GG 432

Origenis Adamantii eximii scripturarum interpretis Opera, quae quidem extant omnia, per Des. Erasmum Roterodamum partim versa, partim vigilanter recognita, cum praefatione de Vita, Phrasi, Docendi ratione, & Operibus illius, adiectis epistola Beati Rhenani nuncupatoria, quae pleraque de vita obituque ipsius Erasmi cognitu digna continet... Basel: Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius September 1536. Fol. 2 Bde.

Dreimal waren die Schriften des Origenes, bzw. der erhaltene Teil der alten und die wenigen neuen lateinischen Ãœbersetzungen seiner - und der ihm zugeschriebenen - Werke in Paris bei Jean Petit, Josse Bade und Conrad Resch erschienen: 1512, 1519 und 1522, nachdem im 15. Jahrhundert auch lateinisch erst seine Verteidigungsschrift gegen den Neuplatoniker Celsus (1481 in Rom bei Georg Herolt von Bamberg) und Homilien (1475 in Köln), kleinere Sammlungen 1513 und 1514 in Venedig erschienen waren. Hier liegt, herausgegeben von Erasmus und vollendet nach dessen Tod von seinem langjährigen Freund (seit 1514) Beatus Rhenanus, so erst der vierte Gesamtdruck dieser mehrheitlich spätantiken Ãœbersetzungen (Ruffinus, Hieronymus) vor, wobei die Drucker im Titel etwas übertriebene Verkaufsreklame mit dem Namen des berühmten Erasmus gemacht haben, sind doch von ihm nur gerade gut dreissig der 240 Seiten des Matthaeuskommentars (vgl. GG 431, Ende) und der insgesamt 1680 Seiten der beiden Bände übersetzt, eine Ãœbersetzung, die zudem schon für sich 1527 bei Johannes Froben erschienen war (GG 431). Von Erasmus ist immerhin der gesamte Text durchgesehen und eine 16seitige Vorrede beigesteuert worden mit einer Biographie, einer Untersuchung des Stils und der Lehrmethode des Origenes und kurzer Behandlung und kritischer Beurteilung (censura) der einzelnen Schriften (vor den Schriften ähnlich wiederholt, u.a. im Wortlaut von 1527), in der Erasmus sowohl Hieronymus als Ãœbersetzer als auch Origenes als Autor einige Schriften abspricht.

Die Widmung hat dann Beatus Rhenanus verfasst und mit ihr, die er zu einem Nachruf auf den alten Freund ausgestaltet hat, aus Schlettstadt am 15. August 1536 die Ausgabe dem Erzbischof von Köln, Erzkanzler für Italien und Kurfürsten Hermann von Wied gewidmet. Es sei bekannt, beginnt er, wie hoch Origenes im Altertum geschätzt worden sei. Hieronymus nenne ihn als Kirchenlehrer sogleich nach den Aposteln; Augustin habe gewünscht, dass er auf Lateinisch übersetzt werde, Victorius und Hilarius, die Vorkämpfer des rechten Glaubens (orthodoxae pietatis), hätten ganze Seiten aus ihm übernommen, kein Kirchenvater habe nicht aus ihm Nutzen gezogen. Er habe das Eis für die Auslegung der heiligen Schrift gebrochen; dafür seien ihm auch Anfängerfehler verziehen. Die geringen Reste seiner unzähligen Schriften habe der hochgelehrte und scharfsinnige Erasmus von Rotterdam nicht ohne Grund nach seinen Ausgaben des Hieronymus (1516), Cyprian (1521), Hilarius (1523), Irenaeus (1526 [GG 429]) und Augustin (1528/29: alle bei Johannes Froben bzw. seinen Nachfolgern) zur Verbesserung in die Hände genommen. Welches Buch sei heute rein von Fehlern ? Welcher Autor nicht von Fälschern entstellt ? Erasmus habe also, was er bei den andern Autoren bisher erfolgreich geleistet habe, hier ebenso gewissenhaft und scharfsinnig getan und nichts ausgelassen, was zur Kenntnis des Deuters der heiligen Schrift beitrage: das heisst eine kurze Vita verfasst, den Leser in seine Lehre, seine Bücher, seine Lehrmethode, seine Sprache und Kunst und die Anordnung des Werkes eingeführt. Dann scheide er die echten Schriften von den Unterschiebungen, unter Beifügung von Kritiken. Einzig zum Buch gegen Celsus fehle die Kritik, als Schlusstein gegen die Verleumdungen eines solchen Gelehrten. Es sei zu bedauern, dass sie von ihm, dem unvergleichlich Gebildeten, nicht mehr verfasst worden sei. Er habe immer im Sinn gehabt, diese Arbeit ihm zu widmen. Einem herkömmlichen Lobpreis folgt der Hinweis auf von Wieds Einsatz für den rechten Glauben, auf die Eroberung der Täuferstadt Münster (1535). Diese Lobrede habe Erasmus als seine Widmung vorgesehen gehabt, da habe ihn der Tod hinweggerafft. Er sei im Vorjahr aus Freiburg nach Basel zurückgekehrt, einerseits um dem Druck seines Ecclesiastes in der Frobenschen Offizin beizuwohnen und die Schrift abzuschliessen, anderseits um seine Krankheit, die in Freiburg begonnen habe, durch einen Klimawechsel zu verscheuchen. Er sei nicht für immer von dort fortgezogen, wo er seit sieben Jahren (Frühling 1529) gern gelebt habe, von König Ferdinand empfohlen, von jedem Mitglied der Universität geschätzt. Auf mehrmaliges Drängen Marias von Ungarn habe er sich dann über Basel auf dem Rhein nach Brabant begeben wollen, doch eine Verschlimmerung seiner Gicht habe ihn im Herbst ans Bett gefesselt und in Basel zurückgehalten. Gearbeitet habe er bis zuletzt, wie seine Schrift über die Reinheit der Kirche und diese Origenesausgabe zeigten. Bei schwindenden Kräften habe er zuletzt noch einen Monat an Dysenterie gelitten und sei am 11. Juli um Mitternacht in das bessere Leben hinübergegangen. Er habe seinen Tod vorausgesagt. Gross sei die Trauer gewesen. Auf den Schultern von Studenten sei er ins Münster gebracht und bei der ehemaligen Marienkapelle begraben worden. Der Bürgermeister, die meisten Ratsherren und sämtliche Professoren und Studenten hätten beigewohnt. Für seinen Besitz habe er den berühmten Bonifacius Amerbach zum Erben eingesetzt zur Vergabung an Arme, Alte, Kranke, heiratsfähige Töchter zum Schutz ihrer Keuschheit, begabte Studenten und dergleichen und ihm Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius als Testamentsvollstrecker bestimmt. Nicht an grossartige Kirchenbauten habe er dabei gedacht, sondern an lebendige Tempel Gottes. Er habe - was David als Lebensalter bestimmt habe - um die siebzig Jahre gelebt, sein Geburtsjahr wisse man in Basel nicht genau (1469), geboren sei er an einem 28. Oktober. In Deventer habe er bei Alexander Hegius, der sich mit dem aus Italien zurückgekehrten Rudolph Agricola angefreundet gehabt habe, sein erstes Latein und Griechisch gelernt, denn Agricola habe als erster das Griechische nach Deutschland gebracht. Alles übrige habe er sich als Autodidakt angeeignet, denn sein späterer Italienaufenthalt bei den Söhnen des englischen Hofarztes und als Präzeptor des Erzbischofs von St. Andrew habe der Kenntnis des Landes, nicht Studien gegolten (1506-1509). Im folgenden geht Rhenanus kurz auf seine Freundschaft mit Paulus Bombasius, Marcus Musurus und Scipio Carteromachus ein, die ihm bei Schwierigkeiten beim Druck seiner Adagia in Venedig geholfen hätten, mit seinem Zimmergenossen Hieronymus Aleander, mit dem Arzt Ambrosius Nolanus und Baptista Egnatius, seine Lehrtätigkeit in Löwen, Cambridge, privat in Paris, seinen Doktorhut aus Turin, seine Patrone und englischen und niederländischen Freunde. Für seine Schriften verweist er auf seinen eigenen publizierten Katalog. Zuletzt kommt er noch auf seine Wohnstatt bei Johannes Froben, dann in dessen zweitem Haus, schliesslich bei seinem Sohn Hieronymus Froben zu sprechen und schliesst mit nochmaligem Bedauern, dass er nicht noch als Abschluss die Kritik (censura) der Schrift gegen Celsus zur Verteidigung des Origenes und die Widmung an Seine Hoheit habe niederschreiben können, für die dies nur ein nüchterner Ersatz sei.

In seiner kurzen Vorrede zum Matthaeuskommentar, von dem - mutilus - hier nun sowohl der in der vermuteten Ãœbersetzung des Rufinus erhaltene Teil wie das ergänzende Fragment des Erasmus von 1527 abgedruckt ist, begründet Erasmus sein Bedauern über den Verlust gerade dieses einen Werkes unter so vielen damit, dass gerade die Behandlung der Reden und Taten Jesu durch Origenes wichtig zu kennen wäre, worauf er, leicht abgewandelt gegenüber 1527, den Erhaltungszustand des Kommentars, seine Form und die Ãœbersetzung behandelt.

F J III 13 und 14

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: FJ III 13-14

Illustrationen

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Vorrede von Beatus Rhenanus an den Erzbischof von Köln Hermann von Wied, datiert von Schlettstadt, den 15. August 1536, 1. Seite

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Vorrede, 2. Seite

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Vorrede, 3. Seite

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Vorrede, 4. Seite

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Vorrede, 5. Seite

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Kolophon am Ende von Bd. 2

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Druckermarke von Froben