GG 213

Libanii sophistae Graeci declamatiunculae aliquot, eaedemque Latinae, per Des. Erasmum Rot. Cum duabus orationibus Lysiae itidem versis, incerto interprete, & alijs nonnullis. Basel: Johannes Froben März 1522. 4°.

Mit, neben dem lateinischen, einem stolzen griechischen Kolophon En tē episēmotatē tōn Rhaurakōn Basileia para Ioannē tō Phrōbeniō tō typographō erscheint im März 1522 bei Froben ein kleiner griechisch-lateinischer Sammeldruck mit teilweise Ersteditionen. Die voranstehenden Reden des spätantiken Rhetors Libanius waren schon 1519 mit den 1503 entstandenen überhaupt ersten Übersetzungen des Erasmus von Rotterdam in Löwen bei Dirk Marten erschienen, die folgenden beiden Reden des Isokrates waren sowohl griechisch (auch in den Gesamtausgaben von Mailand und Venedig) wie lateinisch schon verschiedentlich einzeln erschienen; die beiden Lukian-Übersetzungen des Erasmus waren schon 1517 bei Froben erschienen, ihr griechischer Text zuerst in den Gesamtausgaben von Florenz 1496 und Venedig 1503, während die beiden Reden des Lysias bis dahin erst griechisch, in einem Rednersammeldruck des Aldus Manutius von 1513, erschienen zu sein scheinen. 

Die Widmung des Erasmus, damals vermutlich mit einer Reinschrift der Reden des Libanius dem Empfänger, dem Kanzler seiner Universität Löwen Nicholas Ruistre, gesandt oder überbracht, datiert aus dem Jahr der Übersetzung der Libanius-Reden von Löwen, 17. November 1503. Ruistre (1442-1509) war Bischof von Arras und Kanzler der Universität, Rat - nach dessen drei Vorgängern - Philipps des Schönen von Burgund. Erasmus geht ausführlicher auf die erste, als einzige - im Gegensatz zu den kurzen Reden der Medea und Andromache - von ihm - anders als vom Drucker - als Werk des Libanius bezeichnete Rede ein, die Friedensrede des Menelaos in Troia nach Homer. In dieser seiner ersten Übersetzungsprobe aus dem Griechischen habe er sich an die Regel Ciceros gehalten, Sätze und nicht Wörter zu übersetzen, auch wenn er, als Anfänger, textgetreu, nicht kühn frei, übersetzt habe. Er habe die Erfahrung machen müssen, dass nichts schwieriger sei, als aus gutem Griechisch gutes Latein zu machen. Ein anerkennendes Urteil werde ihn zu grösseren Übersetzungen ermuntern. Heute gelten alle drei Reden als echt. Froben oder wohl eher seine philologischen Mitarbeiter haben der kleinen, 1519 im Umfang von nur 16 Blatt in Löwen erschienenen Sammlung weitere passende attische Reden zweisprachig beigegeben: von Isokrates die Rede an Nikokles über Fürstenerziehung mit der Übersetzung des Erasmus, die grössere Friedensrede mit der Übersetzung des Petrus Mosellanus, von Lukian mit Übersetzungen des Erasmus den Tyrannenmörder und den Verstossenen Sohn, von Lysias mit Übersetzungen eines Unbekannten die Rede gegen Eratosthenes und die Totenrede: deutlich eine Textsammlung zur Verwendung im Griechischunterricht.

Das Basler Exemplar B c IV 142 hat dem späteren Pfarrer Sigismund Kien gehört (1548-1626) und enthält zahlreiche interlineare Übersetzungshilfen und erklärende Marginalien von seiner Hand. Es dürfte ihm im Griechischunterricht gedient haben. 1573, im Jahr seiner Wahl zum Pfarrer von Münchenstein, hat er die griechische Bibel von 1545 erworben.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc IV 142

Illustrationen

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Titelseite

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1Av: Vorrede des Erasmus mit einer Widmung an den Kanzler der Universität Löwen, Nicholas Ruistre, vom 17. November 1503, 1. Seite.

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2Ar: Vorrede des Erasmus, 2. Seite.

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2Av: Vorrede des Erasmus, 3. Seite.

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3Ar: Vorrede des Erasmus, 4. Seite.

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3Av: Anfang der lateinischen Übersetzung der Declamationes des Libianus.

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4Ar: Anfang der griechischen Ausgabe der Declamationes des Libianus.

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6Eer: Kolophon

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6Eev: Druckermarke