. Trotz unterschiedlicher Konfession habe er als Förderer aller Studiosi ihn um seiner literarischen Studien willen seines Patroziniums für würdig gehalten (die Fugger waren, mit Ausnahme von Johann Jakobs Bruder Ulrich, sämtlich katholisch geblieben, doch Johann Jakob hat sich als Bürgermeister von Augsburg und Kaiserlicher Rat wiederholt, speziell 1549, für einen friedlichen Ausgleich zwischen den Konfessionen eingesetzt). Obwohl nichts so trenne wie religiöser Zwiespalt. Er habe, entgegen Ambrosius, trotz unterschiedlichem Glauben frei die charitas walten lassen. Aus Hass und Verfolgung entstehe nichts Christliches, nichts Dauerhaftes, nichts, das zur gegenseitigen Liebe führen könne. Gäbe es doch viele Mächtige seiner Art, die ihn und seine Leute nicht verfolgten, sondern ihre Sache einer Kenntnisnahme würdigten und sachlich gemäss dem Glauben beurteilten.
Der Widmung folgen als Beigaben lateinische und griechische Epigramme und Elegien u.a. von Jacob Schegk, Johannes Sturm, Sebastian Pontanus aus Ulm, Thomas Toxites, Hieronymus Meggisser.
Das Exemplar B c VII 84 Nr. 2 ist aus der Zeit zusammengebunden mit der lateinischen Euripidesübersetzung Philipp Melanchthons, die im selben Jahr bei Oporin erschienen ist (GG 198): Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis.
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc VII 84:2