GG 434

Origenis Adamantii magni illius et vetusti scripturarum interpretis Opera quae quidem extant omnia doctiss. virorum studio iam olim translata & recognita: nunc vero ulteriore cura, sincera fide, ab innumeris repurgata mendis. Cum Vita Auctoris... Basel: Eusebius Episcopius und Erben des Bruders Nicolaus September 1571. Fol. 2 Bde.

Im selben Jahr noch ist die Origenesausgabe des Erasmus von 1536 (GG 432) in Lyon nachgedruckt worden. 1545 und 1557 erschienen ein Nachdruck und eine Neuausgabe bei Froben und Episcopius selber, letztere von dem reformierten englischen Theologen und in diesen Jahren Emigranten u.a. in Basel Laurence Humphrey besorgt, mit reichen Marginalien, die auf die biblischen Quellen der Zitate und Anspielungen des Origenes hinweisen, ausgestattet (hier wieder abgedruckt) und am 6. August 1557 Antony Cave gewidmet. Und bei den Söhnen des Nicolaus Episcopius, bzw. beim jüngeren seiner beiden Druckersöhne und den Erben des 1565 an der Pest gestorbenen älteren erscheint auch der nächste Druck, verbessert und herausgegeben vom jungen aus Bern stammenden, damals noch badischen Theologen, 1575 dann Professor für Altes, 1585 für Neues Testament an der Basler Universität und 1586 Antistes der Basler Kirche Johann Jacob Grynaeus (1540-1617), 1565-1575 Superintendent im nahen markgräflich-badischen Rötteln, dem späteren Begründer der reformierten Basler Orthodoxie. So sieht denn auch er gewisse Gefahren, wo Erasmus vor allem Anregungen gesehen hatte. Grynaeus hat die Ausgabe, die weiter die Widmung des Rhenanus und die Untersuchungen des Erasmus enthält, von Rötteln am 2. September 1571 dem bekannten Arzt Thomas Erastus gewidmet. Der 1524 in Baden (AG) geborene Thomas Lüber hatte 1542-1544 in Basel studiert, vornehmlich Theologie, dann 1544-1552 Medizin in Bologna und Padua, und war seit 1558 Professor der Medizin in Heidelberg und Leibarzt des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz. Er galt in seiner Zeit als einer der besten Ärzte Deutschlands, war zudem einer der heftigsten Gegner der Heilverfahren des Paracelsus. In Heidelberg hatte er dank seiner theologischen Ausbildung wesentlichen Anteil am Aufbau der reformierten Landeskirche, war aber nach dem Übergang von deren Leitung an strenge Calvinisten umso heftiger angefeindet, schliesslich des Antitrinitarismus beschuldigt. Er war es auch gewesen, der seinen Schwager Grynaeus, der zunächst mit seinem Vorgänger Simon Sulzer zum Lutheranertum geneigt und dann auch seine Studien im lutheranischen Tübingen abgeschlossen hatte, für die reformierte Kirche gewonnen hat. 1580 kehrte dann Erastus nach Basel zurück, wurde Mitglied des Collegium und des Consilium medicorum und in seinem Todesjahr 1583 noch Professor der Ethik. Grynaeus beginnt die Widmung an seinen Schwager, die auf ihren elf kleingedruckten Folioseiten auf zahlreiche theologische Fragen und Kontroversen eingeht, mit dem Hinweis, dass er gesehen habe, wie die Lehre des Origenes, sein Kampf gegen die Häretiker, sein Lebenslauf und seine kirchlichen Handlungen nicht nur von seinen Zeitgenossen, sondern auch von späteren und sogar jüngsten Theologen wie Erasmus von Rotterdam besonders gewissenhaft erklärt und je nach Gutdünken von den einen anerkannt und bewundert, von den andern völlig abgelehnt worden seien, und dass er daraufhin beschlossen habe, ohne Lobrede auf Origenes in dieser Anrede darauf einzugehen, wie die Kandidaten der Theologie sich mit einigem Gewinn für ihre Studien und ohne Gefahr mit diesem Origenes befassen könnten. Nicht Gelehrte wolle er darin unterrichten, sondern jenen, wenn sie einmal auf die Schriften des Origenes stiessen, an Eigenheiten und Stolpersteinen seiner Gedanken Anstoss nähmen und nicht weiter wüssten, was dem Glauben analog, was anzueignen, was zu meiden sei, den Weg zu weisen, dass sie es sofort erkennten, damit sie so durch eine hypotypōsis - ein Abbild - der himmlischen Lehre wie durch ein Gegengift geschützt an diese und ähnliche alte Denkmäler heranträten. Solche knappe Abbilder der Lehre über Jesus gebe es in den Büchern der Propheten und der Apostel, die im Gedächtnis zu haben und sich immer zu wiederholen sehr nützlich sei. Nicht nur, damit der Glaube im Kampf mit der akademischen Skepsis und andern Versuchungen Satans gewisse Abwehrmittel besitze, sondern auch um zu erkennen, wo sich die Angel des Heils drehe, und der Gerechtigkeit des Glaubens zu folgen. In der Folge führt Grynaeus als solche Abbilder Aphorismen - kurze Glaubenssätze - aus den Reden Gottes an, mit dem Abschluss, alles zu prüfen und, was gut sei, zu behalten. Eines vor allem zeige die christliche Lehre, dass der Mensch von Gott geschaffen, aber vom Satan umgarnt und verführt die Erbsünde begangen habe und von Christus erlöst worden sei. So hätten auch die Propheten nicht Neues gelehrt, sondern die wahren Reden über den Gekreuzigten. Hierneben brauche es keine andere Lehre. Da es aber eines jeden Aufgabe sei, von seinem Glauben Rechenschaft abzulegen und das Evangelium zu bekennen, halte er es für der Mühe wert, im Eingang zu diesen Schriften des Origenes seine Meinung vom Mysterium des Heils ihm und allfälligen andern Lesern kurz darzulegen und zugleich eine Art Skizze des Abbilds der Heilslehren (hypotypōseōs tōn hyg<i>ainontōn logōn veluti skiagraphian) aus den heiligen Schriften vorzulegen. Die folgenden Seiten gelten dem Menschen als lebendigem Tempel und Wohnsitz Gottes, in dem die Abbilder der göttlichen Tugenden leuchteten, zum ewigen Leben geboren, durch Satan gefallen und durch Christus erlöst, dem Fleisch gewordenen Erlöser, Lebensfürsten, Messias, von der Bezeugung seiner Göttlichkeit durch die Evangeliographen, seiner Homusie, nicht Homoiusie oder Heterousie mit Gott als Mensch, als Menschensohn, mit dem die Auserwählten gestaltgleich würden, der sich als Erzpriester für die Menschen verwenden werde, der allein sich und den Vater den Menschen offenbare, in dem allein das Heil beruhe. Wofür Grynaeus in der Folge zahlreiche Belege bietet. Wer diese Zeugnisse kenne und wisse, dass die Rechtfertigung nur durch den Glauben, nicht durch Werke nach Gesetz erlangt werde, werde leicht die Lügen zurückweisen, die Fanatiker zu allen Zeiten zur Verdunkelung der christlichen Lehre verkündet hätten (hier spricht schon der Basler und - im Auftrag des Kurfürsten - spätere Heidelberger Kirchenreformer, Katechismus-Autor). Sodann kommt Grynaeus auf die Begnadigung (restitutio) und die Versöhnung (reconciliatio) zu sprechen, durch Gott in seiner Allwissenheit: hier wirkten die Vorherbestimmung (praefinitio), wie seine unterschiedliche Haltung gegenüber Jakob und Esau zeige, die Berufung (klēsis, vocatio) und die Verleihung von Ruhm und Ehre an die Auserwählten. Wer dies erkannt habe, lasse sich nicht von den Faseleien und der sophistomania derjenigen bewegen, die die Grundlagen der Begnadigung und des ewigen Heils nicht in Gott und seiner Barmherzigkeit, sondern im Menschen und seinen Verdiensten sähen, wofür Grynaeus auf die Vorsehungs- und Rechtfertigungslehre des Paulus verweist. Christus habe Nachfolger verlangt, von diesen sein Joch auf sich zu nehmen. Schliesslich kommt Grynaeus auf die Diener und Verwalter der Begnadigung zu sprechen, die Hirten und Ärzte der Seelen seien, die Methode der Seelenbehandlung der Theologen, die der Körperbehandlung der Ärzte verwandt sei, auch immer die Ursachen erforschen müsse, die Sünden, und die Heilmethode (therapeutikē) finden sowie die richtige Ernährung (diaita), Übungen mit Mass, im geistigen (spiritualis) wie im körperlichen Sinn, wie Christus seine Getreuen mit Himmelsbrot und dem ewigen Leben nähre. Der Ruhm hierfür aber gebühre nicht diesen Dienern, sondern Christus, der durch den heiligen Geist in den Auserwählten wirke. Nicht diese Diener sprächen, sondern der Geist des Vaters in ihnen. Das sei es, was er aus der Lehre der Apostel und Propheten über die Begnadigung des Menschengeschlechts in der Einleitung zu den Schriften des Origenes habe bemerken wollen, um die Kandidaten der Theologie, die etwa diese Schriften lesen wollten, zu ermahnen, gewisse Lehren darin nicht unkritisch und wahllos zu übernehmen, sondern die wahren von den falschen zu unterscheiden. Nur dem sei zu glauben, der dem Glauben Analoges lehre. Er habe den einzelnen Werken kurze Einführungen (hypotheseis) voranstellen wollen (also zu den weiter abgedruckten alten argumenta hinzu), doch Zeitnot, Kirchengeschäfte und das Drängen der Druckerpresse (für die jede Verzögerung lang sei) hätten bewirkt, dass er diese weggelassen habe und nur gerade auf ihre theologischen Themen (loci communes in den einzelnen Büchern vor diesen) wie mit dem Finger hinweise. Er habe auch gehofft, dass mit diesen Schriften die noch nie gedruckte philokalia Origenis zum erstenmal lateinisch erscheinen könne. Die Drucker würden sie nun, vom Übersetzer sorgfältig bearbeitet, zu ihrer Zeit veröffentlichen (die Origenis Philocalia, de obscuris S. Scripturae locis, a SS.PP.Basilio Magno & Gregorio Theologo ex varijs Origenis Commentarijs excerpta, eine Auswahl von Texten des Origenes, die Basilius und Gregor von Nazianz vor allem aus den nicht verketzerten exegetischen Werken des Origenes - im Gegensatz zu seinen dogmatischen Schriften wie peri archōn - zusammengestellt haben, ist unter diesem Titel erst 1618 nach einer griechischen Handschrift der Königlichen Bibliothek mit lateinischer Übersetzung in Paris erschienen; wer der von Grynaeus nicht genannte Übersetzer des von ihm erhofften, aber offenbar auch später nicht zustandegekommenen Basler Drucks gewesen wäre, dürfte aus dem Vorhandensein einer Abschrift dieser Auswahl von der Hand des Mönchs Kyrillos von Naupaktos aus dem Jahre 1563/64 in Basel mit Korrekturen und Ergänzungen am Rand von der Hand des Grynaeus klar sein; der Band enthält zudem, von einem andern Kopisten, die vorn unvollständige Schrift gegen Celsus und eine weitere Schrift des Origenes: Mscr. A III 9 Nr. 1). Den hier vorliegenden Druck widme er ihm, leitet Grynaeus zum Schluss der Widmungsvorrede über, nicht nur als öffentliches Zeugnis ihrer Freundschaft, sondern um ihm die Werke desjenigen Mannes darzubieten, der viele Jahrhunderte lang die schärfste Zensur gewisser Kritiker erduldet habe (dies auch der Grund der schlechten, vorwiegend nur fragmentarischen Überlieferung seiner Schriften). Aber wenn auch verständige Leute ein Gericht ohne Verteidiger über das Leben und die Lehre eines Toten verdächtig fänden, so scheine er ihm doch, da er wegen seiner übermässigen Bemühungen um allegorische Deutungen, wegen des Nachteils der Übersetzungen des Ruffinus und wegen gewisser fremder Lehrsätze bei gewissen Leuten einen schlechten Ruf habe, eines Schutzherrn nicht nur von hervorragender Bildung und Frömmigkeit zu bedürfen, sondern eines solchen, der seine Schriften auch mit kritischem Urteil lese und klug das Wahre vom Falschen zu unterscheiden vermöge. Er könne nach der Lektüre seiner Werke mit der ihm eigenen Geschicklichkeit und Standhaftigkeit das, was von ihm in Übereinstimmung mit der Glaubenslehre überliefert sei, gegen Verleumder verteidigen. Er wisse, dass für ihn seine Ausübung des ärztlichen Berufs nie seinem Christentum im Wege stehe, dass er ihn als ihm vom heiligen Geist gegeben ansehe. Er glaube, dass Origenes in ihm einen Verteidiger gegen das ungünstige Geschick habe, dessen Ansehen genüge, ungerechte Kritik (censura) und Vorurteile von Neidern (die vor allem auch den Herausgeber treffen würden) abzuweisen.

Neuerwerbung von 1947 (zuvor im Besitz eines Dr. Alfred Georg: Exlibris): f a 155

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: fa 155

Illustrationen

Buchseite

Titelseite

Buchseite

Vorrede von Johann Jacob Grynaeus an den Arzt Thomas Erastus, datiert von Rötteln, den 2. Sept. 1571, 1. Seite (von 11)

Buchseite

Kolophon am Ende von Bd. 2

Buchseite

Druckermarke der Episcopius