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Plutarchi Chaeronei Ethica, Sive Moralia. Opera quae extant, omnia: Interprete Hermanno Cruserio I. C. atque Illustriszimi Ducis Clivensis & Iuliacensis Consiliario... Basel: Thomas Guarin 1573. Fol.

Ganze drei Jahre nach der neuen Übersetzung der sog. Moralia Plutarchs durch den Heidelberger Philologen Wilhelm Xylander (GG 98) erscheint im selben Verlag Thomas Guarins eine zweite Übersetzung der kleinen Schriften, vom Übersetzer der Viten Herman Croeser, die 1564 bei Guarin erschienen waren (GG 105), diese drei Jahre nach Xylanders Übersetzung von Heidelberg/Basel (Oporin) von 1561. Nachdem Croeser sich laut seiner Vorrede dort nicht gescheut hatte, auch nach Erscheinen der Übersetzung Xylanders die seine noch zu vollenden und drucken zu lassen, da ja auch - hier sprach der Arzt Croeser - von Dioskorides drei verschiedene Übersetzungen nebeneinander existierten, die einander sehr nützlich ergänzten, hat man mit den Viten offenbar ebendiese Erfahrungen gemacht, dass zwei gewissenhafte Übersetzungen eines selben Werkes sich gar nicht unbedingt zu konkurrenzieren brauchten. So hat denn auch Guarin schon 1570 beim französischen König gleichzeitig um ein Privileg gegen Nachdruck für beide Übersetzungen der Moralia nachgesucht. Hatte der Arzt, Jurist und Herzogliche Rat und Gesandte Croeser die Vitae seinem Herrn, Herzog Wilhelm V. von Kleve und Jülich gewidmet, so widmet er die ergänzende Übersetzung der Moralia von Kleve aus (ohne Datum) dem mit diesem verwandten Herzog Julius von Braunschweig und Lüneburg (1528-1589; 1571 hat er in Gandersheim ein Pädagogium zur Ausbildung von Geistlichen, 1576 in Helmstedt eine Universität gegründet).

Zu Beginn der Widmung zitiert Croeser ausgiebig Ciceros Lob der Philosophie, die die menschliche Kultur erschaffen habe und das Leben des Einzelnen lebenswert mache (aus Tusc. 5,5). Unter ihren Abteilungen stehe die sog. Moralphilosophie an erster Stelle; sie behandle das Gemeinschaftsleben, mässige die Leidenschaften, schneide die Laster zurück, nähre die Tugend, unterdrücke den Zorn, wie Archias von Tarent und Dionys von Syrakus bezeugten. Deshalb hätten die besten und klügsten Könige ihre Kinder Philosophen zur Erziehung anvertraut, wie Philipp von Makedonien den späteren Alexander den Grossen dem Aristoteles, wie Kaiser Augustus beim alexandrinischen Philosophen Arius gehört, Trajan den hier vorliegenden Plutarch als Lehrer gehabt habe. Und Marcus Antoninus habe sich nicht geschämt, der Philosoph beigenannt zu werden. Jetzt hingegen übergebe man die Kinder Schauspielern, Possenreissern, Zitherzupfern und leichtfertigen Menschen zur Erziehung. Im Takt hüpfen, an Festen reiten, Würfel- und Kartenspiel, prassen, saufen, huren, Zither und Laute schlagen müssten sie können, keine Arbeit, keine Sitte beherrschen. Aristoteles habe Alexander Gottesfurcht, die Eltern ehren, den Tod nicht zu fürchten, den wahren Ruhm auch unter Einsatz des Lebens zu erstreben gelehrt. Ähnlich habe der Spartanerkönig Agesilaos (in den Viten Plutarchs!) den sokratischen Philosophen Xenophon um sich gehabt. Um ein Fürst und Mann von Adel zu werden, müsse man seine Sitten formen, seinen Geist in den Tugenden ausbilden: das finde man in der Philosophie. Und da stehe Plutarch an erster Stelle. Man finde die Tugenden nirgends anmutiger und reicher behandelt als bei ihm. Um ihn seiner würdig zu empfehlen bräuchte es allerdings auch einen Plutarch. Er sei vor allen andern Philosophen leicht lesbar, ohne Gestrüpp. Seine vermischten kleinen Schriften ausser den Viten seien alle in einem Band vereinigt. Ethica oder Moralia hiessen sie, da sie vorwiegend die Sitten (mores) behandelten, auch wenn Naturlehre, Medizin, Geschichte und anderes ebenfalls darunter sei. Schon vor vielen Jahren habe er mit ihrer Übersetzung ins Lateinische begonnen. Zu beurteilen, was er an Arbeit in das fehler- und lückenhaft überlieferte Werk habe stecken müssen und was er geleistet habe, überlasse er den Gelehrten (zu denen er, als Arzt wie als Jurist fachfremd, sich hier ja nicht zählen kann). Es schneller zu vollenden, sei er wegen verschiedener Geschäfte nicht imstande gewesen. Es sei aber doch schon vor sechs Jahren abgeschlossen gewesen (d.i. 1567, drei Jahre vor Erscheinen der Übersetzung Xylanders). Eine schnellere Veröffentlichung hätten bestimmte Umstände verhindert; es habe nicht an ihm gelegen. Ihm widme er das Werk für seine Leistungen in der ersten kurzen Zeit seiner Regierung und wegen seiner Verwandtschaft mit seinem Herrn, dem Herzog von Kleve und Jülich (Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg regiert seit erst 1568).

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Vorrede von Hermann Cruserius an Herzog Julius von Braunschweig und Lüneburg, Kleve (ohne Datum), 1. Seite

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