GG 262
Thucydides , Laurentio Valla interprete. Nunc postremo correctus, & ex Graeco innumeris locis emendatus, quemadmodum ex Praefatione in proxima pagina videre licet... Basel: Impensis Henrici Petri et Materni Collini März 1564. Fol.
Erst 1502 war der erste griechische Druck des athenischen Historikers des Peloponnesischen Krieges, Thukydides, erschienen, bei Aldus in Venedig, und nur zwei weitere Ausgaben waren ihm bis zum März 1564 gefolgt: 1526 eine erste bei Bernardo Giunta in Florenz, 1540 (GG 261) eine weitere für die Überlieferung in ihrer Zeit wichtige bei Johannes Herwagen in Basel; eine weitere folgte im selben Jahr wie unsere lateinische, in Genf beim Drucker Huldrich Fuggers Henri Estienne, der auch die Übersetzung Vallas durchgesehen habe. Diese war zuerst 1483 in Treviso bei Johannes Rubeus erschienen, dann 1513 in Paris bei Badius Ascensius, 1527 von Conrad Heresbach neu durchgesehen in Köln, 1528 nochmals in Paris und 1550 nochmals in Köln. Unser Druck ist somit erst der sechste der Übersetzung Lorenzo Vallas (um 1405-1457), die danach, neben einer neuen aus der Feder des Vitus Winshemius in Wittenberg, nochmals 1589 in Frankfurt bei hugenottischen Druckern erschienen ist. Auch an unserem Druck ist ein Kölner als Verleger beteiligt: er erscheint in Basel in gemeinsamem Verlag Heinrich Petris, seines Druckers, und des aus dem belgischen Arlon stammenden Kölner Verlegers (seit etwa 1547) und Druckers (1557-1587) Maternus Cholinus, Ratsmitglied und seit mindestens 1574 Ratsdrucker, mit Spezialprivileg für den 'Catholischen Catechismus' des Petrus Canisius, geschäftlich dem Haus Plantin in Antwerpen wie dem Jesuitenorden verbunden. Es ist unseres Wissens der einzige Basler Druck in Verbindung mit Cholinus. So treffen sich im Alltagsgeschäft dieses Druckes hinter der Fassade des erbitterten Kampfes der Konfessionen der Canisius-Drucker aus der katholischen Hochburg der deutschen Gegenreformation als Mitverleger und der aus Frankreich stammende reformierte ehemalige Freund Calvins Sebastianus Castellio als Herausgeber, seit 1553 Professor für Griechisch an der Basler Universität, reformierter Bibelübersetzer und Vorkämpfer der Toleranz.
In der Vorrede weist Castellio auf die Fehler in den bisherigen Ausgaben hin, teils durch die Drucker hineingelangt, teils von Valla herrührend, der deswegen nicht weniger Lob verdiene, da kein Mensch alles vermöge, und ohnehin durch die Schwierigkeit des Thukydides entschuldigt sei, zumal auch die griechische Überlieferung korrupt sei, was auch ihm Schwierigkeiten bereitet habe. So habe er, wie im Vorjahr bei Herodot, beider Arten Fehler ohne Zahl zu korrigieren gehabt. Worauf er Beispiele aufführt für Korrekturen schon am griechischen Text, aus dem Inhalt, dem Zusammenhang heraus und aufgrund sprachlicher Kriterien, schon in der Vorrede des Thukydides; vor allem aber in den Reden, als den sprachlich dunkelsten Partien, habe es Fehler gehabt. Er wolle damit aber keineswegs sagen, dass man hierbei stehen bleiben müsse und nicht noch anderes zu korrigieren sei. Inzwischen aber sollten die Leser hiermit fürlieb nehmen, bis die Zeit vielleicht Besseres bringe.
Die Ausgabe der Herodot-Übersetzung ebenfalls von Lorenzo Valla, auf die Castellio in seiner Vorrede hinweist, für die er ebenfalls beide Texte durchgesehen und verbessert habe, ist ebenfalls im Verlag des Cholinus erschienen, in Köln bei Gottfried Cervicornus, dem Enkel des Druckers des vorangehenden Kölner Herodot von 1526 und des Thukydides von 1527 Eucharius Cervicornus. Dies lässt darauf schliessen, dass der Anstoss zum ersten Thukydides-Druck Petris und ersten lateinischen Basler Thukydides nicht von Petri, wohl auch nicht von Castellio, der auch kaum von sich aus den Herodot für Kölner Drucker und Verleger durchgesehen hätte, sondern von Cholinus ausgegangen ist, dass er für dessen Bearbeitung "wie für den Herodot" an Castellio herangetreten ist, dass dieser dann aber einen Druck in Basel vorgeschlagen hat.
Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis: B c II 53 Nr. 2
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc II 53:2