GG 247
Diodori Siculi Bibliothecae Historicae libri XV. Hoc est quotquot Graece extant de quadraginta, quorum quinque nunc iterum Latine diligenter recogniti, & chronologia illustrati eduntur. Interiecta vero est Dictys Cretensis & Daretis Phrygii de bello Troiano historia, & Tryphiodori Aegyptii Ilij excidium, Gulielmo Xylandro interprete, ad supplendam lacunam quinque librorum, qui inter quintum & undecimum desiderantur. In calce operis accessere Fragmenta historica eiusdem Diodori Latine versa. Basel: Officina Henricpetrina März 1578. Fol.
Nach 1531 (GG 242), 1548 (GG 244) und 1559 (GG 246) erscheint die Bibliotheca Diodors - gleichsam als Werk eines Hausautors - hier nach fast einem halben Jahrhundert zum viertenmal bei Heinrich Petri, der nun mit der Bezeichnung Officina Henricpetrina firmiert, und zwar nochmals erweitert. Hatte beim ersten Basler Druck Diodors wohl der Herausgeber von Petris Polybius vom März 1530, Simon Grynaeus, mitgewirkt, so ist jetzt dessen Grossneffe Johann Jacob Grynaeus, seit 1575 Professor für Altes, 1585-1617 für Neues Testament, der Herausgeber.
Er widmet sie am 1. April 1578 den Zwillingen Johannes und Joachim Brandis, Söhnen des Bürgermeisters von Hildesheim Joachim Brandis. Johannes Brandis hatte, nach Studien in Wittenberg, sich im November 1577 in Basel immatrikuliert und am 7. Januar 1578 hier zum Dr. iur. utr. promoviert; Joachim Brandis jr. hat wegen Erkrankung sein Studium in Erfurt aufgegeben, war dann aber zwischen 1592 und 1603 mehrfach ebenfalls Bürgermeister seiner Vaterstadt. Er kenne die Urteile der Kritiker gegenüber der Bibliotheca Diodors, beginnt Grynaeus den Widmungsbrief, doch würden diese von der mythologischen Archäologie auf das ganze Werk schliessen - diese Fortsetzung aber sei allen, ganz besonders Wissenschaftlern und Staatsmännern (die Widmung gilt ja auch zwei Gliedern einer traditionellen Bürgermeisterfamilie) zur Lektüre zu empfehlen. Der Anfang aber sei für Theologen von grossem Interesse, da hieraus - die Meinung des reformierten Theologen - die Überlegenheit des Christentums gegenüber den heidnischen Religionen erkennbar sei, gerade auch in all den Details, die Diodor biete; für Juristen die Partie über Rechtsstiftung und -interpretation, für Mediziner die ägyptische Medizin, ganz allgemein aber die geschichtliche Lehre, deren Theorie Diodors er Petrus Monavius in lateinische Verse zu übersetzen gebeten habe (die er im Anschluss an das griechische Zitat abdrucken lässt). An Beispielen aus Diodor zeigt Grynaeus dann die Bedeutung der Geschichtskunde für die eigene Lebensführung. Sodann kommt er auf den Grund der Widmung dieser neuen Ausgabe der Bibliotheca, die er in seiner Freizeit vorbereitet habe, an Johann Brandis und, wohl auf Hinweise in Gesprächen mit diesem, seinen Bruder Joachim zu sprechen: ihre vornehme Familie und ihre Studien nicht nur für sich, sondern im Bemühung um ihre Zeitgenossen und die Nachwelt, wie schon von ihrem Vater Joachim - Bürgermeister wie sein Vater Henning und später auch der eine Empfänger der Widmung, Chronist der Grossvater und der Enkel - und vor allem ihrem Onkel Tilemann Brandis mit seiner grosszügigen Stiftung des Collegium Saxonicum an der Universität Erfurt. So mögen auch sie mit ihrem eigenen wissenschaftlichen Interesse und ihrer Grosszügigkeit gegenüber Gelehrten und Studenten der Universität Erfurt weiteres Gedeihen und gastliche Aufnahme Fremder in den unruhigen Zeiten ermöglichen. Neben der Erwähnung der Freundschaft, Gastfreundschaft - vermutlich hat Johann Brandis bei Grynaeus gewohnt - und Gelehrsamkeit müsse er aber auch noch, mit besonderer Freude, zum juristischen Doktorat an der Basler Universität gratulieren, Gott dankend, der für den Nachwuchs an guten Verbreitern seines Wortes, an Juristen, die ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit versprechen, und an erfahrenen Ärzten sorge. Ihm und seinem Bruder wünsche er, dass Gott ihm ihre Vorhaben auszuführen ermögliche.
Unsere Ausgabe enthält wieder Zusätzliches zur vorangegangenen von 1559 (GG 246): das Kleinepos Iliou Halosis - De Ilii captivitate, Eroberung Troias - des spätantiken Dichters Tryphiodor (5. Jh. n. Chr.) in knapp 700 Hexametern in metrischer lateinischer Übersetzung des Augsburger Philologen Wilhelm Xylander. Dieses Epyllion war um 1505 zum erstenmal griechisch erschienen im Anhang an die Homerfortsetzung des Quintus Calaber (Smyrnaeus) bei Aldus in Venedig, allein mit lateinischer metrischer Übersetzung 1557 in Paris, eine andere lateinische Übersetzung im Anhang an des Coluthus Raub der Helena 1559 bei Oporin in Basel (GG 314); so erschien hier im dritten lateinischen Druck schon die dritte Übersetzung. Die griechische Aldina mit den drei Gedichten des Quintus, Tryphiodors und des Coluthus hatte neun Jahre vor unserm Diodor-Druck schon Sixtus Henricpetri 1569 (GG 191) nachgedruckt.
Neuerwerbung 1969: Widmungsexemplar des Herausgebers an den Pfarrer Johann Jacob Gugger: Eruditissimo viro, & fideli Christi Ministro, D. Johanni Jacobo Guggero, Jo. Jacob. Grynaeus, dono dedit. Es dürfte sich um den älteren der beiden Pfarrer Gugger handeln (1540-1619; 1577-1580 Pfarrer am Basler Spital. 1580-1619 Archidiakon); dann Coll. alumnorum Basiliensium: R c 37
Bibliothekskatalog IDS
Signatur: Rc 37