GG 313

Gnōmologia Hellēnikolatinē, Ek iōannou tou stōbaiou eklogōn parainetikōn synkomistheisa.

Gnomologia Graecolatina : Hoc est, Insigniores & vetustiores Sententiae Philosophorum, Poetarum, Oratorum & Historicorum, ex magno Anthologio Ioannis Stobaei excerptae, & in Locos supra bis centum digestae. Accessit praeterea Oneiros, vel Alektryōn (!), id est Somnium, vel Gallus, Dialogus Luciani, lectu iucundiszimus: in quo deliria Pythagorica de Animarum migrationibus in varia corpora exagitantur: & quod pauperum & mediocrium vita hominum conditio sit optima & tranquilliszima, ostenditur: Graece & Latine. Adiecto etiam Commentariolo... Per Michaelem Neandrum Soraviensem. Basel: Jacob Parcus für Johannes Oporin August 1557. 8°.

Genau ein Jahr nach Neanders Anthologikon (GG 312) aus Stellen epischer und elegischer griechischer Dichter (nach Homer) und seiner ähnlich gearteten Aristologia Pindarica bei Johannes Oporin erscheint von ihm eine Auswahl aus der berühmtesten antiken Sentenzensammlung, der des Johannes Stobaeus für seinen Sohn aus dem fünften Jahrhundert. Anders als die Foliodrucke der originalen Sammlung aus 500 Autoren sollte dieses Oktavbändchen nun auch für weniger Bemittelte erschwinglich sein, auch Leuten, die weniger Zeit für ausgiebige Lektüre hätten, das Beste an Erbauung aus der Sammlung bieten. Neander hat seine Auswahl am 28. März 1557 Bürgermeistern und Rat der seiner Schule in Ilfeld benachbarten mansfeldischen Stadt Eisleben gewidmet: Treffend habe der göttliche Basilius erklärt, dass man die Worte der Alten immer höher schätze. Dabei denke er nicht nur an die Gnomologien, an diejenigen, die Hypotheken, d.h. kurze Lebensregeln geschrieben hätten (hier denkt er wohl vor allem an die Hypothekai der Theognideensammlung), von Hesiod bis zu Pythagoras, aber auch Isokrates, sondern an alle Redner, Philosophen, Dichter und Philologen wie Athenaeus und Suidas, Gellius und Macrobius, neuer Petrus Crinitus und Caelius Rhodiginus. Wer sich hiermit beschäftigt habe, wisse, wie nah manches der christlichen Lehre stehe, wofür Neander besonders Pindar anführt, sowie als Beispiele Äusserungen von König Thulis von Ägypten bei Suidas (Suda) und von Philipp von Makedonien - wo er am Rand auf ein Sprichwort bei Erasmus hinweist. Um mit solchen Äusserungen denen zu dienen, die weder die Autoren vollständig besitzen noch aus irgendwelchen Gründen sie vollständig lesen könnten, hätten kluge Männer besonders hervorstechende Äusserungen bei den besten Autoren gesammelt und nach bestimmten loci - Gedanken oder Themen (in certos locos) - die man sich in den Schulen die gemeinen zu nennen angewöhnt habe, zu ordnen (loci communes: die sog. Gemeinplätze, doch nicht im heutigen abwertenden Sinn zu verstehen). Im Altertum habe das besonders Johannes Stobaeus getan, indem er aus den besten griechischen Autoren und den ältesten Bücherschätzen das Kostbarste an Merksätzen, Geschichten und Beispielen für die studiosi gesammelt habe. Dieses Werk verdanke man nun dem berühmten Gelehrten, Zürcher Arzt, Sprachen- und Sachkenner sowie Polyhistor Conrad Gesner. Er habe es von Tausenden von Fehlern gereinigt und griechisch-lateinisch bekannt gemacht, nachdem es bis dahin von der Venezianer Ausgabe her - ohne Übersetzung und voller Fehler - nur wenigen bekannt gewesen sei (der bis dahin bekannte Teil der Anthologie war 1536 in Venedig bei Bartolommeo Zanetti griechisch erschienen, dann zweisprachig in Zürich 1543, nach neuen Quellen nochmals herausgegeben von Gesner 1549 in Basel bei Oporin für Froschauer [GG 310]). Von dessen unzähligen den Philhellenen nützlichen Lebensregeln hätten viele vortreffliche Männer eine Auswahl der besten gewünscht, für die Unbemittelten, die sich das ganze Werk nicht anschaffen könnten, für Beschäftigte und für fortgeschrittene Schüler (scholastici), die in der Schule noch unter einem Praezeptor lernten. Auch er habe das öfters gewünscht, doch bis jetzt habe es niemand auf sich nehmen wollen, sei es aus Zeitmangel, aus Scheu vor der grossen Arbeit, ohne grosse Sorge um die Förderung der Studien unbemittelter Jünglinge. Daher habe er sich auf Aufforderung von andern Freunden, besonders aber des gelehrten und berühmten Basler Druckers Johannes Oporin, eines verehrten und um ihn verdienten Freundes, daran gemacht, der schon seit langer Zeit, wie er auch, eine Auswahl des Besten von Stobaeus für die Jugend gewünscht habe: ausgewählte Merksätze der alten griechischen Weisen zu Sitten, Studien und der gesamten Lebensführung. Er hätte die einzelnen Themen noch aus von Stobaeus nicht zitierten Autoren erweitern können. Doch da er ohnehin schon seit vielen Jahren an einer umfassenden Gnomologie aus weniger bekannten Autoren - Kirchenvätern, Philosophen, Rednern, Dichtern und Historikern - arbeite und die Jugendlichen jetzt nicht solches gewünscht hätten, habe er es bleiben lassen. Bei einigen kurzen loci habe er es hingegen doch getan, dabei auf Seltenheit und Alter geachtet. Für die Jugend habe er auch ein Verzeichnis der Autoren der Zeugnisse vorausgeschickt, mit kurzen Lebensbeschreibungen, damit sie die Lebensführung der Autoren dieser Lebensregeln kenne, da Ratschläge und Ermahnungen rechtschaffener und anerkannter Autoren besser wirkten. Er habe auch ihre Werke aufgeführt: aus Suidas, Aelian, Athenaeus, Diogenes Laertius, Conrad Gesner, Giraldi und Volaterranus. Schliesslich habe er am Schluss des Buches den Traumdialog Lucians, den Erasmus von Rotterdam in der ersten Zeit der verfeinerten Literatur übersetzt habe (politioris literaturae: d.h. des Humanismus und seines gegenüber dem mittelalterlichen gereinigten Lateins), mit seinem Kommentar. Er biete den Jugendlichen hier somit gleichsam ein einem Bündel drei Bücher vereint (jeder der drei Teile - Biographien, Texte und Dialog - hat denn auch seine eigene Paginierung; das Somnium auch ein vollständiges Titelblatt, das einen Einzelverkauf erlaubt hätte). In der eigentlichen Widmung zum Schluss nennt Neander speziell einige Geistliche Eislebens und einen besonders gelehrten und verdienten Lehrer mit Namen, den Magister Rodt.

D E VIII 16

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: DE VIII 16

Illustrationen

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Titelseite

Buchseite

Vorrede des Herausgebers Michael Neander, den Bürgermeistern und Rat der Stadt Eisleben am 28. März 1557 gewidmet, 1. Seite

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Vorrede, 16. und 17. Seite

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Anfang des ersten Teils mit den Biographien der Autoren der in der Anthologie des Stobaeus gesammelten Sententiae

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Titelseite des 2. Teils, der Anthologie des Stobaeus

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Titelseite des 3. Teils, der Schrift Somnium seu Gallus, Dialogus Luciani

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Kolophon