GG 347

Pedacii Dioscoridae Anazarbensis De materia medica libri V. Iano Cornario Medico Physico interprete. Eiusdem Iani Cornarii Emblemata, singulis capitibus adiecta. Dioscoridae De bestiis venenum eiaculentibus, et letalibus medicamentis Libri II. Eodem Cornario interprete. Eiusdem Iani Cornarii, in eosdem libros, Expositionum Libri II... Basel: Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius 1557. Fol.

Nach der griechischen Basler Ausgabe der Werke des Dioskorides durch Janus Cornarius bei Johannes Bebel im August 1529 (GG 345) war eine weitere griechisch/lateinische 1549 in Paris für den Verlag des Kölner Buchhändlers und Verlegers Arnold Birkmann erschienen, waren, nach einer lateinischen Strassburger Ausgabe im selben Monat, einem Florentiner Nachdruck einer älteren Übersetzung im Jahre 1532, der neuen Übersetzung des Jean Ruelle in Paris von 1537, deren Nachdruck bei Michael Isingrin 1539, noch etwa ein Dutzend Drucke dieser und anderer älterer Übersetzungen gefolgt, bis die hier vorliegende neue Übersetzung des Herausgebers von 1529 entstand (GG 345). Cornarius hat sie, seit kurzer Zeit wieder in seiner Heimatstadt Zwickau als Arzt tätig, von dort aus am 1.April 1555 seinen Landesherren, den Herzögen Johann Friedrich dem Älteren, Johann Wilhelm und Johann Friedrich dem Jüngeren von Sachsen gewidmet. Er beginnt mit dem Hinweis, dass es wohl keine Begründung dafür brauche, dass die Kenntnis der Heilstoffe (materiae medicae cognitio) für die Ärzte nötig sei. Diese hätten die Medizin zweigeteilt: in die Bewahrung der Gesundheit durch die Ernährung und in ihre Wiederherstellung, in die Diätetik und die Pharmazeutik, die den Kranken Medikamente vorschreibe. Erstere bestehe aus Speisen und Getränken und den medizinischen Mitteln Abreibung, Bäder, Spaziergänge, Bewegung und allerlei Übungen, wie Dioskorides und Hippokrates zeigten. Auch der dritte Teil, mit Feuer und Eisen (d.h. die Chirurgie), verwende immerhin zuweilen Heilstoffe. Dass viele griechische Ärzte über diese geschrieben hätten, wisse man aus Galen und Dioskorides selber, doch dessen Werk nenne auch Galen das allein umfassende; zudem seien alle übrigen verloren. Es behandle nicht nur die Kräuter, sondern auch die Bäume, Früchte, Säfte, Flüssigkeiten, Metalle, tierische Teile. Die Fehler und Lücken, die auch es enthalte, werde er an den betreffenden Stellen behandeln; Galens Tadel habe seine Geltung nicht zu mindern. Er habe das Werk vom Beginn seiner Studien an sehr geschätzt. Und da er bei der griechischen Ausgabe in Basel vor 26 Jahren geholfen habe (s. oben), habe er es für wert gehalten, eine bessere Übersetzung zu bieten als sie bei den Lateinern bisher bestehe, und auch in einer öffentlichen Vorrede ausgesprochen, dass es nicht überflüssig sei, den drei Übersetzungen des Dioskorides (Ermolao Barbaro, Marcello Vergilio - meistgedruckt, Jean Ruelle) eine vierte beizufügen, da er gerade jetzt einen guten Übersetzer brauche. Nun könne man ihn in seiner eigenen Übersetzung und zudem mit seinen Einfügungen (emblemata) lesen; er habe diese beigegeben, in denen er die wahren Abbilder der höchsten Geister geschnitten und abgedruckt habe (seine Emblemata sind sprachliche Beschreibungen der in andern Ausgaben abgebildeten Pflanzen nach den genannten Klassikern). Und er habe dazu angegeben, inwiefern sie mit Dioskorides übereinstimmten oder ihm widersprächen: Hippokrates, Aristoteles, Theophrast, Nikander, von den späteren Galen, Aëtius, Paulus, von den Lateinern Plinius, selten auch Celsus, von den Zeitgenossen selten Hermolaus und Ruellius, nichts Arabisches und barbarisch Lateinisches. Auch in diesen parallelen Zitaten habe er viel verbessert, nach einer alten Handschrift (ex veteris manu scripti exemplaris beneficio), die er an den Stellen erwähne. Auch andere Gelehrte habe er zitiert, vor allem auch Lehrsätze von Kräuterkundigen seiner Zeit (unter diesen dürfte Leonhard Fuchs an erster Stelle stehen). Und da er als Deutscher unter Deutschen schreibe, habe er, soweit bekannt, die deutschen Namen beigefügt, die vielen eine Abbildung ersetzen könnten, die es vorzögen, die Dinge mit Hilfe ihrer bekannten Namen zu betrachten und nach ihrer Beschreibung bei Dioskorides und Plinius statt nach Abbildungen; diese hätten vielen nie zum Erkennen einer Pflanze beigetragen, die sie nicht schon vor dem Betrachten der Abbildung aus eigener Anschauung gekannt hätten; sie hätten zwar aus ihrer Anschauung Abbildungen wiedererkennen können, aber nie aus Abbildungen die wirklichen Pflanzen. Aus diesen und andern Gründen (Kosten...?) habe er Abbildungen weggelassen. Vor allem da Dioskorides selber Abbildungen abgelehnt habe, da die Pflanzen je nach Gegend, Jahreszeit, Entwicklungsstand, in getrocknetem Zustand zu verschieden seien, und auch Galen es besser finde, sie durch Vorzeigen durch den Lehrer im Unterricht mit eigenen Augen kennen zu lernen, zumal einige gar im Traum gesehene Pflanzen abbildeten. Wenn jemand trotzdem Abbildungen sehen wolle: es gebe deren genug in Italien und Deutschland, mit solcher Kunst geschaffen, dass sie die Texte überträfen, ganz besonders aus der letzten Zeit (so war z.B. ab 1542 bei Michael Isingrin das Prachtswerk Historia stirpium von Leonhard Fuchs mit äusserst getreuen Abbildungen erschienen). Er wolle nicht die Augen weiden, sondern den Geist der Leser nähren und die Urteilskraft wecken und schärfen. Er habe schlicht lateinisch übersetzt, nahe dem griechischen Text, ohne rhetorischen Putz. Es störe ihn nicht, wenn jemand eine andere Übersetzung vorziehe; er wolle diese nicht den Lesern nehmen. Denn es sei unanständig, bei andern Fehler zu suchen und gleichzeitig selber grössere zu begehen. In der Folge kommt Cornarius, nach der Ablehnung der Verwendung arabischer Literatur, auf die mittelalterlichen Übersetzungen zu sprechen, deren Beginn er auf griechische Flüchtlinge aus Kleinasien und Griechenland bei den Arabern zurückführt, worauf er darauf hinweist, dass kaum einer der lateinischen Übersetzer zugleich des Griechischen und des Arabischen kundig gewesen sei, da er sonst nicht aus dem Arabischen übersetzt hätte, dass aber die Araber, die zuvor die griechische Medizin übersetzt hätten, deren Sprache nur ungenügend beherrscht hätten. Nun aber fänden sie sich wieder griechisch bei allen Gelehrten dank der Offizin des Aldus und Asulanus in Venedig, der bald die besten Basler Drucker zu folgen sich bemüht hätten, die so, nach der Suche zahlreicher Textvorlagen, mit ihrem Druck der griechischen Ärzte fast ganz Europa gesättigt und sich so um die Medizin verdient gemacht hätten. Eine Schande, wer sich an jene stinkenden arabischen Tümpel halte und nicht an den klaren griechischen Quellen trinke. Umso mehr, als die griechischen Autoren nun auch reines Latein sprächen, nachdem, als die Kenntnis der griechischen Sprache sich in Deutschland ausgebreitet habe, viele Gelehrte sich an ihre Übersetzung für diejenigen gemacht hätten, die die griechischen Ärzte nicht griechisch zu lesen vermöchten. In der Folge weist Cornarius auf seine Übersetzung von Werken Galens hin, derjenigen des Hippokrates, Aëtius, der bis zu einer Oribasiusübersetzung diesen vertreten könne (Oribasius hat Cornarius nicht übersetzt; griechisch ist sein Werk 1556 in Paris erschienen, die Übersetzung des Giovanbattista Rasario von 1553 um 1554/55 in Venedig und gerade auch 1557 in Basel), auf Paulus Aegineta, auf seine Dolabellae ("Kleine Spitzhacken": Streitschriften) hierzu und schliesslich auf den vorliegenden Dioskorides, sowie nochmals auf die schädlichen Irrtümer der lateinischen Übersetzungen aus dem Arabischen, wo sogar gute Übersetzungen nichts bieten könnten, da die arabische Sprache jetzt in Europa unbekannt sei. Das führt ihn dazu, auf die Verwandtschaft der arabischen Sprache und Schrift mit der hebräischen hinzuweisen, besonders in den beiderseitigen heiligen Schriften, Bibel und Koran. Arabisch zu lernen halte er aber bei der gegenwärtigen Blüte des Griechischen und Lateinischen nicht für der Mühe wert; zu wenige Heilmittel hätten die arabischen Ärzte eingeführt, die den Griechen noch nicht bekannt gewesen seien. Zudem hätten spätere griechische Ärzte einige davon übernommen. Nicht viel Scharfsinn habe es gebraucht, aus Pflanzen Säfte zu pressen, sie zu kochen und mit Zucker (zaccharum) zu sogenannten Syrupen einzudicken. Mit mehr Arbeit hätten sie später Wasser aus Pflanzen und anderem erfunden, das sie auf Kohlen gebrannt hätten. Es gebe nichts, das man nicht entbehren könne. Man brauche weder ihre Sprache zu lernen noch die Übersetzungen aus ihr zu kennen, weder für die Arzneimittel, noch für die Syrupe noch zur Herstellung der destillierten Wasser. Sonst wäre es auch an der Zeit, die der Inder einzuführen, um deren Medikamente kennenzulernen, das Holz Guajak, die Chinawurzel usw. Auch einige barbarische, in denen es gewiss auch Heilmittel gebe. Schliesslich weist Cornarius auf die Schwierigkeiten durch die unterschiedlichen Pflanzennamen bei Dioskorides hin, vor allem aber auf die Gefahren der Syrupe und destillierten Wasser, die jetzt den Grossteil der Apotheken füllten, die verrückten Heilweiblein und die ungebildeten Medizinmänner (sacrificuli), die, obwohl gesetzlich verboten, allerlei zusammenbrauten, aus Metallen, Erz, Messing, Blei und das der Sonne aussetzten, wobei nichts anderes herauskäme als die Wirkkraft der Pflanzen, denen sie entnommen seien. Da halte man sich besser an die Vorschriften der alten Griechen und Lateiner, von denen er darauf einige Mittel herausgreift und kurz beschreibt. Den Schluss bilden ein Hinweis auf seine Einteilung der sieben Bücher und Angaben zum Leben des Autors, den er, mittels seiner Widmung an Arius - den alexandrinischen Philosophen, mit dem sich Augustus nach der Einnahme der Stadt unterhalten habe - in dessen Zeit datiert, sowie die herkömmliche Unterscheidung von gleichnamigen Männern.

Seinen im Anhang an die Materia medica abgedruckten Übersetzungen der kleineren Schriften des Dioskorides hat Cornarius eine eigene Widmung von Zwickau, 21.März 1555, an den Arzt und Mathematiker, Professor an der Universität (Neacademia) Jena Johannes Schröder aus Weimar vorangestellt (Vorlesungen in Jena seit 1548, als Universität von Kaiser Ferdinand anerkannt 1557).

Cornarius hat nicht nur im Text als Identifizierungshilfen auch die deutschen Pflanzennamen aufgeführt, worauf er in seiner Vorrede hinweist, sondern - die im Titel erwähnten drei Tabulae - dem ausführlichen lateinischen Index auch, kürzer, einen griechischen und einen deutschen beigegeben (der entsprechend, wie die deutschen Namen im Text, in Fraktur gedruckt ist).

Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis: L n I 5 Nr.1

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Ln I 5:1

Illustrationen

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Titelseite

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2alphar: Vorrede des Herausgebers Janus Cornarius, mit Widmung vom 1. April 1555 an die Herzöge Johann Friedrich den Älteren, Johann Wilhelm und Johann Friedrich den Jüngeren von Sachsen, 1. Seite (von 11).

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1betar: Vorrede, 11. (und letzte) Seite.

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1ar: Beginn der Schrift De materia medica des Dioscorides.

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3ar: Eine Textseite mit von Janus Cornarius eingeschobenen Emblemata.

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1Xr: Schluss der Schrift De materia medica, darunter Titel der kleineren Schriften des Dioscorides.

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1Xv: Widmung von Zwickau, 21. März 1555, des Janus Cornarius an Johannes Schröder aus Weimar.

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2Xr: Beginn einer der kleineren Schriften des Dioscorides, De bestiis venenum eiaculantibus.

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1alphar: Beginn des lateinischen Index zu Dioscorides' De materia medica.

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5cv: Beginn des griechischen Index zu Dioscorides' De materia medica.

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2deltav: Beginn des deutschen Index zu Dioscorides' De materia medica.

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4deltav: Kolophon

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6deltav: Druckermarke