Politianus, A.: Angeli Politiani sylva, cui titulus est (...). - Basel, 1518

Autor  Politianus, Angelus, 1454-1494
Titel  [Rusticus] Angeli Politiani sylva, cui titulus est rusticus / cum docta elegantissimáque Nicolai Beraldi interpretatione
Impressum  Basileae : apud Ioannem Frobenium, mense Septembri an. 1518
Umfang  [32], 130, [2] S. ; 21 cm
Notiz  Werbetext auf der Titelseite: "Accipies propè diem candidissime lector, eiusdem Nicolai in libros M. Ciceronis de legibus varias ac eruditas enarrationes, ex antiquorum scriptis summo studio, ac diligentia concinnatas, si novam hanc eius foeturam boni consulueris."
Impressum aus Kolophon: "Basileae apud Ioannem Frobenium mense Septembri. An. M.D.XVIII."
Signaturen: A-D⁴, a-p⁴, q⁶
Titeleinrahmung, Zierinitialen, Druckermarke
Mit Einleitungstexten von Giovanni Francesco Quinziano Stoa, Gerardus Vercellanus und Johannes Ravisius Textor
Titelvariante  Zitiertitel: Sylva, cui titulus est rusticus
Druckort  Basel
Druckerei  Froben, Johannes (Offizin, Basel)
Weitere Urheber  Vercellanus, Gerardus
Ravisius Textor, Johannes, ca. 1480-1524
Bérauld, Nicolas
Quinziano Stoa, Giovanni Francesco
Bibliogr. Nachweis  VD16 P 4002
Signatur  DA III 12:1
Anm. zum Exemplar  Pergamenteinband
Zusammengebunden mit 6 weiteren Drucken

Illustrationen

Buchseite

Titelseite

Buchseite

Kolophon (Bl. q6recto)

Nach oben

Kommentar

(lco) Der 1518 in der Offizin von Johann Froben produzierte Band enthält die Ausgabe der Sylva von Antonius Politianus, die den Titel Rusticus trägt und mit dem Kommentar vom aus Orléans stammenden Humanisten Nicolas Bérauld (Beraldus) versehen ist.

Widmungsbrief des Bérauld [1]

Im fünfseitigen an den Bischof von Orléans Germanus de Ganai (Deganeius) gerichteten Widmungsbrief erläutert Bérauld den Wert des Rusticus des Politianus. Er unterstreicht die Bedeutung des Inhaltes und preist die formale Eleganz des Gedichtes und dessen raffinierte Sprache (Hoc unum affirmare posse videor, Politianum cum antiquis non contendisse modo, sed etiam multos veterum praecessisse).

Drei Einleitungsgedichte [2]

Dem Widmungsbrief folgen drei Einleitungsgedichte, die sich an den Leser richten. Sie beinhalten eine Würdigung des Rusticus von Politianus sowie des Kommentars von Bérauld. Giovanni Francesco Quinziano Stoa ist der Autor des ersten, sechs elegische Distichen umfassenden Gedichtes. Das Zweite ist von Gerardus Vercellanus verfasst: Seine 18 Distichen bestehen jeweils aus einem hipponakteischen Trimeter und einem jambischen Dimeter. Das dritte von Johannes Ravisius Textor stammende Gedicht ist in 23 phaläkeischen Hendekasyllaben verfasst.

Vorwort des Bérauld [3]

Als Einführung zu seinem Kommentar verfasst Bérauld ein elfseitiges Vorwort, in dem er seine Poetik auf programmatische Art und Weise darstellt. Der Lehrer des Admirals Coligny erklärt, dass die Dichtung ihren bestimmten sozialen und erzieherischen Zweck nur mittels eines enzyklopädischen Wissens erledigen kann (Alia item permulta, quae quamvis exilia plerisque videantur, adeo tamen sunt necessaria, ut sine illis nulla omnino ars suum possit officium explere, nedum poetica quae non una qualibet arte constat, sed totam Encyclopediam absoluit, ac complectitur). Aus diesem Grund muss der Dichter über eine solide und umfassende, in Trivium und Quadrivium strukturierte Ausbildung verfügen, um den notwendigen Sachverstand zu erwerben. Die philologische Methode des Politianus stellt für ihn ein wichtiges Vorbild dar. Sein rigoroses Studium der antiken Dichter, in dem Vergil eine privilegierte Stelle innehat, liegt der vornehmen Kunst des Schreibens zugrunde, welche seine dichterischen Werke – wie die Lehrdichtung Rusticus – hervorhebt.

Widmungsbrief des Politianus [4]

In der vorliegenden Ausgabe befindet sich der einseitige Widmungsbrief von Politianus, welcher die Sylva in der 1483 aus der florentinischen Offizin des Antonio Miscomini erschienenen editio princeps begleitet. Er richtet sich an den Schwiegersohn von Lorenzo de’ Medici Jacobus Salviatus.

Rusticus des Politianus [5]

Der Rusticus gehört zu den vier Sylvae, die Politianus als Einführungen in die Semesterlektüre des florentinischen Studio verfasst hat (1482 die Manto; 1483 der Rusticus; 1485 die Ambra; 1486 die Nutricia). Der humanistische Grundsatz, die Literatur der Antike nachzuahmen und ihr nachzustreben (imitatio und aemulatio), liegt den vier Lehrdichtungen zugrunde. Durch sie führt Politianus die Schüler in den Geist der Autoren ein, welche sie lesen und studieren sollen.

Die in 569 Hexameter verfasste Lehrdichtung Rusticus liest Politianus 1483 zu Beginn seiner Vorlesung über Hesiodos Erga kai Hēmerai und über die GeorgicaVergils. In ihr stellt er das Landleben und die Arbeit des Bauern dar, dessen wahrer Reichtum in Gesundheit und Zufriedenheit besteht. Nach einer Anrufung Pans folgen in Hesiodos Weise zwei Hauptteile: die »Werke« des bäuerlichen Arbeitskalenders und die »Tage«, in denen die Vorbedeutungen von Mond, Sonne und Sternen sowie die Wind- und Wetterzeichen dargestellt werden. Die Erga kai Hēmerai Hesiods nämlich bilden mit den Georgica die Hauptquelle des Politianus. Neben diesen finden sich im Rusticus Einflüsse der Elegiker Tibull, Properz und anderer Dichter sowie der scriptores rei rusticae, wie Cato, Varro, Columella und Palladius. Politianus benutzt jedoch zahlreiche weitere Vorbilder, wie z.B. die Phainomena des Aratus und den Vergilkommentar des Servius.

Kommentar des Bérauld [6]

Der Kommentar Béraulds zur Lehrdichtung Rusticus des Politianus wurde zuerst in Paris gedruckt. Seine Veröffentlichung folgt der erfolgreichen Vorlesungsreihe über die Dichtung des italienischen Humanisten, die Bérauld 1513 und 1514 an der Universität in Paris gehalten hat. Im Jahr 1512 hatte er bereits die Gesamtausgabe der Werke Politianus bei Josse Bade in Paris herausgegeben.

Abschiedsbrief des Bérauld [7]

Auf der dem Colophon gegenübergestellten Seite befindet sich ein kurzer Abschiedsbrief von Bérauld. In ihm wünscht er sich, dass der Leser das Werk genossen habe und kündigt – wie schon auf der Titelseite und im Widmungsbrief – die Veröffentlichung seines Kommentars zum De legibus Ciceros für das kommende Jahr an.

Weitere Werke im Sammelband

Der beschriebene Titel ist in einen Sammelband eingebunden, der sechs weitere Werke rein dichterischen Inhalts enthält: die 1522 bei Froben gedruckte Poematum libri quinque von Caspar Ursinus Velius (s. DA III 12:2); die Epigrammata von Johannes Sapidus, erschienen im Jahr 1520 bei Lazarus Schürer in Schlettstadt (s. DA III 12:3); die im Jahr 1513 aus der Strassburger Offizin von Ioannes Schottus herausgegebene Sammlung mit Werken von Picus de Mirandula, Baptista Mantuanus und Lucianus (s. DA III 12:4); eine in Paris gedruckte Ausgabe der Aegloga moralissima von Faustus Andrelinus (s. DA III 12:5); die 1500 in Paris von Thielman Kerver herausgegebene Übersetzung von Jodocus Badius Ascensius der Dichtung Stultifera navis Sebabastian Brants (s. DA III 12:6); sowie das 1518 aus der Offizin von Froben erschienene De coetu poetarum von Franciscus Octavius Cleophilus (s. DA III 12:7).

Weitere Exemplare des beschriebenen Drucks in der UB Basel

Aleph E V 19:5

DJ III 17:1

Weiterführende Literatur

Poliziano, Angelo: Silvae, hrsg. von Francesco Bausi. Firenze, 1996

Poliziano, Angelo: Rusticus, hrsg. von Otto Schonberger. Würzburg, 1992

Galand-Hallyn, Perrine: Nicolas Bérault lecteur de Politien. In: Poliziano nel suo tempo. Atti del VI Convegno internazionale (Chianciano-Montepulciano, 18-21 luglio 1994), hrsg. von Luisa Secchi Tarugi. Firenze, 1996, S. 411-427

Il Poliziano latino, hrsg. von Paolo Viti. Galatina (LE), 1996

Branca, Vittore: Poliziano e l’umanesimo della parola. Torino, 1983

Renaudet, Augustin: Préréforme et Humanisme à Paris pendant les premières Guerres d’Italie (1494-1517). 2. éd. Paris, 1953

Titel und Incipits

[1] Widmungsbrief von Bérauld [zum Text]

Titel: Nicolaus Beraldus observando patri Germano Deganeio Aurelio antistiti felicitatem
Incipit: Miraturos scio permultos humanissime praesul dignissimeque

[2] Drei Einleitungsgedichte [zum Text]

Titel: Quintiani Stoae Brixiani poetae ad lectorem carmen
Incipit: Miserat in Latii iuga Rusticon Angelus agri

Titel: Gerardi Vercellani ad presentis operis lectorem carmen
Incipit: Olim colonis infrequens erat tellus

Titel: Io. Ravisii Textoris, phaletium carmen ad lectorem
Incipit: Si dulces numeri tuos ocellos

[3] Vorwort von Bérauld [zum Text]

Titel: Eiusdem Nicolai praelectio in Angeli Politiani Rusticum
Incipit: Quum multa et varia non magis eleganter, ac docte quam vere ac prudenter ab Angelo Politiano excellentissimi ingenii

[4] Widmungsbrief von Politianus [zum Text]

Titel: Angelus Politianus Iacobo Salviato suo salutem dicit
Incipit: En Rusticum tibi, id illi scilicet ad argumento inditum nomen

[5] Rusticus von Politianus [zum Text]

Titel: Angeli Politiani Sylva, cui titulus Rusticus, in poetae Hesiodi, Vergiliique Georgicon enarratione pronunciata
Incipit: Ruris opes saturi gnavoque agitanda colono

[6] Kommentar von Bérauld [zum Text]

Titel: Enarrationes Nicolai Beraldi in Rusticum Angeli Politiani
Incipit: Ruris opes saturi. Huic sylvae titulus est Rusticus ab argumento

[7] Abschiedsbrief von Bérauld [zum Text]

Titel: Nicolaus Beraldus lectori
Incipit: Habes lector optime nostras in Politiani Rusticum enarrationes

Erwähnte Personen: Ganay, Germain de; Salviati, Jacopo di Giovanni

Themen: Poetisch: Lehrdichtung; Hexameter; Elegisches Distichon; Distichon, elegisches; Hipponakteischer Trimeter; Trimeter, hipponakteischer; Phaläkeischer Hendekasyllabus; Hendekasyllabus, phaläkeischer; Sylva

Themen: Literaturhistorisch: Hesiodus; Opera et dies; Vergilius Maro, Publius; Georgica; Tibullus, Albius; Propertius, Sextus; Cato, Marcus Porcius; Varro, Marcus Terentius; Columella, Lucius Iunius Moderatus; Palladius, Rutilius Taurus Aemilianus; Servius; Aratus, Solensis

Themen: Philosophisch, Theologisch: Trivium; Quadrivium; Enzyklopädisches Wissen; Wissen, enzyklopädisches

Themen: Mythologisch: Pan

Nach oben