GG 329
Claudii Galeni Pergameni, Medicorum principis, De compositione medicamentorum kata genē lib. VII. Per Ioannem Guinterium Andernacum iamprimum latinitate donati. Eiusdem de ponderibus liber, D. Andrea Alciato interprete. Adiecimus brevem hypographēn, in qua cuique quantum quaelibet mensura capiat, clare patebit. Basel: Andreas Cratander 17. März 1530. Fol.
Nachdem einige Schriften Galens in Übersetzung des Johannes Guinterius von Andernach im August 1529 bei Hieronymus Froben und Johannes Herwagen (GG 328), weitere im selben Jahr in Paris bei Simon de Colines erschienen waren, erscheint genau ein Jahr nach Cratanders erstem grossen Galendruck (GG 327) mit neuen, aber schon zuvor anderweitig erschienenen Übersetzungen auch bei ihm ein - vermutlicher, wenn auch unvorhergesehener - Erstdruck einer Übersetzung des Guinterius, der erste lateinische Druck überhaupt der umfangreichen Schrift Galens über die Zusammensetzung der Arzneimittel. Diese Übersetzung ist im selben Jahr 1530 bei Simon de Colines erschienen, mit königlichem Privileg gegen Nachdruck in Frankreich auf drei Jahre vom 10. März 1529, da in Paris damals noch Jahresanfang zu Ostern gilt: 1530, und Widmung des Guinterius an König Franz I. Dies dürfte als Erstdruck vorgesehen gewesen sein; Cratander aber hat, wie wir aus seiner Vorrede erfahren, von einem Freund aus Paris offenbar schon einige Wochen, wohl sogar Monate vor dem Druck eine Abschrift zugeschickt bekommen. Er biete ihm hier die sieben Bücher Galens über die Zusammensetzung der Arzneimittel nach Arten, beginnt Cratander seine kurze Vorrede an den Leser, von dem hochgelehrten Förderer der Wissenschaften Johannes Guinterius von Andernach eben erst übersetzt, die ihm kürzlich der Pforzheimer Huldrich Chelius aus Paris zum Druck gesandt habe, ein allgemein gebildeter eifriger Mediziner (er war im Herbst/Winter 1526/27 Famulus des Paracelsus in Strassburg gewesen - auch noch danach in Basel? datiert die Freundschaft von der Strassburger Lateinschule her?). Der habe gewusst, da er ihm schon lange freundschaftlich verbunden sei, mit welchem Einsatz und welchem Aufwand er sich vorgenommen habe, die Werke Galens zu drucken. Freilich nicht jene, die sich bis dahin, von barbarischen und ungebildeten Ärzten, die sich mit gefälschtem Titel dem Volk verkauften, schlecht übersetzt, fruchtlos läsen, sondern solche, die jetzt von Kennern der beiden Sprachen entweder durchgesehen oder zum erstenmal aus einem griechischen Archetyp reinstens ins Lateinische übersetzt seien. Denn es lägen bei ihm sowohl von andern schon gedruckte Schriften wie solche, die direkt vom Schreibpult kämen, die zusammen leicht einen rechten Band ergäben. Ausserdem habe er gehört, dass ein guter Teil solcher Schriften jetzt von hochgelehrten Männern zum Druck vorbereitet werde (adornari): 11 Bücher über die Mischungen einfacher Arzneimittel (1530 einzeln bei Simon de Colines, 1531 bei Cratander erschienen [GG 330]), 3 Bücher über die Kräfte der Nahrungsmittel (1530 einzeln bei Simon de Colines, 1531 im selben Sammeldruck bei Cratander erschienen), 9 Bücher über die Angriffspunkte beim Operieren, ein Buch über die Beschaffenheit der ärztlichen Kunst (1531 bei Simon de Colines, 1531 bei Cratander in einem andern Sammeldruck [GG 331]) und ebenso über die Gegenmittel. Diese werde er, der Leser, nächstens von ihm gedruckt (transcriptos) vorfinden, in der Form, in der er im vergangenen Jahr andere Schriften Galens dargeboten habe, so dass, wer jene gekauft habe, ihnen diese ohne Verlust beifügen (d.h. mit jenen zusammenbinden lassen) könne (die Basler Exemplare der beiden Sammeldrucke von 1531 sind allerdings mit andern Galendrucken Cratanders aus den Jahren 1530-1533 zeitgenössisch zusammengebunden). An ihm sei es also, seine Arbeit, die er für ihn leiste, ebenso zu unterstützen. Offenbar hat sich Cratander ein ähnliches Vorhaben zu eigen gemacht, wie zuvor in Paris, wo Guinterius als Professor der Medizin wirkte, Simon de Colines. Huldrich Chelius (alias Giger, um 1500-1556/61) aus Pforzheim hatte in Wittenberg studiert, war eine Zeitlang Famulus des Paracelsus, war 1529 Stadtarzt von Solothurn geworden, studierte aber in Paris weiter, wie unser Druck zeigt, kehrte nach Solothurn zurück, wo er mit Diplomaten und Fürsten Beziehungen anknüpfte; 1536 ging er als Arzt nach Strassburg, wo dann auch sein gleichnamiger Sohn als Arzt gewirkt hat, in Basel in persönlichem und brieflichem Kontakt mit Felix Platter, Wolfgang Musculus und Caspar Bauhin. 1531 hat ihm Johannes Guinterius Andernacus unter dem Pseudonym Ianus Autoniacus seine Übersetzung von Galens De constitutione artis medicae gewidmet, und er hat gar dem offiziellen Erstdruck der hier vorliegenden Übersetzung des Guinterius, von der er eine Abschrift an seinen alten Freund Cratander - wohl aus dessen Strassburger Jugendzeit - gesandt hat, mit andern lateinische Verse beigesteuert.
In Sammelband aus der Zeit mit drei Galendrucken Cratanders, zu Anfang des 17. Jahrhunderts im Besitz des Basler Arztes Johannes Screta: L e II 15 Nr. 2
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Le II 15:2