GG 284

Euclidis Megarensis mathematici clarissimi Elementorum Geometricorum Lib. XV. Cum expositione Theonis in priores XIII a Bartholomaeo Veneto latinitate donata, Campani in omnes, & Hypsiclis Alexandrini in duos postremos. His adiecta sunt Phaenomena, Catoptric & Optica, deinde Protheoria Marini & Data, Postremum vero, Opusculum de Levi & Ponderoso, hactenus non visum, eiusdem autoris. Basel: Johannes Herwagen August 1537. Fol.

1482 war der erste lateinische Druck der Elemente der Geometrie Euklids und des Kommentars Theons in Venedig erschienen, in der Übersetzung - nach der arabischen Übersetzung - des Mathematikers und Kurienkaplans Campano aus Novara († Viterbo 1296), die 1255-1259 entstanden ist. Sein berühmter Zeitgenosse, der englische Philosoph und Mathematiker Roger Bacon, hat ihn als einen der vier besten Mathematiker seiner Zeit bezeichnet. Nach zwei Nachdrucken in Ulm 1486 und Vicenza 1491 erschien im nächsten Druck von Venedig 1502 zusätzlich zu dieser Übersetzung eine neuere - des venezianischen Mathematikers und Ratssekretärs Bartolomeo Zamberto († um 1460) von den Büchern 1-13 der Elemente und des Kommentars eines Hypsikles von Alexandria zu den letzten beiden Büchern. Textrevisionen und Erweiterungen brachten auch die Ausgaben von Venedig 1509 und Paris 1516 und 1521. Unsere Ausgabe - 1546 offenbar nach Ausverkauf von ihrem Drucker selber, 1558 nochmals von dessen gleichnamigem Sohn in Gemeinschaft mit Bernhard Brand seitengleich nachgedruckt - fusst in ihrem Umfang auf der Venezianer Ausgabe von 1505, zusätzlich hat man aber für den Text auch die neuere Pariser Ausgabe beigezogen und schliesslich war in der Zwischenzeit bei Herwagen selber der griechische Text erschienen (GG 283). Zusätzlich zur Ausgabe von 1505 enthält sie einzig das zweiseitige Fragment über das Leichte und das Gewichtige. Klarer ist, den Fortschritten der Typographie in den 32 Jahren entsprechend, die Darstellung und Unterscheidung des Textes Euklids und der sehr viel umfangreicheren Kommentare. Der Drucker Herwagen hat der Ausgabe selber ein kurzes Geleitwort vorangestellt, die Vorrede an die studierende Jugend stammt dann, wie acht Jahre später in seiner griechischen Bibel (GG 382), von Philipp Melanchthon.

Herwagen erklärt, wie er auf Bitten von Freunden die lateinische Ausgabe dieses Autors nicht länger habe aufschieben können, besonders auch, um nicht den Anschein zu erwecken, er wolle denen, die nur Latein gelernt hätten, den Zugang zu sämtlichen Wissenschaften (den nach Platon die Geometrie biete) verwehren. Der Strassburger Professor publicus Christannus Herlin habe daher ein Exemplar der Pariser Ausgabe des Faber Stapulensis mit einer griechischen Handschrift verglichen; Herlin habe entschieden, was man entweder nach der griechischen Handschrift oder sonst wiederhergestellt finde. Wegen des verwandten Inhalts habe er die Phaenomena, Specularia und die Protheoria des Marinus hinzugefügt (auch schon in der Venezianer Ausgabe enthalten); und da ihm während der Vollendung des Druckes ein Büchlein oder besser: Fragment (denn es scheine verstümmelt) über das Leichte und das Gewichtige gebracht worden sei, habe er auch dieses noch beigegeben.

Melanchthon empfiehlt in seiner Vorrede aus Wittenberg vom Monat des Druckes die Geometrie als Weg zur Erkenntnis der Welt und Gottes: Nichts passe besser an den Anfang dieser Einführung in die Geometrie als der Merksatz Platos am Eingang zu seiner Schule, dass keiner hier eingehen dürfe ohne Geometrie. Aber dieser habe schon viele Deutungen über sich ergehen lassen müssen (wie Erasmus in seinen Adagia dargelegt hat), vom Geometrieunkundigen bis zum Ungerechten, der hier nicht hinein dürfe, auch wenn doch Plato sich für die geometrische Vorbildung zur Philosophie eingesetzt habe. Die Geometrie sei nicht den Mechanikern zu überlassen, obwohl auch deren Tätigkeit freie Lehre enthalte und grossen Nutzen bringe. Doch für den Philosophen sei sie aus andern Gründen vonnöten. Sie weise den Weg zur Physik, lehre beweisen. Sie führe zur Kenntnis der Erde und des Himmels und so Gottes. Dies sei wohl die Begründung für Plato gewesen. Und daran sollten die Jungen denken, wenn sie das Buch mit diesem Merksatz zur Hand nähmen. Bei niederen Geistern nützten diese Ermahnungen nichts. Doch gerade Geister, auch mittelmässige, könne man ermuntern. So rufe er sie, die Jungen, auf, sich eine solide und perfekte Bildung zu erwerben, zum Nutzen der Öffentlichkeit. Dazu brauche es alle Künste, untrennbar. Um die kirchlichen und politischen Unruhen zu beseitigen müssten Kirchenmänner und Lehrer und Schüler zur wahren Bildung zurückkehren. Das Göttliche müsse man ebenso in der Schule wie in der Kirche zu erkennen und zu lehren suchen. Nicht irgendwelche gewinnträchtigen Lehrpartikeln sollten die Schüler dort suchen. Die Kirche müsse aus der geometrischen Proportion bestehen, welche die Tyrannis und die Zügellosigkeit der Masse verhindere, die Tyrannis, in der alle gleich unterdrückt würden, und die Demokratie, in der die arithmetische Gleichheit herrsche, nach der auch die Untersten ohne Auswahl die höchsten Stellungen erlangen könnten. Aus all diesen Gründen habe Plato den Merksatz angebracht. W 133.

Aus Besitz des Basler Professors für lateinische Sprache, Rhetorik, Ethik, des Arztes und Polyhistors Heinrich Pantaleon, dann des Arztes Maximilian Pantaleon, 1644 Remigius Faeschs: K e I 7

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Ke I 7

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Titelseite mit Besitzervermerk von Remigius Faesch.

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1+v: Vorrede des Druckers Johannes Herwagen an den Leser.

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2+r: Vorrede von Philipp Melanchthon an die studierende Jugend, datiert von Wittenberg, August 1537, 1. Seite.

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2+v: Vorrede Melanchthons, 2. Seite.

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3+r: Vorrede Melanchthons, 3. Seite.

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3+v: Vorrede Melanchthons, 4. Seite.

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4+r: Vorrede Melanchthons, 5. Seite.

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1ar: Anfang der 'Elementa' in der Übersetzung des Johannes Campanus.

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4av: Seite aus dem 1. Buch der 'Elementa' mit den ausführlichen Kommentaren von Theon und Campanus (klein gedruckt).

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6Ccr: Letzte Textseite mit Kolophon.

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6Ccv: Druckermarke von Johannes Herwagen.