Die Bibliothek der Zukunft
Der Soziologe Gereon Uerz führte an der UB einen Workshop und Themenabend über die Rolle der Bibliotheken im digitalen Zeitalter durch. Ein Auszug seiner Überlegungen zeigt: Es gibt (weiterhin) viel zu tun.
Veränderungen früh erkennen
Möglichst alles zu möglichst jedem Zeitpunkt überall verfügbar zu haben und es auch bestmöglich auf die eigenen Präferenzen zugeschnitten zu bekommen, das ist heute der Standard. Diesem Standard muss heute nahezu alles folgen, wenn es erfolgreich sein soll. Gleichzeitig sehen wir neben der weiteren Globalisierung der Wissensproduktion und Forschung eine dramatische Alterung der Bevölkerung. Angesichts des Erfahrungsschatzes und des Trends zum lebenslangen Lernen entsteht hier auch für Bibliotheken ein relevantes Aufgabenfeld.
Offen und zugänglich für alle sein
Zukunftsthemen sind Zugänglichkeit, Diversität und Inklusion auf der einen und Nachhaltigkeit auf der anderen Seite. Angesichts der demografischen Veränderungen auch der schweizerischen Gesellschaft, neben der Alterung insbesondere durch Migration, sowie der Tendenzen zur Polarisierung – politisch wie ökonomisch – ist die Frage der Zugänglichkeit von Informationen und Infrastrukturen und einer angemessenen Repräsentation von Unterschiedlichkeit und Vielfalt wesentlich für alle Bildungseinrichtungen inklusive Bibliotheken.
Passgenaue Information bereitstellen
Datenanalytik und künstliche Intelligenz können in der Forschung dabei unterstützen, Muster, Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Regeln innerhalb grosser Mengen an Daten zu finden. Dies wiederum ist häufig der Schlüssel zum forscherischen Erfolg. Bibliotheken als avancierte Informationsdienstleisterinnen werden damit noch stärker zum Erfolgsfaktor wissenschaftlicher Forschung, wenn sie den Forscher*innen schnell und passgenau Informationen bereitstellen, deren Gewinnung ansonsten unmöglich gewesen wäre oder deutlich mehr Zeit gefordert hätte.
Ökologische Nachhaltigkeit fördern
Angesichts des Klimawandels und des dramatischen Verlustes an Biodiversität spielt die ökologische Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Sowohl der CO2-Ausstoss, der aus dem digitalen Fussabdruck von Hochschulen und Bibliotheken resultiert, hauptsächlich aus den Rechenzentren, als auch die CO2-Emissionen, die bei Errichtung und Unterhalt von Gebäuden anfallen, müssen reduziert werden.
Impulse für Universität und Gesellschaft geben
Die Bibliothek der Zukunft zeichnet sich dadurch aus, dass sie inspiriert und Horizonte öffnet, geschützte Räume für Vertiefung, Lernen und Explorieren bereitstellt, dass sie Nutzer*innen – im humanistischen Sinn – aufklärt und befähigt, dass sie die Möglichkeit zu vielfältiger Beteiligung eröffnet und Impulse zur Erneuerung über das direkte akademische Milieu hinaus in die Gesellschaft gibt.
Dr. Gereon Uerz ist Experte für Foresight und Innovationsmanagement. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter am Institut für Soziologie der Universität Freiburg, Consultant bei Z_punkt The Foresight Company, Projektleiter in der Konzernforschung der Volkswagen AG in Wolfsburg und verantwortete für das Planungsbüro Arup den Bereich Foresight in Europa. Seit 2021 leitet er beim Start-up GROPYUS den Bereich «Nachhaltigkeit».