GG 392
Divi Ioannis Chrysostomi , Archiepiscopi Constantinopolitani, in totum Geneseōs librum Homiliae sexagintasex, a Ioanne Oecolampadio hoc anno versae. Habes praeterea textum Geneseōs, iuxta septuaginta interpretum aeditionem, qua authores prisci ferme omnes usi sunt, eodem interprete. Basel: Andreas Cratander September 1523. Fol.
Wie in der Vorrede zu den Psegmata (GG 391) angekündigt, erscheint schon zum nächsten Drucktermin, zur Herbstmesse 1523, Oecolampads Übersetzung der 66 Homilien des Chrysostomus, allerdings ohne die "gewissen anderen Dinge". Dafür hat Oecolampad eine eigene Übersetzung der Schöpfungsgeschichte nach der Septuaginta, welche die Kirchenväter fast alle gebraucht hätten, beigegeben. Deren Abschnitte sind jeweils den betreffenden Homilien in grösserem Druck vorangestellt. Gewidmet hat Oecolampad die Ausgabe im August 1523 dem Berner Theologen Niklaus von Wattenwyl (1492-1551). Nach Studium in Basel vom Sommersemester 1505 an Priester, Propst im bernischen Lausanne 1516, Domherr von Konstanz 1517, von Basel 1518, Propst in Bern 1521, verzichtete er dann 1525 als Anhänger der Reformation auf seine geistlichen Würden. 1535 Ratsherr, war er 1536 Präsident der Disputation von Lausanne. Oecolampad widmet ihm die Schrift als dem frömmsten und gerechtesten im freien Volk der Helvetier, des mächtigsten Bern. Auf das Werk sei er durch die Gnade Christi gestossen. Als ihn die Unruhen des Jahrhunderts aus dem Kloster (Altomünster) getrieben hätten und Andreas Cratander, sein treuer Gastgeber seit bald einem Jahr, eine überaus alte Handschrift des Genesiskommentars habe erhalten können, habe er diese innert kürzester Zeit übersetzt, nicht zuletzt dank Ermunterung durch seine alten Augsburger Freunde Bernhard und Conrad Adelmann und dank dem Inhalt des Werkes selber - nicht nur eine wiedergefundene Drachme, sondern ein ganzer - geistiger - Schatz (die Brüder Adelmann von Adelmannsfelden, 1457-1523 bzw. 1462-1547, nach Studien u.a. in Basel 1476/77 unter Johannes Reuchlin und Ferrara Domherren u.a. in Augsburg, neben dem befreundeten Conrad Peutinger die bedeutendsten Humanisten Augsburgs, hatten sich 1518 Luthers Reformation zugeneigt, sind dann aber der alten Kirche treu geblieben). Dass Bücher Schätze seien, bezeugten Plato, Aristoteles und Ptolemaeus Philadelphus. Chrysostomus habe am klarsten über die Genesis geschrieben, ohne unfruchtbare Allegorien, ohne rhetorische Künsteleien, ganz im Sinne des Paulus. Worauf Oecolampad loci communes des Chrysostomus aufzählt, unter Hinweis, wie weit die philosophia Christiana der heidnischen und aristotelischen überlegen sei. Alle Pflichten seien bei Chrysostomus abgehandelt und zudem seien die Bücher Genesis die Grundlage der Bibel. Über seine Hervorhebung des Freien Willens habe er schon in den Annotationes zu den Psegmata gehandelt.
Die Titeleinfassung setzt sich aus zwei Metallschnitten Jacob Fabers nach Zeichnungen Hans Holbeins (Sockel- und Kopfleiste) und zwei freien Bearbeitungen Jacob Fabers nach Teilen einer von ihm geschnittenen Oktaveinfassung Hans Holbeins vom August 1522 zusammen (seitliche Säulen mit spielenden Knaben, zuerst erschienen in den Psegmata im März 1523). Die Sockelleiste ist für den Druck der Evangelienkommentare des Jacques Lefèvre d'Etaples vom März 1523 entstanden und zeigt die Aussendung der Apostel, die, nach der Deutung der Worte Jesu durch Lefèvre, jeder einen Schlüssel erhalten haben. Die Kopfleiste, hier zuerst verwendet, zeigt die Fürbitte Jesu - ohne Maria, ebenfalls nach der Lehre Lefèvres - vor Gott Vater. Der Widmungsanfang ist ebenfalls durch vier neue Leisten eingefasst, Metallschnitte Fabers nach Zeichnungen Holbeins; Hauptmotiv sind Satyrn und der trunkene Silen.
F J V 17
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: FJ V 17