GG 340
Liber aureus Claudii Galeni Pergameni Medicorum omnium coriphaei, De Inaequali Intemperie, latinitate donatus a doctissimo viro Thoma Linacro Britanno. Cui ob insignem difficultatem & obscuritatem, atque etiam utilitatem non poenitendam, familiares adiecit Commentarios Ioannes Agricola Ammonius Medicus. Accedunt huc plura, quorum indicem habet versa Pagella... Basel: Bartholomaeus Westheimer [Anfang] 1539. 8°.
Im selben Monat August 1539, da bei Westheimer in Basel das in klassische und moderne Heilpflanzen zweigeteilte Kräuterbuch Medicinae herbariae libri duo, quorum primus habet herbas huius seculi medicis communes cum veteribus, Dioscoride videlicet, Galeno, Oribasio, Paulo, Aëtio, Plinio et horum similibus; Secundus fere a recentibus medicis inventas continet herbas des Ingolstädter Professors der Medizin Johannes Agricola Ammonius erscheint, druckt dieser auch, mit der zuerst in Cambridge 1521 erschienenen, im März 1538 (GG 338) auch schon von Sebastian Singkeler und Thomas Platter verwendeten lateinischen Übersetzung des Leibarzts Heinrichs VIII. Thomas Linacre, einen Kommentar Johannes Beuerles zu Galens Schrift über die ungleiche Unmischung, "wegen der ganz besonderen Schwierigkeit und Dunkelheit der Schrift". Ausser einem lateinischen Epigramm Agricolas auf Hippokrates und Galen auf der Titelseite sind dem Büchlein aus Text und Kommentar von 145 Seiten verschiedenste grossenteils unpaginierte Anhänge von nochmal gleichem Umfang beigegeben, u.a. ein Index der Heilmittel bei Dioskurides, eine Heilmittelkonkordanz zu Dioskurides, Galen und Serapion und eine Rechtfertigungsschrift Agricolas, sowie, auf sonst leer gebliebenen Blättern der letzten Lage des Index des zweiteiligen Druckes, der Eid und der kurze Text Über das Gesetz des Hippokrates, die dem Drucker ein zufällig angetroffener Medizinstudent als immer nützlich hier abzudrucken empfohlen habe. Agricola hat den Druck aus Ingolstadt am 1. Juli 1538 seinem geistlichen Oberhaupt, Bischof Christoph von Pappenheim von Eichstätt (1535- †19.6.1539) gewidmet, dessen verstorbenem Bruder Joachim auch ein Leichengedicht Georg Leonbergers im zweiten Teil gilt. Es sei üblich, beginnt er, für literarische Geburten Schutzherren gegen Verleumder zu suchen. Daher widme er diese medizinische Arbeit ihm als dem höchsten Vorsteher des bayerischen Gymnasiums (Universität), vor allem aber, da er sehr an Medizin und Ratschlägen von Ärzten interessiert sei. Die Medizin könne nicht nur Krankheiten austreiben, die körperliche Gesundheit bewahren, sondern auch das Leben verlängern (Christoph von Pappenheim ist schon bald am 19. Juni 1539 gestorben). Im folgenden belegt Agricola das mit Zitaten aus Petrus Aponus und Galen (Pietro d'Abano, 1250- um 1315, nach Studien in Paris einer der berühmtesten Ärzte und Naturphilosophen seiner Zeit, lehrte jeweils als erster Mediziner an den Universitäten von Padua und Treviso). Mässigung in Speise und Trank, Bäder, eine angenehme und weiche Liegestatt, geeignete Übung, Ruhe zur rechten Zeit und nächtlicher Schlaf: das erhalte Herz und Leber und als Folge den gesamten Körper feucht. Im folgenden führt Agricola Medikamente und Rezepte vor allem von Pietro d'Abano, daneben von Oribasius und Hippokrates an, mit denen man Trockenheit und Kälte vom Körper fernhalten und so mit der richtigen Mischung das Leben verlängern könne (Alter und vermutlich schlechte Gesundheit des Bischofs dürften immer wieder diesen Gedanken veranlasst haben), und zitiert Verse des Conrad Celtis, die dieser zum Lobe der Medizin an die Herzöge von Bayern gerichtet habe. Schliesslich kommt er auf die Bedeutung der vorliegenden Schrift Galens für die Kenntnis der richtigen Mischungen im menschlichen Körper zu sprechen, die auch schon Arnoldus Neocomensis (Arnaldus von Villanova, 1235-1312, der berühmte in Spanien, Italien und Paris tätige spanische Arzt und Alchemist; Praktiker und synkretistischer Anhänger ebenso des Hippokrates und Galens wie des Avicenna) wegen ihrer Schwierigkeit eines Kommentars gewürdigt habe; doch habe dieser, auf eine alte Übersetzung angewissen, fehlgehen müssen und habe, seiner Zeit entsprechend, einen allzu breiten Kommentar erfunden. Doch da nun die Galenlektüre recht beliebt sei, Avicenna in die Finsternis verdammt, habe er wieder Bücher von jenem zur Hand genommen und ein ganzes Buch (allerdings eines der kürzesten) nach seinen Kräften kommentiert. Man dürfe dies nicht wegen seiner Neuartigkeit für unsinnig halten, denn die Medizin mache, wie Plinius bezeuge, täglich Fortschritte. Er widme den Kommentar ihm als dem Herrn seiner Diözese, aus Gunzenhausen bei Pappenheim stammend, aus jenem sandigen Teil Noricums, den ein berühmter Dichter Ammonien benannt habe. Der Widmung folgen noch, vor dem von Agricola kommentierten Text Galens in der Übersetzung Linacre's, ein längeres Epigramm des Marcus Tatius Alpinus an den Bischof und eine Einleitung Agricolas über den Zweck der Schrift, in der er sich u.a. auch mit Wilhelm Copus und den Pneumatikern auseinandersetzt.
Das Exemplar l s 653 ist erst 1951 erworben worden; zuvor in Besitz eines József R. Dévay.
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: ls 653