GG 433

Georgii Trapezuntii , in locum illum Evangelij, Si volo eum manere donec veniam, &c. Opusculum. Arnobii Afri in aliquot Evangelistarum locos Annotatiunculae. Iuxta sensum Allegoricum apud Origenem observata a Gilberto Cognato Nozereno. Antonii Nebrissensis in aliquot Sacrae scripturae locos Annotationes. Una cum alijs primum ex impressione repraesentatis. Basel: Robert Winter 1543. l6°.

Im Jahre 1543 erscheint bei Robert Winter in Basel ein Sammelbändchen mit Bibelexegesen verschiedenster antiker und zeitgenössischer Autoren, griechischer und lateinischer, das - wie ähnliche Sammlungen - der Autor der Widmung der ersten Schrift und einzige der Autoren, der selber zwei eigene Werke - eine Schrift über die allegorische Exegese des Origenes und eine Sammlung eigener Mustergebete - gewidmet hat, der ehemalige Famulus des Erasmus von Rotterdam, nun längst als Lehrer in seiner Heimat Burgund, in Nozeroy tätige Gilbert Cousin (Cognatus). In seinem handschriftlich in der Basler Bibliothek erhaltenen Verzeichnis seiner gedruckten und noch ungedruckten Werke von um 1560 führt er den "Observationum in Origenis allegorias liber unus" und die Gebete zusammen mit anderem in einer Reihe unter "Haec omnia Winterus impressit anno 1543, Jacobus Parcus 1556. in 16" auf. In der Folge der Kontakte aus seiner Zeit bei Erasmus ist er zeitlebens mit Basel in Verbindung geblieben und hat die meisten seiner Werke hier drucken lassen, zuerst bei Parcus und Oporin, dann bei Heinrich Petri, als dessen Söhne von ihm in Nozeroy in Latein und Französisch unterrichtet wurden.

Von Georgios Trapezuntios (Kreta 1395 - Rom 1472/73), der in verschiedenen Städten Italiens Griechisch und Latein lehrte, zum römischen Glauben übertrat und Sultan Mehmed II. zum christlichen Glauben bekehren wollte und in ihm den kommenden römisch-christlichen Kaiser sah, sind die rhetorischen und dialektischen Schriften sowie seine zahlreichen Ãœbersetzungen von Kirchenvätern und profanen Autoren wie Platon und Aristoteles seit dem späten 15. Jahrhundert überall immer wieder gedruckt worden, seine Dialektik und seine Rhetorik u.a. auch von Valentin Curio schon 1522 (GG 27) (GG 28); manche Schriften hingegen sind noch heute ungedruckt und unsere kleine Auslegung des Gesprächs Jesu mit Petrus über das Weiterleben des Evangelisten Johannes bis zum Jüngsten Tag scheint ebenfalls hier zum erstenmal im Druck erschienen zu sein. Vom jüngeren Arnobius (Gallus) - damals noch allgemein mit dem älteren, dem Apologeten aus Nordafrika (um 300) gleichgesetzt - aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts war 1522 bei Johannes Froben, herausgegeben von Erasmus von Rotterdam, sein Hauptwerk, der Psalmenkommentar, zum erstenmal erschienen (nochmals 1537 und 1560), noch im selben Jahr in Köln und Strassburg nachgedruckt. Seine Expositiunculae oder Annotatiunculae, Erklärungen zu ausgewählten Stellen der Evangelien, scheinen hier zum erstenmal gedruckt zu sein. Das selbe gilt natürlich für die Schrift des Cognatus selber über die allegorische Bibelexegese des Origenes und seine Gebete. Vom spanischen Grammatiker Elio Antonio de Nebrija (1444-1522) hat Cousin nochmals 1558 kleinere theologische Schriften drucken lassen: drei Homilien im Anhang zu den fünfzig Homilien des Caesarius von Arles bei Heinrich Petri. Die hier vorliegenden Erklärungen ausgewählter Bibelstellen waren zuvor 1520 in Paris erschienen, sind danach nochmals 1600 in Antwerpen im Anhang an Auslegungen von Stellen des Alten Testaments von Angelo Canini erschienen. Cousins undatierte Widmung des ersten Druckes und damit auch des ganzen Bändchens gilt dem jungen Bischof von Arras Antoine Perrenot (Perrenot de Granvelle, Besançon 1517 - Madrid 1586, nach Studien in Padua, Paris und Löwen 1540 Bischof und von 1543 an - Trient - durch seinen Vater, den Kanzler Karls V. Nicolas Perrenot de Granvelle, in die Staatsgeschäfte eingeführt): Er habe schon lange ihm seine Ehre erweisen, doch ihn nicht von seinen Studien in Bologna ablenken wollen. Nun habe aber sein Oheim Henricus Colinaeus (de Colines? Coligny?), der ihm sehr ergeben sei, ihm durch seine Reise nach Deutschland eine bessere Gelegenheit, ihm zu schreiben, mitgeteilt. Schon lange sei er von seinen Tugenden und seinem Wohlwollen äusserst eingenommen. Von diesen habe er durch andere und besonders Colinaeus (er war Senator in Dôle) schon lange erfahren. So suche er durch dieses Geschenk seine Freundschaft zu gewinnen: durch das Büchlein des um die Literatur verdienten Griechen Georgius Trapezuntius über den Apostel und Evangelisten Johannes, das bis dahin erst wenige kennten, und das nun unter seinem Namen bekannt werde. Dieser Widmung lässt Cousin eine Biographie des Trapezuntius mit Besprechung seiner Schriften folgen. Dessen kleiner Schrift folgt ein undatierter Brief John Colet's an Erasmus, in dem es um Ein- und Mehrdeutigkeit der Aussagen der Bibel geht, den Allen auf Oktober 1499 datiert, aber wie die Leidener Ausgabe nicht vollständig abgedruckt hat; vollständig findet er sich in Allens erster Quelle, Frobens Druck des Enchiridion militis Christiani vom Juli 1518 (S. 213-217), doch scheint uns hier gewisser Abweichungen und Fehllesungen wegen nicht dieser Druck als Vorlage gedient zu haben: hat Cousin eine Abschrift des Briefes oder gar, als Geschenk seines Herrn, den Brief Colet's selber besesen? Den zweiten Teil, Arnobius, leitet wiederum eine Widmung Cousins ein, auch sie undatiert, an seinen patronus, den Apostolischen Schreiber Iodoicus a Syuriach, Herrn von Montbéliard (?). Da er sich schon lange ihm erkenntlich zeigen wolle, widme er ihm diese Annotationes, die hier dank den Bemühungen seines Freundes Oporin zum erstenmal erschienen. Unter seinem Patronat würden sie allgemein willkommen sein, zudem durch das Alter des Archetyps empfohlen und durch die Zuverlässigkeit der Wiedergabe des mühsam zu entziffernden Buches (d.h. der Handschrift): wegen der nicht mehr gebräuchlichen Schrift und der für einen Ungeübten mühsamen trennungslosen Schreibweise. Seinen Psalmenkommentar habe Erasmus schon lange herausgegeben und es sei die Hoffnung aufgekommen, dass jene berühmten Bücher gegen die Heiden, die Hieronymus im Katalog der berühmten Autoren erwähne, gefunden würden, da einer behaupte, es gebe Unveröffentlichtes von Arnobius in England, ein anderer: in Neapel oder Italien. Dass doch Mächtige mit Preisen Gelehrte ermunterten, diesen Schatz zu suchen (die Disputationum adversus gentes libri VIII - des älteren Arnobius - waren gerade 1542 in Rom zum erstenmal erschienen, die nächste Ausgabe dann in Basel 1546). Schliesslich folgen, vor dem abschliessenden kleinen Bibelkommentar des Elio Antonio de Nebrija mit einer Widmung von Pierre Gilles aus Albi, in der er erzählt, wie ihm ein junger Mann aus Spanien das kleine Werk dargereicht habe, unter der Bedingung, es drucken zu lassen, die beiden eigenen kleinen Werke Cousins, Bemerkungen zu allegorischen Bibeldeutungen des Origenes und Mustergebete mit Widmungen an den apostolischen Protonotar - späteren Bischof von Genf - Philibert à Rye bzw. an seinen Freund Odotus Regulus. In der ersteren freut er sich und dankt à Rye, dass er seinen literarischen Arbeiten wohlwollend gegenüberstehe, dass er ihm nach dem Tod des Erasmus zu einem neuen Mäzen werde, und er wolle ihnen beiden willfahren und nach der Empfehlung des Erasmus durch gewissenhaftes Studium der Sprachen und Literatur Ruhm suchen. Dazu hätten ihm seine Musen ein Werk des Erasmus in die Hände gespielt, damit er es ihm, frisch aus der Presse (ex incude pressoria), zusammen mit dem hier Vorliegenden darbiete (meint er die Origenesausgabe von 1536 [GG 432] mit dem Nachruf des Rhenanus ?). Hierbei handle es sich um Beobachtungen zu allegorischen Deutungen des hervorragenden Schriftauslegers Origenes. Der kurzen Widmung der Gebete können wir entnehmen, dass Cousin sie dem Regulus nach der Genesung "seines kleinen Sohnes" - wohl einer seiner Schüler und Sohn des Regulus - gesandt hat, von der er durch dessen Neffen Franciscus Regulus erfahren hat; man sei dem Arzt Claude Bocau zu Dank verpflichtet. Die Gebete sende er als sōtērion - als Dankopfer für die Rettung; der Kleine und seine andern Kinder könnten an ihnen das Gespräch mit Gott lernen.

Aus der Basler Kartause, gekauft von deren letztem Schaffner Nicolaus Molitoris: F P VII 4 Nr. 1. Ein zweites Exemplar F K VIII 18 Nr. 2 stammt aus Besitz Remigius Faesch.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: FK VIII 18:2 | FP VIII2 4:1

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Vorrede von Gilbert Cousin an den Bischof von Arras Antoine Perrenot, undatiert, 1. Seite

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