GG 312
Anthologikon hellēnisti kai rhōmaïsti. ēnthologēmenon ek bibliōn parainetikōn Hēsiodou, Theognidos, Pythagorou, Phōkylidou, Aratou, kai Theokritou, pantōn palaiōn kai sophōn poiētōn, kai kalōs eis topous tinas diatetagmenon.
Anthologicum Graecolatinum : Hoc est, insigniores flores seu sententiae, decerptae ex Hesiodo, Theognide, Pythagora, Phocylide, Arato, & Theocrito, omnibus poetis vetustiszimis & sapientiszimis, & in locos prope bis centum digestae, cum expositione, usu, & accomodatione singulorum in margine. His accesserunt praeterea etiam alij tres libelli, ex scriptis Platonis, Xenophontis, Plutarchi, & Iustini Martyris & philosophi confecti... Per Michaelem Neandrum Soraviensem... Basel: Johannes Oporin August 1556. 8°.
Eine Sammlung erbaulicher Abschnitte aus antiken griechischen Dichtern für Schule und Hausgebrauch, zusammengestellt vom Rektor des kleinen Gymnasiums von Ilfeld bei Nordhausen in Thüringen Michael Neander, der die meisten seiner Klassikerauswahlen, -ausgaben und Grammatikbücher in Basel bei Oporin hat drucken lassen. Die vorliegende Sammlung hat er an Ostern 1556 den Bürgermeistern und Rat von Freistadt in Schlesien, nicht weit seiner Heimatstadt Sorau, gewidmet. Er habe die Sentenzen aus den nach Homer bedeutendsten griechischen Dichtern, beginnt er, nämlich Hesiod, Theognis, Pythagoras, Phokylides, Arat und Theokrit gesammelt (diese Autoren waren auch schon in den ersten Gnomensammlungen hauptsächlich vertreten gewesen). Diese Autoren würden in den meisten einigermassen eingerichteten Schulen von den Lehrern (praeceptores) den Schülern (scholasticis) zum Lernen vorgelegt. Er habe sie nach Themen geordnet (in suas classes, locos atque ordines digessimus). In erster Linie werde das Buch den Vorgerückten dienen, die die Jugendlichen in den Schulen bildeten und den Knaben aus diesen Autoren erzählten - offenbar ältere Schüler oder junge Studenten gemeint, die, wie wir es von Hieronymus Wolf kennen, bei Anfängern als Hilfslehrer die Lehrer vertreten und sekundieren konnten. Nützlich seien auch die Scholien, die er zur Erklärung dunkler Stellen beigegeben habe. Und da Erasmus von Rotterdam, die einzigartige Zierde der Studien und einer der ersten und bedeutendsten Wiederhersteller (restauratores) der feineren und nützlicheren Literatur, in dem unvergleichlichen Schatz seiner Chiliaden vieles aus diesen Dichtern erkläre, habe er die betreffenden Sprichwörter am Rand angegeben. Wenn er für einen der zitierten Verse bei einem antiken Autor eine Erklärung gefunden habe, habe er sie ebenfalls beigefügt. Die Senare, die aus Menanders Komödien gesammelt sein sollten, und von den Froben in Basel einst mit der Übersetzung des gelehrten Ottomarus Luscinius (Nachtgall) gedruckt worden seien (wohl die um 1530 erschienenen Senarii proverbiales aus Stobaeus), habe er nach den andern beigegeben. Über die Disticha Catonis, die er mehrheitlich griechisch-lateinisch eingestreut habe, sollten andere urteilen. Dass ihr Übersetzer, sei es nun Planudes oder ein anderer, oft den Sinn nicht getroffen habe, darauf habe schon Erasmus hingewiesen. Wie grausig griechisch sie seien, merke jeder; die unter dem Namen Catos in den Schulen angepriesenen seien höchst elegant. In der Folge weist Neander auf die Beigabe der Prometheusgeschichte Lucians zu Hesiod hin, auf den sprachlichen und inhaltlichen Nutzen der Sammlung für die Knaben, die von ihren Lehrern bereits einige Kenntnisse in der griechischen Sprache beigebracht bekommen hätten, auf die Hochschätzung dieser Sentenzen im Altertum, darauf, dass Homer in vielem die heiligen Schriften nachgeahmt habe, wie Clemens und andere zeigten, dass Phokylides nach antikem Urteil Orakel Apollos und Ermahnungen der Sibyllen gestohlen habe, worauf er einige solcher Orakel behandelt. Für die studiosi habe er auch drei andere Büchlein zusammengestellt, aus Plato, Xenophon, Plutarch und Justinus Martyr, und auch diese Sentenzen erklärt (S. 382-465); denn zu einer wahren und dauerhaften Bildung gehöre die Lektüre der alten heidnischen Autoren. Allerdings dürfe man sich, mit Gregor von Nazianz, nicht auf die heidnische Literatur wie auf ein Schilfrohr stützen und in der Kenntnis der Wahrheit und dem Fortschritt der Philosophie straucheln, worauf Neander beim folgenden Zitat der Verse Gregors mit der Übersetzung Guillaume Budé's am Rand auf die Herkunft auf der ersten Seite im ersten Gedicht in der Basler Ausgabe hinweist (die ersten Gesamtausgaben, griechisch und lateinisch, waren gerade 1550 bei Herwagen erschienen [GG 444]). In der eigentlichen Widmung zum Schluss an die Behörden von Freistadt nennt Neander im besondern den Magister Johannes Gigas, der ihre von ihm sehr geschätzte Bibliothek äufne, den Präfekten ihrer Schule Erasmus Benedictus, und lobt ihre Schule als eine der besten in Schlesien (wie üblich...). Ganz ungewöhnlich erscheinen in unserm griechisch-lateinischen Druck auf S. 185-188 zwei deutsche Texte: über die Pandora aus Johannes Aventins Chronik Deutschlands, ebenfalls mit Scholien, der Text in der üblichen Fraktur herausgehoben. Der Widmung folgen eine griechische und eine lateinische protreptische Elegie an die Jugend Freistadts, am Schluss ein griechisches Gedicht des Rhodiers Georgius Phaedro; dieser hatte sich im Mai 1556 in Basel als Graece doctus immatrikuliert.
Neuerwerbung 1935 (zuvor Stiftung der Sektion Basel der Schweiz. Vereinigung für Sozialpolitik, aus der Sammlung Stephan Bauer, aus der Zeit zusammengebunden mit Neanders Aristologia Pindarica vom selben Monat): B c VII 391 Nr. 1
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Bc VII 391:1