GG 279
Geographia universalis, vetus et nova, complectens Claudii Ptolemaei Alexandrini enarrationis libros VIII. Basel: Heinrich Petri März 1540. Fol.
1475 war in Vicenza, herausgegeben von Angelus Vadius und Bernardus Picardus und gedruckt von Hermann Liechtenstein, zum erstenmal die 'Geographike hyphegesis', seit der Renaissance latinisiert zunächst als 'Cosmographia', dann als 'Geographia' bezeichnet, die 'Geographische Anleitung' (zum Zeichnen von Erdkarten) mit Bestimmungen von rund 8000 Orten nach Länge und Breite, lateinisch erschienen, ein Werk des grössten Kompilators der griechischen angewandten Mathematik Klaudios Ptolemaios (Alexandria ca. 100-178 n. Chr.), durch dessen Lehren das schon zu seiner Zeit nicht mehr alleingültige geozentrische Weltbild noch einmal - und durch das ganze Mittelalter hindurch - die Herrschaft erlangt hat. Die Übersetzung stammte von Johannes Angelus (Jacopo d'Angelo da Scarperia, um 1360-1411), und muss von ihm, begonnen von seinem Lehrer Manuel Chrysoloras, 1409/10 vollendet worden sein. Der Druck enthält keine Karten. Die Karten der Ptolemaeus-Handschriften dieser Zeit gehen auf die lateinische Umzeichnung der griechischen Überlieferung durch Francesco di Lapacino und Domenico di Lionardo Boninsegni um 1415 zurück. Die Übersetzung des Johannes Angelus drucken auch die folgenden Ausgaben nach. Die Ausgabe von Bologna 1477, in 500 Exemplaren in 2 1/2 Monaten gedruckt, enthält dann als erste Wiedergaben der wohl auf die Spätantike zurückgehenden gezeichneten Karten im Druck und zwar in Kupferstichen, wohl des Druckers, der zuvor Buchmaler gewesen war. Die Weltkarte, in "ptolemäischer" Kegelprojektion, ist von den durch blasende Gesichter dargestellten und mit Namen bezeichneten Winden umgeben, wie schon aus den äItesten Handschriften überliefert. Diesen beiden Editiones principes von Vicenza für den Text und Bologna für die Karten folgt nach dreijähriger, neben Bologna gleichzeitiger Arbeit der dritte Druck in Rom. Es folgen eine italienische Bearbeitung Berlinghieris von 1480-1482 und der Druck von Lienhart Holl in Ulm von 1482: die Karten Holls, die als erste in Holz geschnitten sind, sind das Werk eines dominus/donnus Nicolaus Germanus. Dieser ersten Ausgabe ausserhalb Italiens folgen wieder Drucke in Rom 1490, 1507 und 1508. Die nächste Ausgabe von kartengeschichtlicher Bedeutung erscheint dann 1513 in Strassburg. Sie enthält völlig neue Karten, die der berühmte Geograph Martin Waldseemüller um 1507/08 in Freiburg, Strassburg und St. Dié geschaffen hatte. Auch die diesen folgende Ausgabe ist in Strassburg erschienen, 1522 mit Karten des elsässischen Arztes und Geographen Laurentius Fries, deren Verdienst aber dieser selber Waldseemüller, bzw. dessen Karten in der vorangehenden Ausgabe, zugeschrieben hat. Diese Karten werden von ihrem Drucker Johannes Grüninger auch für die neue Übersetzung des Textes durch den Nürnberger Humanisten Willibald Pirckheimer 1525 wiederverwendet und erscheinen sogar 1535 noch einmal in der von Michael Servet korrigierten Ausgabe der Pirckheimerschen Übersetzung in Lyon bei Melchior und Gaspar Trechsel. Neue, nach neuen geographischen Erkenntnissen angefertigte Karten bietet nach 1513 erst wieder die erste lateinische Basler Ausgabe der 'Geographie', diejenige Sebastian Münsters vom März 1540. Ihr Text beruht auf einem Vergleich der inzwischen 1533 erschienenen griechischen Ausgabe (GG 277) mit dem Ulmer Druck von 1482, der 1514 in Nürnberg erschienenen neuen lateinischen Übersetzung des ersten Buches durch Johannes Wernher, sowie den Verbesserungen Servets in seiner überarbeiteten Fassung der Übersetzung Pirckheimers. Im selben Monat erscheint in Köln bei Ioannes Ruremundanus eine neue lateinische Übersetzung des Astronomen, Pädagogen und Professors der Philosophie Johannes Noviomagus = Johannes von Bronckhorst.
Seit Mitte der 1530er Jahre hatte sich Münster mit Vorarbeiten zu seiner dann 1544 zum erstenmal erschienenen Cosmographie und zu diesem Ziel mit geographischen Forschungen und Editionen beschäftigt. 1532 erschien in Basel des Grynaeus Novus orbis mit einem Beitrag Münsters, 1536 in Frankfurt seine Mappa Europae, 1538 folgten die Ausgabe der Rhaetia von Gilg Tschudi durch ihn, seine Karte der Umgebung von Basel mit Plan der Stadt sowie seine Doppelausgabe der römischen Geographen Solinus und Mela, die erste mit Karten. In seinem Widmungsbrief an den damals schon in Pruntrut residierenden Bischof von Basel Philipp von Gundelsheim, in dem er die Schöpfung, Himmel und Erde und alles auf und in ihnen als Spiegel bezeichnet, der dem Menschen den Schöpfer wiedergebe und ihn zu seiner Erkenntnis einlade, zu deren Nachhilfe er besonders begabte Menschen berufen habe, die den Unkundigen Himmel und Erde beschrieben, im besondern Ptolemaeus, kommt Münster auf die über dessen Kenntnisse hinausführenden neuen Entdeckungen zu sprechen, und nennt die Geographen, denen er neue Kenntnisse zu einzelnen Ländern verdanke: Oronce Fine für die Beschreibung Frankreichs, Jacob Ziegler für die Skandinaviens und des Heiligen Landes, Aegidius Tschudi für die Helvetiens und Rhätiens; die Karten des Rheingebiets vom Elsass und Breisgau bis Hessen und deren anliegende deutsche Gebiete habe er auf eigenen Reisen erkundet und dazu Hilfe von Beatus Rhenanus, Johann Pfalzgraf bei Rhein und andern erhalten. Diese Epistola nuncupatoria wird in die folgenden Ausgaben übernommen, nur ist sie, entsprechend abgeändert und jeweils mit der neuen Jahreszahl versehen, ab 1545 nicht mehr an den längst nicht mehr für Basel zuständigen Bischof gerichtet, sondern an alle Erforscher der Astronomie und Himmelskunde. Die 48 doppelseitigen Kartenholzschnitte sind ein Werk Conrad Schnitts. W 143.
Das Exemplar E U I 82 hat 1614 ein Ludovicus à Jannowitz gekauft, ein Unbekannter irgendwann in Brüssel.
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: EU I 82