GG 412
Beati Theodoreti , Episcopi Cyri, Eranistes, seu Polymorphus, in quo tribus Dialogis contra quosdam sui temporis Haereticos acerrime & subtilissime disputat. Eiusdem Haereticorum improbarum nugarum ac fabularum compendium. Eiusdem Divinorum decretorum, seu dogmatum epitome. Omnia nuper a Gentiano Herveto Aurelio latine versa, & in lucem edita... Basel: Jacobus Parcus für Verlag Johannes Oporins 1549. 8°.
Als drittes Werk des Bischofs von Kyrrhos bei Antiochia Theodoretos aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts waren, nach seiner Kirchengeschichte (Basel 1535) (GG 410) und seinen zehn Reden (Logoi) über die Vorsehung (Rom 1545) 1547 in Rom seine Dialogoi treis kata tinōn Haireseōn mit im Anhang seinen Sammlungen von Fabeleien (phlyariai kai mythoi: nugae ac fabulae) von Häretikern und göttlichen Lehren (theia dogmata, Divina decreta seu dogmata) erschienen: drei Dialoge zwischen Orthodoxus und Eranistes (Teilnehmer an einem Eranos, einem Mahl oder Treffen, zu dem jeder seinen Teil beiträgt) über orthodoxe und häretische Lehren. Sehr schnell folgten jeweils die lateinischen Übersetzungen: 1536 in Basel die der Kirchengeschichte (GG 411), 1546 in Zürich eine zweisprachige Ausgabe der "Vorsehung" mit der Übersetzung des Zürcher Theologen Rudolf Gwalther, 1548 in Venedig die hier schon 1549 wieder nachgedruckte der drei antihäretischen Dialoge aus der Feder des Franzosen Gentien Hervet. Umgekehrt war Theodorets apologetisches Hauptwerk gegen die "heidnische" griechische Philosophie, seine "Heilung der griechischen Krankheiten" als erstes seiner Werke überhaupt schon 1519 lateinisch in Paris erschienen, erschien griechisch aber erst 1592 in Heidelberg, nachdem die erste lateinische Gesamtausgabe schon 1567-1573 in Köln, die "Vorsehung" schon 1555 französisch in Paris, unsere drei antihäretischen Dialoge 1575 deutsch in Basel (GG 413) erschienen waren.
Gentien Hervet (Reims 1499-1584) war vor allem als Übersetzer tätig. Seine ersten Übersetzungen erschienen bei Estienne Dolet in Lyon. 1545-1547 begleitete er Kardinal Marcello Cervini als Übersetzer an den Konzilien von Trient und Bologna. 1551 erschien seine Übersetzung der Werke des Klemens von Alexandria in Florenz bei Lorenzo Torrentino, nachdem dieser sie 1550 als erster griechisch gedruckt hatte. So ist denn auch seine Übersetzung der drei Dialoge Theodorets über die richtige Lehre von der Menschwerdung und vom Wesen Christi im Lande der Konzilien dieser Jahre, in Italien erschienen. Von ihr rühren die Titel des Gesamtwerks "Eranistes oder Polymorphus" (der Vielgestaltige) her, nach einem der Teilnehmer, bzw. "Immutabilis", "Inconfusus" und "Impatibilis" (nicht leidempfindlich): der dritte, in dem Orthodoxus seinem Gesprächspartner zuletzt seine Thesen mit zahlreichen Zitaten aus älteren Kirchenlehrern belegt. Auch das Kompendium von Häretikerfabeln und die Epitome göttlicher Lehren hat Hervet mitübersetzt. Gewidmet hat Hervet seine Übersetzung im Venezianer Erstdruck - in Basel wieder abgedruckt - seinem Herrn Kardinal Marcello Cervini. Unter allen griechischen Autoren gehöre Bischof Theodoretus zu den besten, beginnt er: findig im Entdecken der Geheimnisse, knapp und klar in der Darstellung seiner Lehre, anmutig im Stil, genau in der Beweisführung, heftig in der Erregung von Gefühlen, stark in der Widerlegung von Gegnern, reich an Beispielen und Kenntnis des gesamten Altertums in der Auseinandersetzung mit Autoritäten. Da einiges von seinen zahlreichen Schriften schon länger ins Lateinische übersetzt sei (s. oben), habe er gefunden, der Eranistes oder Polymorphus, in dem er einige Häretiker seiner Zeit bekämpfe, sei nicht hintanzustellen. Ausserdem bringe er viele nützliche Zitate der ältesten Kirchenlehrer wie Ignatius, Polykarp, Irenaeus. Nach Irenaeus, Epiphanius und Augustin sei seine Schrift gegen die Häresien am lesenswertesten. Keiner habe ihre Betrügereien und Altweiberfabeln besser aufgedeckt. Die Kirchenverordnungen (die "Divina decreta" des Titels, hier "ecclesiastica") aber zeigten deutlich, dass die heutigen Lehren der Catholici und Orthodoxi ohne Unterbruch von Christus und den Aposteln her Geltung hätten und dass es zu jeder Zeit Häretiker gegeben habe, die von den Lehren der Väter abgewichen seien und sich von der Einheit der Kirche getrennt hätten (diese Äusserungen stammen nicht zufällig von einem Teilnehmer des Konzils von Trient und richten sich an einen seiner einflussreichsten Kirchenführer). Und es sei zu hoffen, dass so, wie diese nach ihren wahnwitzigen Unternehmungen ohne eine Spur zu hinterlassen untergegangen seien, dass so unter der Führung Christi auch diejenigen endeten, die sich heute abgespalten hätten (im - reformierten - Basel sind in jenen Jahrzehnten aber auch ganz andere Äusserungen über diese Konzilien und Bemühungen im Druck erschienen...). Als er dieses Werk, das der verstorbene Kardinal Ardingellus vor wenigen Monaten griechisch habe drucken lassen, auf seinen Anstoss hin übersetzt und herauszugeben beschlossen habe, sei für ihn nur er als dessen Veranlasser als Schutzherr in Frage gekommen (Niccolò Ardinghelli ist am 22. August 1547 in Rom plötzlich gestorben), zumal er sich allgemein um die Verbreitung gelehrter Werke bemühe und Theodoret gewiss seiner Gelehrsamkeit und seiner Beredsamkeit wegen stets besonders geschätzt habe.
FNP IX 35 Nr. 3
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: FNP IX 35:3