GG 224
Isokratēs gnōmologētheis.
Isocratis Sententiae Graecolatinae, additis, ubi operae precium visum est, Annotationibus, notatisque locis, ad quos illae (quantum quidem necessaria brevitas passa est) non incommode referri posse videantur. Accessit & vetus Gnomologia, Latina tantum, in eorum gratiam, qui, neglectis Graecis, brevitatem amant... Basel: Eusebius Episcopius in der Officina Hervagiana September 1572. 8°.
1547 hatte Hieronymus Wolf seiner Isokratesübersetzung, die dann im August 1548 bei Johannes Oporin erschienen ist (GG 216), eine kleine lateinische Gnomologie aus den Reden und Briefen des Isokrates beigegeben. Ihr Erfolg bei den Gelehrten hat ihn daraufhin veranlasst, auch aus den Reden des Demosthenes seiner Übersetzung von 1550 eine solche Sammlung beizugeben (GG 226). Sie gedieh aus zeitlichen Gründen nur bis zur ersten Rede der Sammlung, der ersten Olynthie. 1569 folgte ein weiteres, viel umfänglicheres Specimen (GG 229) - von Wolf so als Muster für Weiteres bezeichnet - und in seiner zweisprachigen Demosthenesausgabe von 1572 (GG 230) wurde dies dann Wirklichkeit, gleichzeitig mit dieser, nun nicht nur griechischen, sondern auch gegenüber 1548 um ein Mehrfaches gewachsenen Sammlung von Merksätzen aus Isokrates. Die Sammlung von 1547/48 ist, neu durchgesehen, für diejenigen, die den kurzen Abriss ohne das Griechische schätzen würden, nochmals beigegeben (S. 689-814), mit leicht abgewandelter Vorrede von 1547, die nun, mit dem alten Datum, als Widmung an den Nürnberger Juristen Christoph Fabius Julius erscheint. Als Abschluss dieses alten Textes ist eine Censura Sebastian Castellios vom April 1548 mitgedruckt mit einzelnen Einwänden, z. B. gegen griechische Kasusendungen in Eigennamen, gewisse Sprichwörter und Paraphrasen, aber allgemeinem, einzeln begründetem Lob der Übersetzung und der Gnomologien; 1548 war diese Censura nicht beigegeben. Diesen neuen "in Merksprüchen dargestellten" Isokrates haben Hieronymus Wolf - als Professor beider Sprachen in der Augsburger Schule - und sein Bruder Heinrich, Stadtarzt von Nürnberg, als Söhne des einstigen Präfekten ihrer Grafschaft den Grafen Wolfgang und Friedrich und ihren Vettern Wilhelm und Gottfried von Öttingen gewidmet, mit Datum von Augsburg, dem 19. Mai 1571.
Vor etwa 2000 Jahren, beginnt Wolf die sehr persönlich gehaltene Widmung, habe in der vornehmsten Stadt nicht nur Griechenlands, sondern fast ganz Europas, der für seine Weisheit und Beredsamkeit berühmte Isokrates gelebt, Lehrer und Ratgeber mehrerer Fürsten und Könige. Seine Aufforderung an Philipp von Makedonien, die vier Städte Athen, Sparta, Argos und Theben untereinander zu versöhnen, da sie u.a. die Kinder des Herakles, von denen er sich herleite, vor dem Tod gerettet hätten, erinnere ihn dankbar an ihre Vorfahren. Als seine Vorfahren vor über 300 Jahren zur Zeit Kaiser Konrads III. von den dortigen Herrschern aus unbekannten Gründen ihres Besitzes und ihrer Würde beraubt ins Exil geschickt worden seien, hätten sie einzig in den Grafen von Öttingen mögliche neue Beschützer und Rächer gesehen. Und die hätten ihre Erwartungen noch übertroffen. Und jene hätten nicht nur sicher, sondern auch in Reichtum und Würden über 300 Jahre gelebt, bis zu seinem Grossvater und Vater, der vor 35 Jahren gestorben sei. Er selber sei leider durch die schwierigen Zeiten und deren Wechselfälle sowie sein privates Schicksal und zur Staatsführung eher ungeeignete Studien daran gehindert worden. Er sei aber ihren Eltern und ihnen verbunden gewesen, und da er nicht durch Güter oder Taten sich dankbar zeigen könne und auch keine Nachkommen habe, die dies tun könnten, widme er ihnen dieses kleine Büchlein, das aber, so hoffe er, doch dauerhaft sei, da es aus den Schätzen jenes berühmten Mannes bestehe, den er oben erwähnt habe.
Der Widmung voraus geht das Wappen der Grafen von Öttingen, ihr folgen Wappen der Pincerna a Saltu Aprugno (von denen sich die Öttinger Wolf herleiteten, und von deren Burg Schweinispaind ihm sein berühmter Freund Petrus Agricola 1571 die Reste gezeigt habe, während das Wappen aus dem Kaiserkloster stamme, zu dessen Gründern die Pincerna gehörten) und der Wolf, Epigramme Wolfs auf die einzelnen jungen Grafen, eine längere Elegie mit Familiengeschichte und weitere griechische und lateinische Epigramme sowie ein Porträtholzschnitt Wolfs von seinem 56. Geburtstag, dem 13. August 1572 (Peter Agricola, Freund Melanchthons, war 1557-59 Rektor der Lateinschule von Ulm gewesen, dann Hofmeister und Geheimer Rat von Pfalz-Neuburg, wo er die Schulen, u.a. auch im Öttingischen, reformiert hat).
Ex libris Academiae Basiliensis: B c V 132
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc V 132