GG 362
Aëtii Medici Graeci Contractae ex veteribus medicinae Tetrabiblos, hoc est Quaternio, id est libri universales quatuor, singuli quator sermones complectentes, ut sint in summa quatuor sermonum quaterniones, id est sermones XVI. per Ianum Cornarium Medicum Physicum Latine conscripti. Basel: Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius September 1542. Fol.
Im selben Jahr, da bei Froben und Episcopius eine achtbändige lateinische Gesamtausgabe der Werke Galens, herausgegeben von Hieronymus Gemusaeus (GG 342), da bei Oporin, ebenfalls von Gemusaeus herausgegeben, eine dreibändige lateinische Aristotelesausgabe erscheint, kommt auch diese ihre zweite Ausgabe der Tetrabiblos des Aëtius, nun vollständig von Cornarius übersetzt, heraus. Dieser, nun seit 1538 Stadtarzt von Frankfurt am Main, hat sie am 1. November 1541 denn auch Rat und Volk der Reichsstadt Frankfurt gewidmet.
Als er vor zehn Jahren das Werk des Aëtius zu übersetzen begonnen habe, habe er sich Nutzen davon erwartet. Auch das Fragment habe ihm schon wertvoll geschienen. Der Autor sei ihm wie den meisten unbekannt gewesen, ausser dass die Asulani in Venedig vor der Ausgabe des Hippokrates (1526) und Galens (1525) eine griechische Ausgabe versprochen gehabt hätten. So habe die Veröffentlichung seines Fragments von sechs Reden, von der achten bis zur dreizehnten, überflüssig scheinen können, zumal unbekannt gewesen sei, wie viele ganze Bücher oder Teilreden das Werk enthalten habe. Dennoch habe er den Schatz nicht zurückhalten wollen und veröffentlicht. Das neue und unbekannte Werk sei gut aufgenommen worden, in ganz Europa, so dass man auch in Italien gefunden habe, dass es kein grosser Nachteil sei, dass der Autor nicht vollständig lateinisch übersetzt sei, zumal das gesamte Werk in einigen Exemplaren (Handschriften) in Italien vorhanden sei. Ermuntert von den Studien gewogenen Fürsten habe der berühmte Veroneser Arzt Baptista Montanus nach den seinen die vorausgehenden und nachfolgenden Reden seiner fragmentarischen Übersetzung beigefügt und so seine Übersetzung in seine Venezianer Ausgabe eingefügt (ähnlich wie es dann die Basler Drucker 1535 nachgeholt haben [GG 361]). Und da er das ehrlich in seiner Vorrede bezeugt habe, halte er hier Gegenrecht (die Vorrede des Montanus ist im Basler Nachdruck von 1535 mitabgedruckt). Doch jeder Tag belehre den nächsten; so habe man nicht nur andere, sondern auch sich selber zu übertreffen. Da die beiden Ausgaben unterschiedlich annotiert (Cornarius hatte Marginalien beigegeben, Montanus nicht) und vor allem die beiden Übersetzungen im Stil verschieden seien, habe er nun das ganze Werk nochmals übersetzt, hätte auch nichts dagegen, wenn Montanus es ebenfalls täte, zum allgemeinen Nutzen. Er halte die Übersetzung des Montanus keineswegs für überflüssig, ja wünsche sogar, dass auch er das Gesamtwerk nochmals herausgebe, besonders für die, die nur Latein verstünden. Sie könnten durch einen Vergleich beider Übersetzungen das Werk besser verstehen. Dass die Spanier, die in fremden Werken gescheit seien, doch hier etwas leisteten! Doch in vier Zeilen habe es da mehr Fehler als in der ganzen früheren Übersetzung; Kleinigkeiten würden erklärt, Schwierigkeiten übersprungen. Sonst könnten die Ärzte mit Hilfe der lateinischen Übersetzung der Spanier die Erweiterungen, Kürzungen und verderbten Lesarten der verschiedenen griechischen Handschriften erkennen (gemeint sind hier die Annotationes in Interpretes Aëtii Medici praestantissimi des Christophorus Oroscius, die mit Widmung aus Salamanca im März 1540 in Basel bei Robert Winter erschienen waren). Doch ihm genüge es, wenn seine Arbeit in Deutschland gefalle und nütze. Doch diese Sticheleien brächten nichts. Er kenne seine Fehler selber, da er nur eine Textvorlage gehabt habe; habe sie auch bald darauf in der Ausgabe der Kommentare angegeben (1537 waren bei Froben und Episcopius seine zehnbändigen Commentarii in libros De compositione medicamentorum secundum locos erschienen) und tue dies noch ausführlicher in dieser zweiten Ausgabe, die er nach den beiden vorangehenden und Vergleichen mit Galen und Paulus Aegineta bearbeitet habe. Sie sei jetzt zu benützen. Es mache nichts, wenn irgendwo Handschriften mit mehr oder weniger oder anders angeordnetem Text seien. Das gebe es häufig bei diesen Autoren, dass Leute nach ihrem Gutdünken bestimmte Stellen erweiterten oder kürzten. Das hätten vielleicht sogar die Autoren schon getan. - Diese Arbeit habe er in ihrer Stadt vollbracht, darum widme er sie ihnen (was ihm eine Gelegenheit zum Lobpreis der Reichs- und Messestadt bietet), und nicht, wie üblich, hohen Fürsten. Das vierte Jahr wirke er nun bei ihnen als Stadtarzt, da müsse er ihnen etwas Besonderes widmen. Ihre Stadt stehe keiner andern des Reiches nach. In ihr werde der Kaiser gewählt. Ihre Messe (emporium) sei die bedeutendste Deutschlands. Auch wenn einige Messen auf besonderen Gebieten vielleicht reicher seien, im gesamten sei die ihre die grösste, und zudem stehe hier zweimal im Jahr alles überallher zum Verkauf und Kauf. Dessen Vorteil erkenne man aus der Armut derjenigen Völker, zu denen keine fremden Waren gelangten; ihre Messe aber habe ihre Wirkung in ganz Europa. Auch in den mechanischen Künsten seien ihre Meister in ganz Deutschland führend; man folge ihren Verfahren oder verbessere die eigenen nach ihnen. In der Folge preist Cornarius, dass einzig in Frankfurt der sportliche Wettkampf, sogar mit Preisen, geübt werde, der für die Gesundheit wichtig sei, dass - auch wenn bei ihnen wie anderswo das Volk schlechten, ihm gleichen Ärzten nachlaufe - sie gute Ärzte von staatswegen entlöhnten, durch gute Lehrer und Schulen die Studien förderten, berühmte Rechtsgelehrte besässen, in kluger und toleranter Weise den Glauben förderten, was sogar dessen Gegnern Bewunderung abnötige. Welcher Verlust daher der Tod ihres Bürgermeisters Philipp Forstenberger im Alter von noch nicht sechzig Jahren, für ihn wie für die Stadt. Er habe Griechisch überdurchschnittlich beherrscht, Lateinisch wie die besten Professoren, was einige Briefe an ihn bezeugten, und bei all seiner Arbeit jede freie Zeit der Lektüre der besten Autoren gewidmet. Gerade jetzt habe er sich noch neben anderem vorgenommen gehabt, den ganzen Homer griechisch und lateinisch zu lesen (totum Homerum graecum perlegendum ac conferendum). Hierbei habe ihm im letzten Sommer die unerhörte Hitze in Deutschland zu schaffen gemacht und das Fieber ihn dahingerafft, von dem auch er selber sich nur mit grösster Mühe habe befreien können. Einem tröstlichen Hinweis auf Forstenbergers bleibende Leistungen folgt der, dass man in Aëtius eine Zusammenfassung von Galen, Oribasius und Paulus besitze, sei nun er Häretiker gewesen oder ein anderer Amidener dieses Namens. Jedenfalls bezeuge auch Epiphanius, den er kürzlich ebenfalls auf lateinisch übersetzt habe (ebenfalls als erster: 1543 erschienen [GG 441]), dass der Häretiker Aëtius vielseitig gebildet gewesen sei, auch in der aristotelischen Philosophie, und die Medizin behandelt habe. Es könne durchaus ein Goldschmid Aëtius sich der Philosophie zugewandt haben, zum Diakon gewählt worden sein und sein Werk aus älteren Ärzten zusammengestellt haben. Das habe keine Bedeutung. Was die Einteilung des Werkes betreffe, so habe seine Handschrift (manu scriptum exemplar) den Titel Tetrabiblos gehabt, vor einigen Reden, genau vor der neunten, der "ersten der dritten Tetrabiblos" und vor der dreizehnten, der "ersten der vierten Tetrabiblos". Darum habe er das ganze Werk in vier Tetrabibloi eingeteilt, die ihrerseits wieder vier Reden oder Bücher enthielten, wie es der Autor gemacht zu haben scheine.
Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis: L f II 10
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Lf II 10