Lieblingsstücke - Schätze aus unserer Bibliothek
Im Rahmen einer Ausstellung zeigte die UB 2022 die «Lieblingsstücke» ihrer Mitarbeiter*innen. Diese haben alle einen besonderen Bezug zum Exponat ihrer Wahl und legten dar, wie sie es entdeckt haben, was sie daran fasziniert und warum es aus den umfangreichen Beständen der Bibliothek heraussticht. Damit wurden für die Besucher*innen verschiedene Facetten der Bibliothek, ihr Team und dessen Aufgaben sicht- und erlebbar. Hier präsentieren wir eine Auswahl an Bildern und leicht gekürzten Texten.
Drei junge Japaner kamen 1973 in die Schweiz, um den Spuren der Kinderbuchheldin von Johanna Spyri (1827–1901) zu folgen. Sie wollten die Berge erleben und genau wie Heidi den Hang hinaufsteigen und Bergluft schnuppern. Inspirieren liessen sie sich unter anderem auch von den Illustrationen Martha Pfannenschmids (1900 –1999). Es wurde viel fotografiert, skizziert, gezeichnet. Die Heidi-Trickfilmserie, die eine idealisierte Bergwelt zeichnet, wurde ein Welterfolg und prägte eine ganze Generation von Kindern und Erwachsenen.
Portables Heiligtum
Ich finde die elegante und runde Form des am Ende des 15. Jahrhunderts entstandenen «Codex rotundus» sehr speziell. Nicht nur die Initialen der Metallschliesse, sondern auch die ganzseitigen Miniaturen führen uns die Buchkunst des Mittelalters vor Augen. Aufgrund des handlichen Kleinformats konnte man das Stundenbuch mit integriertem Kalender überall leicht mitnehmen, um Trost zu finden und zu beten. So konnten seine Benutzer*innen passend zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Gebet sprechen. Ich denke, dass alle Menschen irgendwann in ihrem Leben in eine Situation kommen, wo sie ein Gebet sprechen.
Offen für alle
Meine Bildungs- und Berufsbiografie ist stark vom Ideal geprägt, dass Wissen den Weg für gesellschaftliche Partizipation ebnet. Daher habe ich für die Ausstellung das Buch «Open Access» von Peter Suber (geb. 1951) ausgewählt. Denn Bibliotheken sind Orte des Wissens. Ihre Möglichkeiten, Bücher und Zeitschriften zugänglich zu machen, hängen aber stark von den Entwicklungen des Publikationsmarktes ab. Auf die extremen Teuerungen und Zugangshürden bei elektronischen Publikationen seit den 1990er-Jahren reagiert die Open-Access-Bewegung. Ihr Grundgedanke ist der unbeschränkte und kostenlose Zugang zu wissenschaftlicher Information für alle Menschen an jedem Ort.
Als Buchrestauratorin habe ich zu den Beständen der Bibliothek eher einen materiellen als inhaltlichen Zugang. Im Rahmen unseres Konservierungsprojekts haben wir alle Inkunabeln, darunter auch diesen Band, trockengereinigt. Hierbei blätterten wir die Bücher einmal von vorne bis hinten durch und reinigten alle Blattkanten. Dabei bin ich auf die wunderschön kolorierte und unglaublich gut erhaltene Volvelle in diesem Buch gestossen, eine Papierkonstruktion, die als astronomisches Messgerät diente. Mich begeistern Pop-up-Bücher und eine Zeit lang habe ich auch selbst Pop-ups gebaut. Das Buch hat für mich deshalb noch einmal eine weitere Dimension: mit seinen beweglichen, mehrschichtigen Elementen ist dieser Band Vorläufer und Wegbereiter unserer heutigen Pop-up-Bücher – quasi ein historisches Pop-up-Buch!
Als nicht Fussball spielender Archivar und Historiker fand ich diesen Pokal von Anfang an faszinierend. Sammlungsgegenstände sind in Bibliotheken und Archiven seltene Exoten. Dabei ist offensichtlich: Wenn der FC Aluminium Lausanne und der SPV Metallwerke Dornach unter dem Motto «Challenge de Fair-Play» gegeneinander spielten, ist das ein Sinnbild des «organisierten Kapitalismus» schweizerischer Prägung. Der Fussballclub von Alusuisse entstand 1948 aus dem früheren Handballclub, seine Spieler rekrutierten sich aus den Angestellten des Hauptsitzes in Lausanne.
Dekorative Tierakrobatik
Wir haben an der UB kostbare, von talentierten Buchmaler*innen kunstfertig mit Gold- und Edelsteinfarben verzierte Handschriften. Wir haben auch einfache, schmucklose Bände, die mehr mit ihrem Inhalt als mit ihrem Aussehen brillieren. Und dann haben wir diesen Spezialfall von Henricus Karst de Bacherach (gest. 1494). Er war wahrscheinlich kein gewerbsmässiger Schreiber und mit Sicherheit kein professioneller Buchmaler. Aber seine oft etwas unförmigen, ungelenken Illustrationen sind so fantasievoll, herzig und charmant, dass jede noch so prunkvolle Prachthandschrift in meinen Augen daneben einpacken kann.