Glareanus, H.: Descriptio de situ Helvetiae, & vicinis (...). - Basel, 1519

Autor  Glareanus, Henricus, 1488-1563
Titel  [Helvetiae descriptio et in laudatissimum Helvetiorum foedus Panegyricus] Descriptio de situ Helvetiae, & vicinis gentibus / per eruditissimum virum Henricum Glareanum Helvetium, poëtam laureatum ; Idem de quatuor Helvetiorum pagis ; Eiusdem pro iustissimo Helvetiorum foedere Panegyricon / cum commentariis Osvaldi Myconii Lucernani ; Ad Maximilianum Augustum Henrici Glareani Panegyricon
Impressum  Basileae : apud Io. Frobenium, mense Martio an. 1519
Umfang  71, [1] S. ; 22 cm
Notiz  Mit einleitenden Texten von Joachimus Vadianus und Johannes Zimmermann
Signaturen: A-I⁴
Titeleinrahmungen, Zierinitialen, Zierleiste, Druckermarke
Impressum aus Kolophon: "Basileae apud Io. Frobenium mense Martio an. M.D.XIX."
Druckort  Basel
Druckerei  Froben, Johannes (Offizin, Basel)
Enthaltene Werke  Glareanus, Henricus, 1488-1563: In divi Maximiliani imperatoris laudem et praeconium
Weitere Urheber  Vadianus, Joachim, 1484-1551
Zimmermann, Johannes, ?-1526
Mykonius, Oswald, 1488-1552
Bibliogr. Nachweis  VD16 L 2675
Signatur  Falk 2950:7
Anm. zum Exemplar  Ehemals Teil eines grösseren Sammelbandes
Davor eingebunden: Protokoll zum Verlust von Druck Falk 2950:6
Mehrere teilweise durchgestrichene und weggeschnittene Widmungen auf der Titelseite
Nicht entzifferbarer Besitzervermerk auf S. 71

Illustrationen

Buchseite

Titelseite

Buchseite

Schluss des Textes, Kolophon und nicht mehr lesbarer Besitzervermerk (S. 71)

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Kommentar

(spl) Was die 1519 bei Froben besorgte Herausgabe von Glareans Descriptio Helvetiae von der fünf Jahre zuvor erschienenen editio princeps unterscheidet, ist nicht nur die ausführliche Kommentierung der einzelnen Verse durch Oswald Mykonius, sondern auch der Umstand, dass das Panegyricon auf Kaiser Maximilian, das schon 1514 zusammen mit der Beschreibung der Schweiz abgedruckt wurde, nun nicht mehr vorangestellt wird, sondern der Descriptio folgt.

Eingeleitet wird die kommentierte Descriptio durch einen zweiseitigen Prosabrief von Mykonius sowie zwei Gedichten von Joachim Vadian und Johannes Zimmermann. Mitabgedruckt ist ausserdem Glareans Widmungsbrief der Ausgabe von 1514. Der Kommentar endet mit einem kurzen Sendschreiben von Mykonius an einen Stephanus Ferrarius.

Das Panegyricon auf Kaiser Maximilian ist mit derselben Widmung versehen wie in der Basler Ausgabe von 1514 (siehe Aleph F IX 19:12; DB VI 5:2; DD VII 13:3; Frey O IV 8; VB J 20:7; VB T 45:2).

Einleitende Texte zur Ausgabe 1519 [1]

Der Widmungsbrief von Oswald Mykonius zum Auftakt des Drucks ist an den Rat von Zürich gerichtet, dessen Tugenden gelobt werden. Mykonius begründet die Kommentierung der Descriptio damit, dass diese Dichtung zwar schon viele Leser gefunden habe, aber nur von wenigen völlig verstanden worden sei. Deswegen hätten ihn Schüler Glareans angefragt, ob er die Schrift kommentieren könnte.

Vadian richtet sich mit seinem 18 Distichen umfassenden Gedicht an Helvetia. Er lobt deren Kraft und Tapferkeit, die bis jetzt eines Herolds entbehrte; ein solcher sei nun aber in der Gestalt Glareans gefunden worden. Zum Schluss nennt Vadian Mykonius, der als kluger Interpret das Gedicht seines Freundes erkläre.

Johannes Zimmermann hat sein Gedicht, bestehend aus elf sapphischen Strophen, zu Ehren von Mykonius‘ Kommentar verfasst. Es handelt davon, dass erst Texte wie Glareans Dichtung und Mykonius‘ Kommentar die Grossartigkeit der eigenen Heimat ans Licht bringen.

Widmungsbrief an Heinrich Uttinger von 1514 [2]

Glareans Beschreibung der Schweiz ist zudem durch einen etwas mehr als eine Seite umfassenden Widmungsbrief an den Zürcher Chorherrn und Pfalzgrafen Heinrich Uttinger eingeleitet. Es handelt sich dabei um denselben Brief, der die Dichtung schon in der editio princeps von 1514 eröffnet hatte.

Das Schreiben nennt als Ursache für Glareans wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Vaterland ein Gespräch, das der ursprünglich aus dem Kanton Glarus stammende Humanist mit Uttinger geführt hatte. Von dem damals gefassten Entschluss, alles zusammenzutragen und darzustellen, was bei den besten Schriftstellern – apud optimos quosque ... authores – über die Schweiz zu finden sei, habe sich Glarean von da an nicht mehr abbringen lassen, obwohl ein solches Unterfangen viele Tadler auf den Plan rufe. Gegner und Neider habe Helvetien viele, da es sich nicht wie Sklaven einem Tyrannen unterwerfe, sondern die Freiheit verteidige. Weiter lobt Glarean die zahlreichen Gelehrten und berühmten Geister, die in der Schweiz heute zu finden seien (namentlich erwähnt er Ulrich Zwingli, Joachim Vadian, Heinrich Lupulus, Michael Rubellus sowie Bruno, Basilius und Bonifacius Amerbach). Jeder von ihnen habe sich dadurch hervorgetan, nichts Schlechtes über andere Völker zu äussern – ein Beispiel, dem Glarean selbst auch folgen wolle.

Kommentierte Descriptio Helvetiae und Panegyricon [3]

In einem kurzen Vorspann thematisiert Mykonius, wie schwierig es sei, eine Beschreibung der Schweiz zu fertigen. Es folgt die minutiöse Kommentierung der einzelnen Verse, die auch zahlreiche Hinweise auf die von Glarean benutzten Quellen gibt. Die Dichtung selbst, welche hier in der Fassung von 1514 mit marginalen Änderungen mitabgedruckt ist, bietet gemäss ihrem Titel eine Beschreibung der Schweiz sowie deren Lobpreisung.

Der erste Teil, die eigentliche Helvetiae descriptio, beginnt mit dem Anruf an die Musen: Diese sollen dem Dichter beistehen, der ein ruhmvolles Kriegsvolk, Adlern und Löwen gleich, besingen wolle. Nicht jedoch sei die Geschichte dieses Volks vorzustellen, die mit dem Apfelschuss Tells begonnen habe – das bleibe Aufgabe zukünftiger Geschlechter –, Glarean setzt sich vielmehr zum Ziel, die Natur und die Gestalt des Landes zu schildern. Dementsprechend folgen die Beschreibung der Landesgrenzen, die Benennung der wichtigsten Flüsse und die Darstellung der topographischen Beschaffenheit der Schweiz, die mit der Feststellung schliesst, dass nicht einmal Vergil oder Homer die Schönheit der Gewässer gebührend preisen könnten. Es schliesst die Schilderung der vier Regionen Helvetiens an. Glarean spricht von pagosund versteht darunter jeweils dasjenige Gebiet, das den Lauf eines Flusses begleitet. So gesehen würden die vier Flüsse Thur, Limmat, Reuss und Aare die Regionen der Schweiz bestimmen.

Das Panegyricon widmet sich – wie Glarean selbst sagt – den zwölf Orten der damaligen Eidgenossenschaft. Nacheinander werden Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Glarus, Basel, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen und, als Nachtrag, Appenzell besungen (Letztes war gerade erst 1513 als dreizehnter Ort in den Bund der Eidgenossen aufgenommen worden). In jeweils zwölf Versen – nur Basel erhält 13, Solothurn und Schaffhausen elf und Appenzell sogar nur zehn – hebt Glarean das Besondere jedes einzelnen Kantons hervor, indem er beispielsweise das Berner Münster mit den Pyramiden von Memphis vergleicht oder die Männer von Zug mit Camillus.

Das Lobgedicht endet mit einer wahren Eloge auf das Vaterland des Humanisten und mit dem Aufruf, die Eidgenossenschaft möge ihr eigenes Tun immer an den römischen Vorbildern messen. So, wie mit dem Urner Wilhelm Tell der Schweiz ihr Brutus gegeben worden sei, wünscht sich Glarean für die Zukunft einen Attilius, einen Appius und Scipionen.

Panegyricon auf Kaiser Maximilian I [4]

Das erstmals 1512 in Köln gedruckte Panegyricon auf Kaiser Maximilian I wird hier in derselben Fassung und mit dem gleichen Widmungsbrief wiedergegeben wie im Basler Druck von 1514.

Wie dem lediglich 15 Zeilen langen Widmungsschreiben an Johannes Caesarius zu entnehmen ist, hat Glarean das nachfolgende Loblied auf Kaiser Maximilian I im Jahre 1512 persönlich vor dem Kaiser und den versammelten Fürsten Deutschlands zu Köln in dorischem Ton vorgesungen, und zwar non sine gloria, wie der bei diesem Anlass zum poeta laureatus gekrönte Schweizer Humanist stolz festhält.

Das in der Basler Ausgabe 80 Hexameter umfassende Panegyricon – im Kölner Erstdruck zählte die Dichtung noch 83 Verse [siehe dazu: Sauerborn, S. 173] – lobt die weitreichende Macht und den beinahe auf der ganzen Welt bekannten Ruhm des Kaisers, wobei Glarean vereinzelt Anklänge an Vergil benutzt. Überall bekannt seien zudem die Frömmigkeit und die Tugend Maximilians. Die Aufzählung der Untertanenvölker gipfelt darin, dass Glarean die Schweiz als dem Kaiser in ewigem Bündnis verbunden anspricht, die er eine gens aquilam, gens terribileis imitata leonesnennt – eine Formulierung, welche so wörtlich auch Eingang in die Helvetiae descriptio gefunden hat. Das Loblied endet mit der Bitte, der Kaiser möge verzeihen, wenn dessen Taten zu wenig grossartig ausgeführt sein sollten, sowie mit dem Wunsch, dem Herrscher seien noch viele Jahre gegeben, um unbesiegt weiter zu regieren.

In einer kurzen Notiz im Anschluss an das Panegyricon verweist der Dichter noch einmal auf seinen öffentlichen Vortrag zu Köln, der direkt vor der Krönung zum poeta laureatus stattgefunden habe.

Weitere Exemplare des beschriebenen Drucks in der UB Basel

Aleph E V 19:4

DB V 17:8

Falk 2942:1

Weiterführende Literatur

Glareanus, Henricus: Glareani descriptio Helvetiae, hrsg. von Carl Christoph Bernoulli. In: Denkschrift der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel zur Erinnerung an den Bund der Eidgenossen vom 1. August 1291. Basel, 1891, S. 1-48 [bietet eine wissenschaftliche Ausgabe der Descriptio Helvetiae, welche die Basler Drucke von 1514, 1519, 1553, 1554 und 1558 berücksichtigt]

Glareanus, Henricus: Helvetiae Descriptio Panegyricum, hrsg. und übers. von Werner Näf. St. Gallen, 1948 [bietet eine zweisprachige Ausgabe der Helvetiae descriptio]

Sauerborn, Franz-Dieter: Die Krönung des Schweizerischen Humanisten Glarean zum poeta laureatus durch Kaiser Maximilian I. im Jahre 1512 und seine Helvetiae Descriptio von 1514/1515. In: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins-Land“ 116 (1997), S. 157-192

Titel und Incipits

[1] Einleitende Texte zur Ausgabe 1519 [zum Text]

Osvaldus Myconius Lucernanus consulibus, et senatui Tigurino s. d.
Incipit: Vidi hactenus eos

Ioachimus Vadianus medicus, orator, et poeta laureatus Helvetiam alloquitur.
Incipit: Tandem, terra potens, quae libertatis alumna es

Carmen sapphicum Ioannis Xilotecti Lucernani lusum in Osvaldi Myconii commentariolum.
Incipit: Arduos totus loquitur triumphos

[2] Widmungsbrief an Heinrich Uttinger von 1514 [zum Text]

D. Henrico Utinger Tigurino, Tigurinae ecclesiae canonico, comiti palatino, viro perquam colendo, Henricus Glareanus Helvetius, poe. lau. s.
Incipit: Cum nuper in itinere tuo

[3] Kommentierte Descriptio Helvetiae und Panegyricon [zum Text]

Commentariolum Osvaldi Myconii Lucernani, in Glareani carmen de Helvetia.
Incipit: Quam difficilem rem sit poeta noster aggressus

Helvetiae descriptio, per Henricum Glareanum Helvetium poetam laureatum.
Incipit: Pierides nymphae, Boeotia numina Musae

Osvaldus Myconius Lucernanus s. d. Stephano suo Ferrario.
Incipit: Habes mi Stephane, quod multis a me

[4] Panegyricon auf Kaiser Maximilian I [zum Text]

Ioanni Caesario Iuliacensi, physico, mathematico, & medicinae doctori, Graecae Latinaeque linguae apprime docto, Henricus Glareanus Helvetius poe. laurea. s.
Incipit: Gaudere plurimum soleo, suavissime praeceptor

Ad divum Max. Aemilianum Romanorum imperatorem semper Augustum Henrici Glareani Helvetii poe. lau. panegyricon.
Incipit: Inclyte Romulidum Caesar, quem summa tonantis

Erwähnte Personen: Glareanus, Henricus; Caesarius, Johannes; Maximilian I, Kaiser des Römisch-deutschen Reichs; Uttinger, Henricus; Zwingli, Ulrich; Vadianus, Joachimus; Lupulus, Heinrich; Rötlin, Michael; Amerbach, Basilius, 1488-1535; Amerbach, Bonifacius; Amerbach, Bruno; Mykonius, Oswald; Ferrarius, Stephanus*

Themen: Historisch: Wilhelm Tell; Brutus, Lucius Junius; Brutus, Marcus Junius; Camillus, Marcus Furius; Atilius Regulus, Marcus; Appius Claudius Caecus; Scipionen; Schweiz; Rat von Zürich

Themen: Poetisch: Hexameter; Sapphische Strophe; Strophe, sapphische; Distichon, elegisches; Elegisches Distichon

Themen: Literaturhistorisch: Vergilius Maro, Publius

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