GG 414

Ecclesiasticae Historiae Autores . Eusebij Pamphili Caesariae Palaestinae episcopi historiae Ecclesiasticae lib. X Vuolfgango Musculo interprete. Ruffini presbyteri Aquileiensis historiae Ecclesiasticae lib. II. Eusebij Pamphili De vita Constantini lib. V itidem a Musculo latini facti. Socratis Scholastici Constantinopolitani, eodem interprete lib. VII. Theodoriti Episcopi Cyri, Ioachimo Camerario interprete. lib. V. Hermij Sozomeni Salaminij, Musculo interprete lib.IX. Theodori Lectoris collectaneorum ex historia Ecclesiastica lib. II eodem interprete. Euagrij Scholastici, eodem interprete lib. VI. Basel: Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius [August] 1549. Fol.

Im selben Jahr, da zur Fastenmesse die Werke des Eusebius, nach den griechischen Pariser Drucken vermehrt, bei Heinrich Petri ein zweites Mal erschienen sind (GG 420), kommt in der Officina Frobeniana deren seit 1523 traditionelle Sammlung kirchengeschichtlicher Autoren in, bis auf eine Schrift, neuen Ãœbersetzungen ein weiteres Mal heraus. Der neue Ãœbersetzer ist der aus Lothringen stammende, bis 1548 nach der Auflösung des Schmalkaldischen Bundes in Augsburg als Prediger tätige, nach einem Jahr der Irrfahrten zwischen Zürich, Basel und Konstanz nach Bern berufene und dort seit dem 9. Februar als Professor der Theologie wirkende Wolfgang Musculus (1497-1563). Von ihm nicht neu übersetzt worden ist die Kirchengeschichte Theodorets, die gerade erst 1536 (GG 411) von Joachim Camerarius nach ihrem griechischen Erstdruck bei Froben von 1535 (GG 410) neu übersetzt und auch schon der vorangehenden Ausgabe von 1544 so beigegeben worden war. 1535 waren der Sammlung die Kirchengeschichten des Nicephorus Callistus und Victor lateinisch und des Theodoretus griechisch beigefügt worden. In der folgenden Ausgabe von 1539 wurde der griechische Text, der Anklang gefunden hatte, wie die Drucker 1539 feststellen, wohl der Einheitlichkeit - und dem Verständnis der Leser der übrigen lateinischen Ãœbersetzungen - zuliebe durch die 1536 bei Herwagen erschienene Ãœbersetzung des Camerarius mit dessen Beigaben ersetzt. Spätestens in vier bis fünf Jahren war auch dieser neue Druck ausverkauft, denn schon 1544 erschien ein mehr oder weniger seitengleicher Nachdruck, so wie auch der hier vorliegenden völlig neuen Ausgabe schon 1554 ein unveränderter und 1557 ein leicht vermehrter Nachdruck folgten. Wesentlicher als die neue Ãœbersetzung der Kirchengeschichte Eusebs durch Musculus sind die neuen Beigaben des Druckes: die Biographie Kaiser Konstantins von Euseb in der Ãœbersetzung des Musculus, die dieser in seiner Widmung rechtfertigt, vor allem aber der Ersatz der schon zuvor nicht mehr befriedigenden Historia tripartita mit Auszügen aus den Kirchengeschichten des Sokrates von Konstantinopel, des Sozomenos und Theodoret - nach der originalen Beigabe Theodorets schon 1535, 1539 und 1544 - durch neue Ãœbersetzungen der Originalwerke der beiden ersteren, die 1544 in Paris in einer ähnlichen griechischen Sammlung erschienen waren, dann aber auch die Beigaben der Kirchengeschichten des Theodorus Lector (Anagnostes: Lektor an der Hagia Sophia in Konstantinopel im 5./6. Jahrhundert: behandelt 439-527, griechisch nur Fragmente erhalten) und des Antiochener Rechtsanwalts Euagrius Scholasticus (um 536-593/94; 6 Bücher über die Jahre 431-593 als Fortsetzung zu Sokrates, Sozomenos und Theodoret), ebenfalls in Erstübersetzung des Musculus nach dem selben Druck, was zeigt, dass Musculus sich sogleich die neuen Originaldrucke zu eigen gemacht hat.

Musculus hat seine Ãœbersetzung am 11. Juli aus Bern König Edward VI. von England und Frankreich gewidmet - Ende 1548 hatte er die Berufung nach Bern einer solchen durch Erzbischof Thomas Cranmer von Canterbury nach England vorgezogen. Kluge Menschen, beginnt er, seien ihren Vorhaben gegenüber kritisch und fragten erst ihre Freunde nach ihrer Meinung. Seine Widmung beruhe auf dem Ratschlag von Freunden. Und die Sache eigne sich vollkommen, denn Konstantin der Grosse, dessen Leben und Wirken Eusebius vor allem darstelle, habe nach dem Tod seines Vaters Konstantius als erstes Britannien befriedet und sei von dort zur Verbreitung des Christentums aufgebrochen (sein Vater, Kaiser Constantius, ist 306 in Eboracum - York - gestorben, worauf er dort die Caesarwürde, 307 dann die des Augustus angenommen hat). Sie hätten gefunden, der erste wahrhaft christliche Herrscher müsse nach Britannien zurückkehren, dem König ein Beispiel für seine irdische Staatsführung und die der Kirche. Er finde hierin einen mehr Christus als der Welt ergebenen Geist. Bevor er der christlichen Religion ihren Namen gegeben habe, habe Konstantin vor allem bedacht, dass er die Führung des Reiches nicht allein durch menschliche Planung und Kraft ohne göttliche Hilfe mit Erfolg auf sich nehmen könne. Sogleich nach der Unterrichtung (catechumenus factus) habe er eifrig die Bibel gelesen, nach der Regel, dass Könige das himmlische Gesetzbuch zur täglichen Lektüre und Gottesfurcht stets auf sich tragen sollten. In diesem Eifer habe er Euseb den Auftrag gegeben, für Niederschrift und Zusammenstellung der heiligen Bücher zu sorgen. Im Anschluss an ein griechisches Zitat aus Chrysostomus über die Bedeutung von Büchern für die menschliche Seele weist Musculus dann darauf hin, wie viel wichtiger das noch für einen gegenwärtigen christlichen Herrscher sei als für Konstantin. Dieser aber habe mehr durch Gebete als durch Kriegstaten zu erreichen gesucht und seine Krieger Gebetsformeln und dadurch mehr auf die göttliche Vorsehung als ihre eigene Kraft vertrauen gelehrt, zudem die zerstrittenen Bischöfe zur Befriedung und Erforschung der Wahrheit zu Synoden versammelt, besonders zu der von Nikäa, wie es Eusebius in seiner Biographie darstelle (worauf die fast zehnzeilige Stelle griechisch zitiert wird; das Konzil von Nikäa von 325 richtete sich vor allem gegen die an Vorstellungen des Origenes anknüpfende Lehre des Areios von der Homoiusie - Wesensähnlichkeit - Christi mit Gott). Er habe auch nicht nur für seine Untertanen gesorgt, sondern sich auch für die verfolgten Christen in Persien eingesetzt. Er habe sich um die Ausbreitung des Christentums bemüht, jedoch niemand mit Gewalt dazu gezwungen, sondern die Kulte der falschen Götter durch Edikte aufgehoben, sie durch Schriften widerlegt. Er habe mit Zurückhaltung und Gerechtigkeit geherrscht, was ihm die Liebe der Menschen eingetragen habe, im Wissen, dass nur solche Achtung zuverlässig sei. Die Fortschritte des Christentums seien von ihm zuerst Britannien dargeboten worden. Sein - König Edward's - Alter sei noch zart, durch Beispiele prägsam (1537-1553, König seit 1547, doch unter Regentschaft seines Oheims Edmund Seymour-Somerset, der die Reformation gesetzlich durchgeführt hat). Konstantin habe mit achtzehn Jahren die Herrschaft angetreten und sich David zum Vorbild genommen. Nach dessen Beispiel habe er seinen Herrn nicht vergeblich zu suchen begonnen. So habe er nach dem Gesetz der heiligen Schrift über dreissig Jahre in Frieden regiert. Diese königlichen Beispiele habe er ihm, Edward, zur Nachahmung vorlegen wollen; nicht dass er einer solchen Ermahnung bedürfe, sondern um ihm seine Ergebenheit zu zeigen. Brutus habe zwar vergeblich die alte Staatsform zurückrufen wollen, doch dürften seine frommen und gelehrten Staatsmänner nicht nur, was leicht zu bewerkstelligen, sich vornehmen; das Bekenntnis des christlichen Namens bedürfe ständiger Anstrengung. Was seine Ãœbersetzung betreffe, so solle man nicht meinen, dass er leichtfertig die zehn Bücher der Kirchengeschichte Eusebs, die schon längst lateinisch wiedergegeben seien, nach dieser gebräuchlichen Ãœbersetzung nochmals übersetzt habe. Er wäre kaum so unvernünftig gewesen, eine solche Arbeit auf sich zu nehmen, wenn er nicht bemerkt hätte, dass die alte Ãœbersetzung an überaus zahlreichen Stellen vom griechischen Druck (exemplari), der 1544 in Paris erschienen sei, abweiche. Er habe daher gewünscht, diese Geschichten nach seinem Können lateinischen Ohren getreu der griechischen Vorlage um einiges richtiger als die alte Ausgabe vorzulegen. Das dürften einige Griesgrame nicht richtig finden; aber für diese habe er nicht übersetzt. Hinter diesen zehn Büchern habe der griechische Druck weitere fünf von Eusebius über das Leben Konstantins des Grossen. Denn da er seine Geschichte der Geburt der christlichen Kirche bis zum Tode des Kaisers geführt habe, habe er es für lohnend gehalten, das Wirken dieses hervorragenden Herrschers, unter dem das christliche Bekenntnis von der Unterdrückung durch grausame Tyrannen befreit worden sei, da es ihm besonders bekannt gewesen sei, schriftlich festzuhalten, als Vorbild zur Nachahmung für die christlichen Herrscher. Diesen fünfzehn Büchern folgten sieben von Sokrates, fünf von Theodoret und neun von Sozomenos, aus denen die herkömmliche sogenannte Historia Tripartita ausgezogen worden sei. Da sei es kaum nötig, darauf hinzuweisen, wieviel besser es sei, diese Autoren selber vollständig zu lesen, als in der oberflächlichen Auswahl umherzuirren. Begonnen hätten diese ihre Geschichten mit dem Zeitpunkt des Abschlusses Eusebs, das heisst mit dem Ende der Herrschaft Konstantins (gest. 337), und geendet in der Zeit Theodosius des Jüngeren (401-450, Kaiser 408-450), also etwa hundert Jahre erfasst. Diesen sei Theodorus lector (Anagnostes) gefolgt, der in zwei Büchern zusammenfassend das Wichtigste von Theodosius dem Jüngern bis zu Anastasius (I: 491-518) behandelt habe, schliesslich Euagrius Scholasticus, der für die Zeit von Theodosius dem Jüngern bis zum zwölften Regierungsjahr des Kaisers Mauritius (Maurikios: 582-602) nicht nur die Kirchengeschichte, sondern auch die weltliche Geschichte behandelt habe. So biete er in diesen 44 Büchern die gesamte Geschichte von Christus bis Mauritius lateinisch dar und widme dies seiner Hoheit, wobei die fünf Bücher Theodorets vom hochgelehrten Joachim Camerarius übersetzt seien, dessen Ãœbersetzung er keineswegs habe verschmähen wollen. In der seinigen habe er nichts weggelassen, nichts hinzugefügt, nichts geändert, sondern alles getreu übersetzt, wie er es gefunden habe, obwohl da nach seinem Urteil einiges kaum richtig sei, besonders da einiges im späteren Teil des Werkes deutlich zu der Aufrichtigkeit (synceritas) der früheren Geschichten in Widerspruch stehe. Doch er sei hier nicht Richter, sondern Ãœbersetzer, und da habe er es nur als seine Aufgabe angesehen, die griechischen Historiker lateinisch sprechen oder wenigstens stottern zu lehren. Er möge also diese Geschichten der christlichen Kirche freundlich aufnehmen, in denen ihre Anfänge, Fortschritte, Versuchungen, Niedergeschlagenheiten und Verfolgungen und schliesslich ihre Stärkung und Befreiung mitten aus der Not durch die Vorsehung des Heilands geschildert seien, denen er wenigstens das entnehmen möge, dass er in den gegenwärtigen Bedrängnissen der Kirche Christi besser zu urteilen vermöge als jene, die ohne Kenntnis der Vergangenheit allein nach ihrer Gewohnheit und allgemeinen Meinungen die christliche Religion beurteilten, wie wenn sie mit dem weltlichen Geschehen nach dem Geschmack der Mehrheit zu führen wäre und man hier nicht nach dem Besten suchen müsste, nicht nach dem Gebräuchlichsten. Er bitte Gott um Frieden mit Frömmigkeit für sein England und die ganze Welt, für ihn und seine junge Regierung um Wachstum und Dauer, treue Diener und ein frommes Volk.

Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis: F K V 6 (Ausgabe 1539: Rc 111; 1544: Aleph F II 22; 1554: FNP I 27; 1557: F K V 7; 1562: F K V 8).

Nochmals erweitert ist das Werk von 1557 an: um den Erstdruck der Synopsis Apostolorum ac Prophetarum vitas complectens, die, wohl erst aus der Zeit des Kampfes des Patriarchen Photios gegen den römischen Primat, d.h. aus dem neunten Jahrhundert stammend, unter dem Namen eines Dorotheos, Bischofs von Tyros, aus dem 5./6. Jahrhundert überliefert ist, in der Ãœbersetzung des Musculus. Der Traktat behandelt die siebzig Jünger Jesu; sein Hauptziel ist es, die Begründung des Bischofssitzes von Byzanz ebenfalls durch einen Apostel nachzuweisen, durch Andreas, der den ersten Bischof, Stachys, geweiht habe.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Aleph F II 22 | FK V 6 | FK V 7 | FK V 8 | FNP I 27 | Rc 111

Illustrationen

Buchseite

Titelseite

Buchseite

Vorrede des Herausgebers Wolfgang Musculus an König Edward VI. von England und Frankreich, datiert von Bern, den 11. Juli 1549, 1. Seite

Buchseite

Vorrede, 2. Seite

Buchseite

Vorrede, 3. Seite

Buchseite

Vorrede, 4. Seite

Buchseite

Vorrede, 5. Seite

Buchseite

Vorrede, 6. Seite

Buchseite

Letzte Seite des Index mit Kolophon

Buchseite

Druckermarke von Froben